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Aktueller Marktkommentar von Tiberius Asset Management

15.10.2008  |  Redaktion
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Aktienmärkte

Sehr viele Investoren suchen derzeit nach absoluter Sicherheit. Nicht einmal Cash ist mehr King, nachdem auch die Kontoeinlagen bei Banken nicht in jedem Fall mehr gesichert sind, da sie in die Konkursmasse des jeweiligen Geldinstituts fallen. Dementsprechend hat eine Flucht in sichere Wertpapiere, i.e. kurzlaufende Staatsanleihen, eingesetzt, die als Depotsondervermögen im Konkursfall von der Insolvenzmassse eines Geldinstituts abgegrenzt werden. Aufgrund des Runs auf Staatsanleihen sind deren Kurse so stark gestiegen, dass ihre Rendite mittlerweile deutlich unter dem Leitzinssatz der Zentralbanken liegt.

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Die internationalen Aktienmärkte sind in diesem Umfeld ein "Crying Buy". Sie bieten hinsichtlich der systemischen Bankenrisiken dieselbe Sicherheit wie Anleihen, da sie im Konkursfalle der Bank als Sondervermögen segregiert werden. Hinsichtlich der absoluten Kursentwicklung sind die Risiken aber überschaubar. Zwar werden die Ergebnisschätzungen weiter korrigiert werden müssen, da die konjunkturelle Abwärtsdynamik darin noch nicht in vollem Umfang enthalten ist. Setzt man den konjunkturellen Tiefpunkt jedoch auf das zweite Quartal 2009 an und gesteht man Aktien einen Vorlauf von sechs Monaten zur Konjunkturentwicklung zu, so dürfte das zyklische Tief an den internationalen Aktienmärkten noch im vierten Quartal 2008 erreicht werden. Ob es sich dann um ein zyklisches Zwischentief handelt, wie im September 2001 als die konjunkturelle Erholung von einer "Trotzreaktion" der Amerikaner auf die Anschläge am 11. September getrieben war, ist für uns noch offen.

Dafür spricht, dass zumindest in den USA ein konjunktureller Aufschwung trotz der expansiven Fiskal- und Geldpolitik eher kurzlebig sein dürfte, da die Probleme bei den privaten Finanzen zu tief liegen, als dass sie sich noch einmal durch eine neue Blase an den Vermögensmärkten lösen ließen. Viele Marktteilnehmer dürften nach der geplatzten TMT-Blase und den geplatzten Immobilienblasen auch in wesentlich geringerem Maße der Geldillusion unterliegen als noch vor zehn Jahren. Die Wirksamkeit der Geldpolitik ist dadurch wesentlich eingeschränkt. Dafür, dass die Aktienmärkte in diesen Tagen nicht nur ein zyklisches Zwischentief sondern ähnlich wie im Frühjahr 2003 einen langfristigen Boden ausbilden spricht, dass die Aktienbaisse vom Sommer 2002 bis zum Frühjahr 2003 im wesentlichen durch zwei Faktoren - den Veräußerungszwang institutioneller Marktteilnehmer (Versicherungen) und die Angst vor den Folgen des sich abzeichnenden Kriegs im Irak - angetrieben wurde, die heute nicht mehr vorliegen.

Für Deutschland gibt es jedoch ein Indiz, dass das Jahr 2008 eher das Jahr 2001 als das Jahr 2002 widerspiegelt. Spätestens im Herbst 2009 wird wieder eine neue Regierung gewählt. Angesichts der Situation in Hessen und der populistischen Äußerungen vieler Politiker zur Finanzmarktkrise zeichnet sich ein Frontenwahlkampf ab. Uns ist noch gut in Erinnerung wie nach dem hauchdünnen Sieg der Rot-Grünen Koalition im Herbst 2002 Deutschland in eine extrem negative Stimmung verfiel, da von beiden Regierungsparteien praktisch im Wochenrythmus neue Steuererhöhungen vorgeschlagen wurden, die das Bild eines steuerpolitischen Flickenteppichs zeichneten. Ein Teil der außerordentlichen Verluste deutscher Aktien in dieser Zeit war aus unserer Sicht wahlbedingt. Ähnliches könnte sich im Herbst 2009 wiederholen.

Hinsichtlich der Bewertung gegenüber festverzinslichen Anlagen sind Aktien bereits so attraktiv wie im Frühjahr 2003. Allein die Dividendenrendite von Aktiengesellschaften mit etablierten Produktmarken und stabilem Cash Flow beträgt heute in nicht wenigen Fällen zweimal die Rendite zehnjähriger festverzinslicher Staatsanleihen. Dabei ist das langfristige Wachstum der Aktiengewinne noch gar nicht berücksichtigt. Es ist ein gravierendes Marktversagen, dass viele Marktteilnehmer in eine derartig große Panik verfallen sind, dass Aktien verkauft und dagegen kurzlaufende Staatsanleihen zu unattraktiven Konditionen erworben werden und der Fiskus die zugeflossenen Mittel wiederum als Eigenkapital oder Ausfallbürgschaften den privaten Banken zur Verfügung stellt. Dieses Paradoxon wird sich in den nächsten Wochen auflösen, wenn angesichts der Umsetzung der bereits beschlossenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen Vertrauen zurückkehrt.

Ein klassischer Wendepunkt an den Aktienmärkten ist dann gegeben, wenn diejenigen Finanzinstitute, die heute dringend Eigenkapital benötigen, ihre Kapitalerhöhungen am Markt platzieren. Uns ist noch in lebhafter Erinnerung wie sich der Dax-Wert Allianz im Frühjahr 2003 nach einem Kursverfall von mehr als 80% praktisch am Tiefpunkt gezwungen sah, neues Kapital aufzunehmen. Sollten sich die privaten Banken in diesen Tagen entschließen, ähnliche Schritte vorzunehmen, so ist aus unserer Sicht ein langfristiges Markttief markiert.





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