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Gefangen im Boom-und-Bust-Zyklus

12.06.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Es stellt sich eine Abfolge von Boom-und-Bust ein - denn auch die neuerlichen Zinssenkungen und Kredit- und Geldmengenvermehrungen enden letztlich ebenfalls in einem Bust. Diese ökonomische Erkenntnis hat einen aktuellen Bezug: Die weltweite Konjunkturerholung ist - wie eingangs aufgeführt - durch eine (man muss schon sagen: geschichtlich) beispiellose Tiefzinspolitik herbeigeführt worden. Es spricht daher viel dafür, dass sich die Volkswirtschaften wieder in einer "Boomphase" bewegen, auf die irgendwann wieder ein Bust folgt.

Nun lässt sich nicht mit Gewissheit prognostizieren, wann der nächste Bust einsetzt und was ihn auslösen wird. Allerdings lassen sich mit Blick auf das Funktionieren des Fiat-Geldsystems einige "kritische Elemente" identifizieren, die es verdienen, genauer beobachtet zu werden. Dazu gehören: (1) das Zinsniveau, (2) die Steilheit der Zinskurve, (3) die Entwicklung der Bankkredite, (4) die Knappheit des Eigenkapitals der Banken und (5) der Bestand der notleidenden Kredite.


Risikofaktoren

Zu (1): Steigende Zinsen. - Es bedarf kaum einer Erklärung, dass steigende Zinsen den Boom in einen Bust verwandeln. Steigende Zinsen sind gleichbedeutend mit einem Abstellen des Motors, der bislang die künstliche Wirtschaftsexpansion antreibt. Dass derzeit die großen Zentralbanken wie die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) sich daranmachen wollen, die Zinsen anzuheben, bringt zweifelsohne den Boom dem nächsten Bust näher.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. 1) Ermittelt aus Staatsanleiherenditen


Zu (2): Verflachung der Zinskurve. - Für die Gewinne der Banken ist es vorteil-haft, wenn die Langfristzinsen über den Kurzfristzinsen liegen (wenn also die Zinskurve "steil" ist). Dann können sie langfristige Kredite vergeben, die sie mit kurzfristigen Mitteln finanzieren - und so ihre Gewinnlage verbessern. Eine flache (oder gar inverse) Zinskurve wirkt hingegen wie ein Tritt auf die "Kreditbremse". In den letzten Jahren sind die Zinskurven in den USA und auch im Euroraum zwar tendenziell flacher geworden, sie sind aber immer noch relativ steil und begünstigen so das Kreditgeschäft der Banken. Heben die Zentralbanken den Zins an, wird sich das Bild vermutlich ändern: Die Zinskurven werden flacher.

Zu (3): Verlangsamung der Kreditexpansion. - Durch die Bankkreditexpansion wird bekanntlich neues Geld (aus dem Nichts) in den Wirtschaftskreislauf gebracht, und das treibt den Boom an. Versiegt der Zustrom, gerät der Boom ins Stocken, oder er kippt in einen Bust um. Bislang ist die Geldvermehrung durch Bankkreditvergabe in vielen Ländern (noch) die bedeutendste Form der Geldproduktion - und die Wachstumsraten sind nach wie vor positiv.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Zu (4): Knappheit des Eigenkapitals der Banken. - Um Kredite und Geld zu produzieren, brauchen Banken nicht nur Zentralbankgeld, das sie (reichlich und günstig) von der Zentralbank erhalten. Sie brauchen auch Eigenkapital. Schließlich sind sie verpflichtet, ihre Risikopositionen (Kredite und Wertpapiere) mit Eigenkapital zu unterlegen. Eigenkapital können Banken sich durch Einbehaltung von Gewinnen und/oder durch eine Kapitalerhöhung von außen beschaffen.

Ersteres setzt voraus, dass Banken Gewinne erzielen (können), zweiteres erfordert die Bereitschaft der Investoren, ihr Geld auch in Banken investieren zu wollen. Die Banken haben in den letzten Jahren ihre Eigenkapitalausstattung verbessert - auch indem sie ihre Bilanzsumme relativ zum Eigenkapital verringert haben.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen



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