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China wertet weiter ab - Signale aus globaler Makroökonomie kritischer

12.08.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1073 (07.37 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0961 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 125.07. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138.50. EUR-CHF oszilliert bei 1.0914.

Die PBoC hat unerwartet die Landeswährung Yuan erneut abgewertet, nachdem der gestrige Schritt als einmalig bezeichnet wurde. In der Folge sank der Yuan auf ein Vierjahrestief gegenüber dem USD. Dieser Schritt ist unüblich. Das gilt vor allen Dingen bezüglich der gestrigen Ansage, dass es sich bei der ersten Anpassung um einen einmaligen Schritt handeln sollte. Ergo hat der erneute Schritt ein Stück weit die Qualität eines Paukenschlags.

Wer es sich einfach machen will, verweist auf die aktuellen Konjunkturdaten in China, die fraglos am unteren Rand der Toleranz Pekings liegen. Rechtfertigt das einen Paukenschlag?


Werfen wir einen Blick auf Fakten:

Gestern enttäuschte der Automobilabsatz. Es kam auf Jahresbasis im größten PKW-Markt der Welt zu einem Absatzrückgang um circa 7%. Die Industrieproduktion legte per Juli im Jahresvergleich nur um 6,0% nach zuvor 6,8% zu. Einzelhandelsumsätze stiegen per Juli im Jahresvergleich um 10,5% nach zuvor 10,6%. "Fixed Asset Investment" verzeichnete per Juli eine Zunahme im Jahresvergleich um 11,2% nach zuvor 11,4%. Bis auf den Automobilabsatz sind die Daten auf keinen Fall prekär, sie sind aber kritisch einzuwerten.

Wer das konfuzianische Politikverständnis Chinas nicht aus den Augen lässt, kann sich dieser einfachen Sichtweise einer Reaktion auf kurzfristige Konjunkturschwankungen kaum anschließen. Hier geht es um etwas Größeres.

Wir haben an dieser Stelle in der letzten Woche Fragen gestellt, ob die US-Zinswende, die Baisse der Rohstoffe und die Stärke des USD nicht einen geopolitischen Hintergrund haben. Wir wiederholen diese Fragen hier zum Verständnis noch einmal:

Mangels belastbarer konjunktureller Grundlagen für eine Zinswende in den USA drängt sich ein anderes zunächst rein theoretisches Thema auf: Soll durch eine US-Zinswende der Sektor der aufstrebenden Länder mit ihren neuen Strukturen der AIIB und der New Development Bank destabilisiert werden, solange es noch eine Abhängigkeit dieser Länder (USD-Kredite) von der US-Leitwährung gibt?

In welchem Zusammenhang steht dazu die Baisse an den US-Rohstoffbörsen, die von wenigen US-Banken in der Preisfindung bestimmt sind? Wird dafür auch konjunktureller Schaden in den USA in Kauf genommen? Wir haben noch keine Antworten auf diese Fragestellungen. Die Fragen sind bezüglich der aktuellen geopolitischen Auseinandersetzungen jedoch zu stellen.

Die neue Frage lautet: Ist die aktuelle Politik der PBoC die Antwort auf die Annahmen dieser Politik der USA? Fakt ist, dass China auf den Anstieg des USD in den vergangenen 15 Monaten reagiert. Durch die Anbindung des Yuan an den USD verschlechterten sich die Exportchancen Chinas dynamisch auch gegenüber dem größten Absatzmarkt Chinas, der EU (Aufwertung des USD in der Spitze um 25% in 15 Monaten).

Offensichtlich ist man in Peking nicht bereit, den Preis einer bezüglich der fundamentalen Situation ambitionierten Bewertung des USD zu zahlen, denn seit Ende der quantitativen Maßnahmen der Federal Reserve per Herbst 2014 wurden alle Wachstumsprognosen der USA drastisch verfehlt. Wo sind die selbsttragenden Kräfte der US-Wirtschaft?

Per 2015 mussten die Wachstumsprognosen der USA von mehr als 3% auf unter 2% revidiert werden. Die Prognosen der Eurozone wurden dagegen deutlich nach oben angepasst. Ist dem Unterschied des US-kreditgetriebenen Aufsschwungs gegenüber dem einkommensgtriebenen Aufschwung in der Eurozone angemessen Rechnung getragen worden? Auch das Thema Griechenland ist mittlerweile nahezu beordnet …

Daraus leitet sich die nächste Frage ab: Ist die aktuelle Politik der PBoC, der Zentralbank der größten Wirtschaftsnation der Welt laut IWF World Economic Outlook 10/2014, ein Katalysator für eine zukünftige grundsätzliche Neubewertung des USD an den Devisenmärkten? Nach unserer Ansicht besteht diese Möglichkeit!

Vor diesem Hintergrund nehmen wir keinen Abstand von unserer Jahresprognose, die Kurse in der Parität EUR-USD im Dunstkreis von 1,20 unterstellt.


Wirtschaftsdaten nicht erbaulich:

Der deutsche ZEW-Sentimentindex enttäuschte per Berichtsmonat August mit einem unerwarteten Rückgang von zuvor 29,7 auf 25,0 Punkte. Die Prognose lag bei 32,0 Zählern. Es kam zum fünften Rückgang in Folge. Der Index markierte den tiefsten Stand seit November 2014.

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