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Die Bedeutung der Immobilienblase wird noch immer dramatisch unterschätzt

21.05.2008  |  Claus Vogt
- Seite 4 -
Fallende Immobilienpreise und eine Rezession werden die Banken weiterhin erheblich belasten

Die Immobilienbaisse hat bereits sehr ernsthafte Spuren in den Bankbilanzen hinterlassen. Hunderte von Milliarden Dollar mussten abgeschrieben werden und zahlreiche Großbanken sahen sich gezwungen, neue Eigenkapitalgeber zu akquirieren. Die nahezu sichere Fortsetzung der Immobilienbaisse wird für weitere Abschreibungen in der jetzt schon gewohnten Milliardenhöhe sorgen. Bisher haben die Banken nur die Quittung für ihre extrem spekulativen Kreditvergabeexzesse erhalten, denn die ganz normale zyklische Abwärtsbewegung hat noch gar nicht begonnen. Genau genommen wurden bisher fast ausschließlich Hypothekenkredite abgeschrieben, von denen von Anfang an klar war - jedenfalls unter Verwendung des leider in der Finanzbranche nur spärlich vorhandenen gesunden Menschenverstandes - dass sie niemals hätten vergeben werden dürfen. Und selbst in diesem Bereich ist noch längst nicht alles bereinigt.

Zahlreiche Kredite hatten zu Beginn der Laufzeit einen sehr niedrigen Zins und die Vereinbarung, ihn nach zwei Jahren auf ein normales Niveau anzuheben. Bis dahin sollte der Preis der Immobilie soweit gestiegen sein, dass eine Umschuldung - oder ein Gewinn bringender Verkauf der Immobilie - problemlos möglich sein sollte, so die hinter diesem hoch spekulativen Kredit-Produkt stehende Überlegung. Und die hier beispielhaft geschilderte immer laxer werdenden Kreditvergabestandards der vergangenen Jahre erreichten ihren extremen Tiefpunkt erst Anfang 2005 - und eine Trendwende erfolgte erst mit dem Ausbruch der Krise im Sommer vergangenen Jahres.

Für die hier geschilderte Kredit-Variante traten massenhafte Probleme in dem Moment auf, als die Zinsen nach zwei Jahren vertragsgemäß nach oben angepasst wurden, Verkäufe oder Umschuldungen aufgrund nicht mehr gestiegener Immobilienpreise aber nicht mehr möglich waren. Das war Anfang 2007 der Fall und wird sich bis Mitte 2009 fortsetzen.


Zwangsversteigerungen steigen auf Rekordniveau

Schon jetzt sind die Zwangsversteigerungen in den USA auf ein Rekordniveau gestiegen. Dabei vergehen in Amerika durchschnittlich 15 Monate vom Zeitpunkt einer notleidend werdenden Hypothek bis zum Vollzug der Zwangsversteigerung. Die jetzt stattfindenden Zwangsversteigerungen betreffen also Kreditnehmer des ersten Halbjahres 2005.

Wie Sie sehen, ist diese Pipeline noch prall gefüllt. Das per Zwangsversteigerungen auf den Markt drängende Angebot wird für weiter fallende Immobilienpreise und eine vermutlich dramatische Zuspitzung der Immobilienbaisse bis Mitte 2009 sorgen.

Der marktwirtschaftlichen Prinzipien so abholde Notenbankchef Bernanke scheint diese Befürchtungen ebenso zu teilen wie meine Prognose, dass seine unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen die Folgen einer platzenden Spekulationsblase nicht verhindern können. Nur so lässt sich sein kürzlich durch die Presse gegangener rundum sozialistischer Appell deuten, die Regierung müsse Maßnahmen ergreifen, um eine Flut drohender Zwangsversteigerungen zu vermeiden.


Helikopter Ben oder Mr. Moral Hazard

Mit dieser Forderung nach staatlichen Markteingriffen, um die Folgen früherer staatlicher Markteingriffe - nämlich einer Immobilienblase infolge einer falschen Geldpolitik - zu lindern, outet sich Bernanke endgültig als Feind der Marktwirtschaft. Schon mit seiner mehr als fragwürdigen Rettungsaktion von Bear Stearns hat er eindeutig Grenzen überschritten und einen ordnungspolitisch extrem bedenklichen Weg eingeschlagen. Denn wem darf der Staat in Zukunft seine Hilfe noch verweigern, wenn er sie einer extrem hoch gehebelten Investmentbank gewährt, die absurde Risiken eingegangen ist?

Jetzt soll dieser staatliche Anreiz zu hoch spekulativen Verhalten - wenn es nach Bernanke geht - also von der Wall Street auf die Main Street ausgedehnt werden. Was für die Großspekulanten der Wall Street gilt, soll jetzt auch für den kleinen Immobilienspekulanten Recht sein. Solange die Spekulation Gewinne einbringt, nennt der Spekulant sie sein eigen. Kommt es hingegen zu Verlusten, wird die Allgemeinheit zur Kasse gebeten.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt: ich bin ein großer Freund der Spekulation. Spekulanten kommt eine sehr wichtige Rolle innerhalb einer Marktwirtschaft zu. Aber diese Aussage gilt natürlich nur dann, wenn Spekulanten sowohl ihre Gewinne genießen als auch Verluste tragen. Der von Bernanke vertretene Weg führt zur schleichenden Abschaffung der Marktwirtschaft. Es ist der Weg zur Knechtschaft, der von staatlicher Willkür gekennzeichnet ist, der Weg in den zum Scheitern verurteilten Sozialismus.


Eine Ausweitung der Abschwächung auf den Rest der Welt zeichnet sich ab

Im Februar wiesen die Analysten des quantitativen Research von Merrill Lynch darauf hin, dass der von ihnen entwickelte Indikator zur Prognose der globalen Unternehmensgewinne negativ geworden sei. Damit habe die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen weltweiten Rückgangs der Unternehmensgewinne signifikant zugenommen.

Zwei Monate später berichteten die Analysten, dass mittlerweile kein einziger der insgesamt sieben Komponenten dieses Indikators mehr positiv sei. Damit bekräftige er die Aussichten auf eine weltweite wirtschaftliche Abschwächung.

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Shanghai Composite Index, 2006 bis 2008
Der chinesische Aktienindex hat sich in den vergangenen Monaten halbiert. Vielleicht weisen uns die Aktienmärkte damit ja auf die Selbstverständlichkeit hin, dass auch chinesische Wirtschaftslenker den Wirtschaftszyklus nicht abschaffen können.
Quelle: Bloomberg


Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch die ausgeprägte Börsenschwäche Asiens. Schließlich basiert die Hoffnung der Wirtschaftsoptimisten entweder auf der euphemistisch „geldpolitische Ankurbelungsmaßnahmen“ genannten Inflationierung, oder auf der ökonomischen Dynamik Asiens. Letztere wird als Gegengewicht zur Abschwächung in den USA angesehen, das die Weltwirtschaft insgesamt vor einem Abschwung bewahren werde.

Meine Zweifel an dieser These habe ich bereits geäußert: Noch sind die Volkswirtschaften Chinas und Indiens zu klein, um dem Koloss Amerika Paroli bieten zu können. In den scharfen Kursrückgängen aller asiatischen Börsen sehe ich eine Bestätigung dieser Einschätzung. Denn bekanntlich ist auch die Börse ein durchaus ernst zu nehmender Frühindikator.




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