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Währungspolitische Kapitulation

19.09.2011  |  Prof. Dr. Max Otte
"Deutschland hat währungspolitisch kapituliert" schrieb ich, als der damalige Bundesbankpräsident Axel Weber zurücktrat. Die Europäische Zentralbank hatte eifrig Anleihen aufgekauft - was sie immer noch macht - und damit eine der Grundsätze der Deutschen Bundesbank verletzt.

Nun ist auch Jürgen Stark, der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, zurückgetreten. Deutschland ist nicht mehr angemessen repräsentiert - weder bei EZB, noch beim Internationalen Währungsfonds, noch in der EU-Kommission. Lediglich den Chef des Europäischen Stabilitätsmechanismus stellt Deutschland. Geld bereitstellen dürfen wir.

Schon wird über "Eurobonds" diskutiert. Damit würden endgültig alle für alle bürgen, ohne dass die politischen Strukturen der EU und die Ausgabenkontrolle in irgendeiner Form angemessen sind. Dann wäre das "System der organisierten Verantwortungslosigkeit" perfekt.

Eurobonds könnten tatsächlich Effizienzgewinne bringen: wenn die ganze EU für solche Bonds bürgen würde, entstünde ein Instrument, das auf den Weltmärkten ggf. stark nachgefragt würde. Aber im jetzigen Zeitpunkt wäre die Einführung von Eurobonds, als ob man Raketentreibstoff in ein Auto mit wackeliger Lenkung, defekter Bremse und drei Rädern füllen würde. Man könnte das Gefährt noch einmal beschleunigen - und führe dann mit Sicherheit vor die nächste Wand.

Immerhin hat der neue Bundesbankpräsident Jens Weidmann eine kleine Emanzipation von seiner politischen Ziehmutter Angela Merkel gewagt: in einer Rede zur Stabilisierung des Euro sagte er, dass man nun entweder das System der eigenstaatlichen Verantwortlichkeit wieder stärken oder komplett eine europäische Wirtschaftsintegration schaffen müsse. Dabei hat er seine Präferenz für Eigenverantwortung deutlich gemacht. Immerhin. Genug ist das aber nicht.

Hinzu kommt, dass Jochen Sanio, Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) immer wieder durchblicken lässt, dass er amtsmüde sei und dass die Befugnisse der BaFin für die wirklich wichtigen Fragen keinesfalls ausreichend sind. Recht hat er. Die Regulierung im Finanzwesen ist zu einer Art Planwirtschaft verkommen, bei der die wirklich wichtigen Fragen (rechtsfreie Räume, Eigenkapital, Einschränkung von gefährlichen Produkten) noch gar nicht wirklich angegangen worden sind.

Noch etwas: keine drei Wochen, nachdem die Ratingagentur Standard & Poors die Bonität der USA von AAA auf AA+ herabgestuft hatte, musste der Chef der Agentur, Deven Sharma seinen Hut nehmen. Zwar sollen die Entscheidungen nichts miteinander zu tun haben, aber wer´s glaubt, wird selig. Meiner Auffassung nach sind die USA ein A-Schuldner, bestenfalls AA. Die Ratings sind ein Machtinstrument: solide deutsche Mittelständler, Volksbanken und Sparkassen spüren sie, Italien spürt sie, während ein marodes Land wie die USA mit dem doppelten Haushaltsdefizit von Italien von 2 der 3 großen Agenturen noch mit AAA bewertet wird.

Der Stand der deutschen Politik ist bitter, bitter, bitter.

Immerhin habe ich vor zwei Wochen vor den Abweichlern des Deutschen Bundestags Frank Schäffler und Klaus-Peter Willsch referiert, um meine Überlegungen zu einem Schuldenschnitt für die Randstaaten der EU darzulegen. Noch gibt es einige aufrechte Parlamentarier!

Hier hilft nur eins: selber vorsorgen. Das wissen Sie. Sachwert schlägt Geldwert. Das gilt auch für Aktien, auch wenn diese in den letzten Wochen massiv abgestraft wurden. Aber die Finanzmärkte sind nun mal kurzfristig höchst irrational. In den letzten Tagen sind etliche Titel wie Allianz (WKN: 840400), Münchner Rück (WKN: 843002), E.ON (WKN: ENAG99) und RWE (WKN: 703712) massiv gestiegen. Ob das nun die Wende war, kann ich nicht sagen.

Aber es lohnt sich, dabeizubleiben und sich nicht von den Schwankungen verrückt machen zu lassen.

Auf gute Investments!


© Prof. Dr. Max Otte



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