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Yo-Yo am Ölmarkt

11.06.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis bleibt extrem volatil, was aus unserer Sicht auf den Einfluß kurzfristiger spekulativer Kräfte zurückzuführen ist. Nach einer Tagesveränderung von 11 Dollar am vergangenen Freitag scheint der Markt für starke Kursausschläge anfälliger zu sein: gestern konnte der Ölpreis zunächst um 3 Dollar auf 138 Dollar zulegen, bevor er dann auf 132 Dollar je Barrel wieder zurückfiel. Nicht nur die Aussicht auf eine Sondersitzung der OPEC am 22. Juni in Saudi Arabien, sondern vor allem der infolge von Bernankes Äußerungen stärkere Dollar brachte den Ölpreis unter Druck.

Mit der Sondersitzung hat Saudi-Arabien dem Druck des Westens nicht zuletzt deshalb nachgegeben, weil die Risiken für eine Konjunkturabkühlung weltweit immer größer werden. Dennoch werden andere Kartellmitglieder wie Quatar und Libyen nicht müde zu betonen, dass die OPEC wenig ausrichten könne, da der Markt physisch gut versorgt sei. Deshalb bleibt es unsicher, ob sich das Kartell tatsächlich zu einer Förderausweitung entschließen wird. Die OPEC-Mitglieder sollten eigentlich ein Interesse an nachhaltig hohen Preisen und nicht an einer kurzfristigen Zuspitzung gefolgt von einem langfristigen Abwärtstrend haben. Dennoch agieren einige OPEC-Staaten eigennützig und kurzsichtig.

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Derweil reißen aber auch die Nachrichten nicht ab, die den Ölpreis unterstützen. China meldet für Mai um 25% höhere Rohölimporte als im Vorjahr. Dies ist zwar teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen, weil die Raffinerien vor allem wegen des Erdbebens nun mehr Diesel produzieren mussten, um die Stromausfälle zu bekämpfen. Dennoch ist auch der zugrundeliegende Importsog hoch: immerhin lagen die Importe in den ersten fünf Monaten gut 13% über dem Vorjahresniveau. Darüber hinaus meldet Sinopec, Chinas größtes Raffinerieunternehmnen, dass man die geplannten Treibstoffimporte für Juni bereits auf 1 Mio. Tonnen verdoppelt habe. Auch BP Australien meldet nach dem Ausfall von Apaches Gasterminal in Westaustralien einen erhöhten Bedarf an Dieselimporten.

Heute Nachmittag legen die Energieagenturen API und DOE die Berichte für die US-Öllagerbestände zum 6.Juni offen. Der Konsens rechnet mit einem Rückgang der Vorräte für Rohöl um 1,5 Mio. Barrel, einem Anstieg bei Benzin um 1,45 Mio. Barrel und bei Destillaten um 2 Mio. Barrel. Der gestern veröffentlichte "Short-Term Outlook" hatte den gleichen Tenor wie der Monatsbericht der IEA. Die Nachfrage in den OECD Ländern war im ersten Quartal deutlich niedriger als zunächst angenommen, aber die Schwäche wurde durch die bis zuletzt hohe Dynamik in den asiatischen Schwellenländern kompensiert. Enttäuschend war aber vor allem die schwache Ausweitung des Angebots außerhalb der OPEC. Die EIA beziffert den Effekt einer stärkeren Hurrikan-Saison wie sie vom NOAA prognostiziert wird, mit Ausfällen in Höhe von insgesamt 11,3 Mio Barrel.


Edelmetalle

Im Sog des stärkeren Dollar und des schwächeren Ölpreises sind auch die Edelmetallpreise unter Druck geraten. Der Vorsitzende des GFMS bleibt derzeit dennoch sehr optimistisch und schließt auch Preissteigerungen für Gold über 1.100 Dollar je Feinunze hinaus für dieses Jahr nicht aus. Vor allem die Investmentnachfrage sei nach wie vor sehr robust. Händler berichten zudem, dass sich die physische Nachfrage wieder belebt habe. Unterstützung gibt auch die jüngste Einschätzung der südafrikanischen Kammer für Minenunternehmen, dass der eben im Südafrika erst begonnnene Winter noch die Gefahr weitere Energieausfälle berge. Darüber hinaus seien die Investitonspläne von Eskom nicht ausreichend, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrge unmittelbar zu schließen.


Industriemetalle

Das Bild bei den Industriemetallen war gemischt. Nickel konnte sich nach den starken Verlusten der letzten Wochen gut behaupten. Minara prognostiziert für dieses Jahr eine Nickelproduktion von 30-35 statt zuvor 36-38 Tsd. Tonnen. Auch die zuletzt wieder zunehmenden Edelstahlexporte Chinas dürften Nickel Unterstützung verleihen, zumal die Produktion von Nickel-Gußeisen in China aufgrund sehr hoher Kosten und niedrigerer Lateriten-Importe aus den Philippinen zuletzt nicht mehr gestiegen ist.

Alcoa und Alumina, die gemeinsam zwei Bauxit-Minen und drei Tonerde-Raffinerien in Australien betreiben, mussten aufgrund der voraussichtlichen Gasknappheit ihre Produktionsziele signifikant nach unten schrauben, nachdem die Explosion auf der Gasanlage von Apache die Gaslieferungen in Westaustralien um 30% reduziert hat. Die Wiederaufnahme der Gasproduktion dürfte einige Monate in Anspruch nehmen.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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