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Klartext zum Programm - Klartext zur medialen Debatte

14.07.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1009 (07.40 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0974 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 123.27. In der Folge notiert EUR-JPY bei 135.70. EUR-CHF oszilliert bei 1.0465.

Kontinentaleuropa ist nicht nur der Champion bei den "Hidden Champions“ (Unternehmen die Nummer 1 im eigenen Land und unter den Top 3 der Welt sind), sondern auch bei der zeitlichen Dauer von Krisengipfeln. 17 Stunden war eine sportliche Hausnummer. Daraus lässt sich ableiten, dass die Kompromissfindung komplex war.


Zu den Fakten des Programms:

Der Umfang des geplanten Hilfsprogramms wird auf bis zu 86 Mrd. Euro bei einer Laufzeit von drei Jahren beziffert. Wenn der Plan erfolgreich sein soll, ist ein mittelfristiges Programm richtig, um den Prozess der Erholung nicht durch Marktturbulenzen zu schwächen. Das Programm muss im Volumen Eventualitäten berücksichtigen. Beiden Aspekten ist Rechnung getragen worden.

Dabei geht es auch um die Kapitalisierung griechischer Banken, die durch die Kapitalabflüsse massiv geschwächt sind. Die aktuelle Erfahrung in Griechenland zeigt, dass es ohne Banken nicht geht. Das Banken-Bashing wird politisch von einigen Zirkeln aggressiv missbraucht. Die im Vergleich zu den USA zögerliche Haltung der Politik in der Kapitalisierung der Banken der Eurozone hat den konjunkturellen Erholungsprozess in der Eurozone (es geht um Menschen in der Wirtschaft/Beschäftigung) in der Phase 2010 - 2014 drastisch verlangsamt. Offensichtlich gibt es hier eine Lernkurve. Das begrüßen wir!

Bezüglich der Schuldentragfähigkeit werden Laufzeitverlängerungen erwogen. Abhängig seien die Erleichterungen von der vollen Umsetzung der Maßnahmen in einem dritten Hilfsprogramm. Nominale Schuldenschnitte könnten nicht unternommen werden. Es gibt kein "Free Lunch“. Das ist vor dem Hintergrund der geleisteten Disziplin aller anderen Reformländer richtig und vollkommen unanfechtbar. Fakt ist, dass Griechenland im laufenden Jahr weniger Zinsen auf die Staatsschuld zahlt als im Jahr 2005! Ergo, der Blick auf die Staatschuldenquote reicht nicht aus, die Schuldentragfähigkeit ist der entscheidende Aspekt.


Was muss Athen adhoc liefern?

Bis Mittwoch soll die griechische Regierung nachfolgende Reformgesetze durch das Parlament bringen: Dazu gehören eine Mehrwertsteuerreform, eine Verbreiterung der Steuerbasis, Maßnahmen im Rentensystem, die Sicherung der Unabhängigkeit der Statistikbehörde Elstat und Maßnahmen zur Stärkung der Haushaltsdisziplin als auch haushaltstechnische Automatismen bei Verfehlung der angepeilten Haushaltsziele.


Bis zum 22. Juli sind weitere gesetzliche Maßnahmen gefordert:

Reformen im Justizsystem. Umsetzung der EU-Richtlinie BRRD zur Sanierung und Abwicklung von Banken innerhalb einer Woche mit Hilfe der EU-Kommission.


Weitere Forderungen

  • Liberalisierung des Binnenmarktes, beispielsweise Ladenöffnungszeiten am Sonntag und Produktreformen.

  • Privatisierungen: Die Privatisierung von Staatsbetrieben soll über einen von den griechischen Behörden verwalteten Fonds unter europäischer Aufsicht abgewickelt werden. Der Fonds soll über Privatisierungen 50 Mrd. Euro eintreiben.

  • 25 Mrd. Euro davon sollen in die Rückzahlung der Kapitalisierung der Banken fließen.

  • Zudem sollen jeweils 12,5 Mrd. Euro für den Schuldenabbau und für Investitionen genutzt werden.

  • Liberalisierung des Arbeitsmarktes, unter anderem im Bereich von Tarifverhandlungen und Massenentlassungen.

  • Stärkung des Finanzsektors und Ausräumung jeglicher Möglichkeit politischer Einflussnahme im Bankenbereich.

  • Modernisierung und Entpolitisierung der griechischen Verwaltung.

  • Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Institutionen der Troika.

  • Rücknahme von Gesetzen, die 2015 beschlossen wurden und nicht mit den Institutionen abgesprochen waren.

Die Anforderungen an Athen sind fraglos erheblich. Es sind Forderungen, die aber notwendig sind, damit Athen nach langjähriger Mitgliedschaft der Eurozone und der EU auch den selbstverständlichen Standards der Eurozone und der EU genügt.

Eine weitergehende Toleranz seitens der EU und der Eurozone dieser nicht konformen Zustände verbietet sich förmlich. Das gilt vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass kein anderes Land der EU/Eurozone pro Kopf seit 1981 so gefördert worden ist wie Griechenland.

Die politische Unfähigkeit diese Subventionen in ein nachhaltiges Geschäftsmodell umzusetzen, zwingt entweder zu politischer Hilfestellung durch die Troika und deren Annahme durch die politischen Instanzen Griechenlands oder es zwingt Griechenland aus diesem Club der EU und der Eurozone. Diese Wirtschafts- und Währungsunion kann nicht durch Athen auf Dauer als Mittel der Alimentierung missbraucht werden. Genau das wäre uneuropäisch, es wäre unsolidarisch seitens Athens und es wäre absolut undemokratisch!


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