Der Versuch, der Niedrigzinsfalle zu entkommen
20.03.2017 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Geldmenge spricht für höheren GoldpreisDie Beziehung zwischen dem Goldpreis und der Steilheit der Zinskurve war in den letzten Jahrzehnten jedoch mehr oder weniger sehr lose. Eine steile Zinskurve war im Durchschnitt jedoch mit einem künftig steigenden Goldpreis verbunden. Das deutet darauf hin, dass der Zins beziehungsweise die Steilheit der Zinskurve zwar vorübergehend einen Einfluss auf den Goldpreis haben kann, dass aber der langfristige Preistrend des Goldes nicht von ihnen bestimmt wurde.
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. 4) Die Steilheit der Zinskurve ("Zinsspread") wurde berechnet als 10-Jahreszins minus 2-Jahreszins in Basispunkten. Die Goldpreisentwicklung entspricht der Summe der künftigen Monatsveränderungen in Prozent (annualisierte logarithmierte Renditen) über die kommenden zwei Jahre (annualisiert).
Vielmehr scheint vor allem das monetäre Angebot (die Geldmenge) einen wichtigen und dauerhaft "verlässlichen" Einfluss für die Richtung und Höhe des Goldpreises gehabt zu haben. Der Blick auf beispielsweise den Zusammenhang zwischen der amerikanischen Geldmengenausweitung und dem Goldpreis deutet an, dass der aktuelle Goldpreis von etwa 1.200 US-Dollar pro Feinunze der monetären Expansion merklich "hinterherhinkt", und dass der Goldpreis (in US-Dollar gerechnet) so gesehen noch Nachholpotenzial zu haben scheint.
Quelle: Thomson Financial. Graue Fläche: Phase, in denen weltweit die offiziellen Goldreserven der Zentralbanken reduziert wurden.
Für Goldhalter aus dem Euroraum ist die weitere Entwicklung des Euro-Wechselkurses gegenüber dem US-Dollar (EURUSD) bedeutsam. In kurzer Frist scheint die Zinsdifferenz zwischen kurzfristigen US-Dollar- und Euroanlagen Erklärungskraft für EURUSD zu haben: Aktuell scheint EURUSD zwar durchaus der "Vorgabe" der Zinsmärkte zu folgen; er befindet sich so gesehen "auf dem Niveau, auf dem er sich befinden sollte". Allerdings lässt sich daraus nicht ablesen, wie sich EURUSD künftig entwickeln wird. Zum einen ist die Zinsdifferenz lediglich eine unter mehreren Bestimmungsgrößen für EURUSD. Zum anderen besteht Unsicherheit über die weitere Zinsentwicklung.
Für langfristige Goldhalter ist jedoch die Frage nach dem kurzfristigen Auf und Ab vom EURUSD wenig bedeutsam. Die "Währung Gold" hat - so zeigt die Währungshistorie - früher oder später gegenüber allen ungedeckten Papierwährungen aufgewertet. Mit dem Euro wird es nicht anders sein. Ja, gerade mit dem Euro ist der Anleger besonderen Risiken ausgesetzt. Zum einen trägt der Euro ein "Zusammenbruchrisiko".
Es wird dann schlagend, wenn der Euroraum aufgelöst wird und die in Euro ausgewiesenen Wertpapiere und Bankeinlagen in nationale Währungen überführt werden. Wer Euro hält, trägt zudem auch noch (wie übrigens bei allen anderen Währungen auch) ein Geldentwertungsrisiko: Es besteht darin, dass die EZB immer ungehemmter offene Rechnungen mit der elektronischen Notenpresse bezahlt - und als Folge davon die Kaufkraft des Euro zerstört.
Quelle: Thomson Financial
Für Anleger bleibt es daher besonders wichtig, zwischen Nominalzinsen und Realzinsen streng zu unterscheiden. Letztere ergeben sich aus Nominalzins abzüglich der Inflation. Dass die Zentralbanken die Zinsen in realer Rechnung wieder in das positive Territorium zurückholen, ist zwar nicht unmöglich, doch recht unwahrscheinlich - vor allem im Euroraum.
Bleiben die Realzinsen aber nahe oder unter null Prozent, sollte das längerfristig positiv für das Gold sein. Sollten die Zinsen in realer Rechnung tatsächlich über die Nulllinie steigen, könnte das Gold ebenfalls profitieren: Denn eine Rückkehr zu positiven Realzinsen wird wohl nicht ohne Finanz- und Wirtschaftskrise ablaufen (können).
So gesehen ist der Versuch der US-Zentralbank, der Zinsfalle zu entkommen, zwar zu begrüßen. Aber sein Erfolg ist zugleich auch mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Vielleicht hat die Zinsfalle nämlich schon längst zugeschnappt. Das Halten von Gold ist eine Möglichkeit, sich gegen die damit verbundenen Risiken abzusichern: Entwertung der Kaufkraft des Geldes und/oder Zahlungsausfälle.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH