Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Super -Blase

26.06.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
In der Regel dadurch, dass die Zentralbank den Leitzins anhebt, und gleichzeitig die Investoren auf den Märkten erwarten, dass die höheren Kurzfristzinsen die Wirtschaft verlangsamen beziehungsweise in eine Rezession abgleiten lassen. Das sorgt tendenziell für ein Absinken des Langfristzinses.

In der Vergangenheit ging eine Verringerung des Zinsabstandes häufig mit einem Rückgang der Wirtschaftsaktivität beziehungsweise der Aktienrenditen einher. Derzeit nimmt der Zinsabstand in den USA ab, weil der Kurzfristzins steigt und der Langfristzins tendenziell nachgibt. Mit aller Vorsicht interpretiert, signalisiert der Zinsmarkt derzeit zwar noch keine akute Rezessionswahrscheinlichkeit, aber sie hat dennoch zugenommen.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) 10-Jahre minus 2-Jahresrendite in Basispunkten. Graue Fläche: Langfristzins kleiner als Kurzfristzins


Die bisherigen Überlegungen zeigen: Das Anziehen der Zinsschraube ist ein heikles Unterfangen. Steigt das Zinsniveau (zu stark) an, wird die Konjunktur sich zumindest verlangsamen, vielleicht bremst sie sogar kräftig ab. Wenn die Fed-Zinserhöhungen "nur" die Zinskurve abflachen, droht ebenfalls Ungemach: Es kann den Kreditmotor des Bankenapparates zum Stottern bringen - und die Folgen wären ebenfalls negativ für die Konjunktur und die Finanzmärkte. Wie man es auch dreht und wendet: Das Anheben der Zinsen - so richtig und angemessen es auch sein mag - bringt Gefahren für die Wirtschaft und das Finanzsystem mit sich - nicht nur für die USA, sondern für alle Volkswirtschaften der Welt.

Open in new window
Abbildung links: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) In realer Rechnung (bereinigt um die Konsumentenpreisinflation)
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial


Verlockung der Inflation

Was wird die Europäische Zentralbank (EZB) tun? Sie signalisiert jetzt, dass sie früher oder später aus ihrer ultra-lockeren Geldpolitik aussteigen wird. Wie das genau aussehen soll, ist noch ungeklärt. Sie kann beispielsweise in 2018 beginnen, ihre Anleiheaufkäufe nach und nach zurückzufahren. Damit einhergehend kann die EZB den Einlagenzins, der derzeit bei minus 0,4 Prozent liegt, und der den Banken schwer zu schaffen macht, auf null Prozent zurückführen. Doch genau wie die US-Volkswirtschaft sind auch die Euroraum-Volkswirtschaften durch die extrem niedrigen Zinsen in Gang gekommen. Die Frage ist daher: Hält der Euroraum eine Abkehr von den Nullzinsen wirtschaftlich und politisch aus?

Für die EZB-Geldpolitik dürften zwei Ziele von besonderer Bedeutung sein: (1) die Stabilität des Euro-Bankensektors und (2) die Schuldentragfähigkeit der Euro-Staaten sicherzustellen. Die Euro-Banken brauchen ein Umfeld höherer Zinsen, beziehungsweise sie brauchen einen größeren Abstand zwischen Lang- und Kurzfristzins, damit sie profitabel operieren können. Gleichzeitig brauchen die angeschlagenen Euro-Staaten niedrige Zinsen, um sich neue Kredite zu beschaffen und Altkredite durch neue Kredite, die einen niedrigeren Zins tragen, zu ersetzen. Wie kann die EZB diesen Zielkonflikt lösen? Die Geldpolitiker werden vermutlich verstärkt mit der Inflation liebäugeln (müssen).

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat bereits der EZB empfohlen, sie solle akzeptieren, dass bei anhaltend niedrigen Zinsen in einigen Euro-Ländern (vor allem ist wohl Deutschland gemeint) die Inflation zeitweise die 2-Prozentmarke übersteigt. (Siehe hierzu auch den Aufsatz in der grauen Box auf dieser Seite.) Eine höhere Inflation würde es auch erlauben, die nominalen Zinsen leicht anzuheben und gleichzeitig den Realzins (also den Zins nach Abzug der Inflation) im Negativbereich zu halten. Auf diese Weise könnten sich Schuldner auf Kosten ihrer Gläubiger entschulden. Also Inflationspolitik als Lösung? Nein, so einfach wie die meist Keynesianisch gesinnten Ökonomen sich das vorstellen, ist die Sache nicht.

Inflation ist immer und überall ein Übel. Sie nützt einigen wenigen auf Kosten vieler. Inflation ist eine Politik, die versucht, die Öffentlichkeit zu täuschen, indem sie ihre wahren Kosten verschleiert. Mit Inflation lässt sich vor allem aber die Wirtschaft nicht dauerhaft beleben. Früher oder später bemerken die Marktakteure den Betrug und richten sich auf eine höhere Inflation ein - und vorbei ist es mit ihrer Anschubwirkung.

Die Inflation lässt sich allerdings dazu einsetzen, die Schulden (die ja die Ersparnisse vieler Menschen repräsentieren) zu entwerten, indem die Zentralbank die Nominalzinsen niedrig hält und gleichzeitig die Inflation in die Höhe treibt. Die finanzielle, wirtschaftliche und politische Lage im Euroraum macht es zusehends wahrscheinlich, dass es letztlich doch zu solch einer Geldpolitik kommen wird.


Was das für Sie als Anleger bedeutet

Die Aussichten für Sparer und Anleger aus dem Euroraum bleiben - und das ist wenig überraschend - schwierig. Die Zinsen dürften auf absehbare Zeit auf relativ niedrigen Niveaus verharren; eine Rückkehr zu Zinsniveaus, die in der Vor-Krisenzeit zu beobachten waren, ist recht unwahrscheinlich. Vor allem die Realzinsen - also die Zinsen nach Abzug der Inflation - dürften niedrig beziehungsweise insbesondere für kürzere Laufzeiten negativ bleiben. Mit anderen Worten: Mit traditionellen Zinsanlagen in Form von Bankeinlagen und Staatsschuldpapieren werden Sie vermutlich nicht in der Lage sein, Kapital für Ihre Altersvorsorge an-zusparen.

In Zeiten, in denen die meisten Habenzinsen nahe null und in realer Rechnung sogar negativ sind, ist die "Währung Gold" eine Alternative - insbesondere für liquide Mittel, die in Form von Termin- und Spareinlagen und kurzlaufenden Anleihen gehalten werden. Zinspapiere und Bankeinlagen büßen in diesem Umfeld dauerhaft ihre Kaufkraft ein, Gold nicht. Gold trägt zudem kein Zahlungsausfallrisiko wie Bankeinlagen und Schuldpapiere.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"