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Die Blockchain-Disruption: Geld, Bitcoin und digitalisiertes Goldgeld

02.01.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Selbst unter expliziter Berücksichtigung von Unsicherheit bleibt die optimale Anzahl des Geldes eins.

Ein Währungswettbewerb, wenn er sich frei entfalten kann, läuft folglich auf einen Verdrängungswettbewerb hinaus. Letzterer arbeitet darauf hin, ein Geld, das beste Geld, zu etablieren. (9)

Die Auffassung, eine staatliche Fiat-Währung könnte mit einem im freien Markt entstandenen Geld in "wettbewerblicher Eintracht" nebeneinander existieren, erweist sich als Trugschluss.


3. Zur Entstehung des Geldes

Eine weitere wichtige Frage lautet: Wie ist Geld entstanden? Durch das Aufkommen der Kryptoeinheiten ist diese Frage nicht nur von theoretischem, sondern auch von praktischem Interesse.

Die heute nahezu einhellig akzeptierte Theorie ist, dass das Geld vom Staat bereitgestellt werden muss. Diese positiv-rechtliche Sichtweise legte Georg Friedrich Knapp (1842 - 1926) in seinem 1905 erschienen Buch "Staatliche Theorie des Geldes" vor.

Carl Menger (1840 - 1921) vertritt in seinem Buch "Grundsätze der Volkswirtschaftslehre" (1871) eine andere Theorie. Geld, so Menger, ist spontan aus dem freien Markt, aus freiwilligen Tauschhandlungen entstanden, und zwar aus einem Sachgut.

Mengers Erklärung wird 1912 durch das "Regressionstheorem", das Ludwig von Mises (1881 - 1973) formuliert, bestätigt. Was besagt das Regressionstheorem? (10)

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst klarmachen, warum wir Geld nachfragen.

Wir fragen Geld nach, weil wir unter Unsicherheit handeln. Geld eignet sich besonders gut, um mit der Unsicherheit umzugehen. Denn Geld hat Kaufkraft und sichert unsere jederzeitige Tauschfä-higkeit.

Wie aber erklärt sich die Kaufkraft des Geldes? Antwort: Sie resultiert aus dem Zusammenspiel zwischen dem Angebot von und der Nachfrage nach Geld, denn auf diese Weise bilden sich die Güterpreise. (11)

So richtig diese Erklärung auch ist - sie verursacht ein Problem: Wenn die Kaufkraft des Geldes durch das Angebot von und die Nachfrage nach Geld bestimmt wird, so ist das ein Zirkelschluss!

Denn es wird ja gesagt: Geld wird nachgefragt, weil Geld Kaufkraft hat. Aber die Kaufkraft des Geldes bedingt, das Geld bereits nachgefragt wird. Die Erklärung dreht sich im Kreise!

Mises löst den Zirkelschluss auf. Er erkennt, dass die Kaufkraft des Geldes eine Zeitdimension hat. Wir halten heute Euro, weil wir vor kurzem (vor einer Stunde, gestern, vorgestern) erfahren haben, dass man mit einem Euro etwas kaufen konnte. Und gestern haben wir Euro gehalten, weil wir vorgestern die Erfahrung gemacht haben, dass der Euro Kaufkraft hatte. Und so weiter.

Aber verschiebt eine solche Erklärung nicht das Erklärungsproblem nur immer weiter in die Vergangenheit, ohne es aufzulösen? Endet man nicht in einem infiniten Regress? Die Antwort ist nein.

Durch die gedankliche Regression gelangt man zu dem Zeitpunkt (weit in der Vergangenheit), an dem ein Gut erstmalig als Geld (als indirektes Tauschmittel) verwendet wurde.

Davor - bevor das Gut erstmalig als indirektes Tauchmittel eingesetzt wurde -, bestimmte sich sein Marktwert allein aufgrund seines nicht monetären Nutzens.

Der Tausch- beziehungsweise Marktwert des Gutes, der sich aus seinem nicht-monetären Nutzen erklärt, ist der notwendige Ausgangspunkt für die Kaufkraft des Geldes.

Ohne dass ein Gut einen nicht-monetären Tausch- beziehungsweise Marktwert besessen hat, kann es nicht zu Geld werden. Ansonsten wüsste niemand, welchen Tauschwert das Gut hat; niemand würde es als Geld akzeptieren. (12)

Mit dem Regressionstheorem stützt Ludwig von Mises die Theorie der Geldentstehung (praxeologisch), wie sie von Carl Menger formuliert wurde - und widerlegt gleichzeitig Knapps "Staatliche Theorie des Geldes". (13)

Wie aber kommt es, dass heutzutage der Staat das Monopol der Geldproduktion innehat? Ich will die Antwort kurz halten: Der Staat hat sich die Geldproduktion in einem - zugegebenermaßen langwierigen Prozess - gewaltsam angeeignet. Das staatliche Geldmonopol ist alles andere als "natürlich", es ist vielmehr "unnatürlich". (14)

Das Aufkommen von Kryptoeinheiten, die nun das staatliche Geldproduktionsmonopol in Frage stellen, lässt sich so gesehen als eine "Korrektur", als eine Art "Rückkehr zur währungsgeschichtlichen Normalität" begreifen.

Doch bevor wir die Bedeutung des Regressionstheorems für die Kryptoeinheiten näher betrachten, lassen Sie uns kurz die Probleme des heutigen Fiat-Geldes benennen - denn sie dürften ein wichtiger Beweggrund für die Kräfte sein, die den Währungswettbewerb in Gang gesetzt haben.


4. Probleme des Fiat-Geldes

Ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld. Der Begriff Fiat stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "So sei es"; Fiat-Geld lässt sich auch als "Zwangsgeld" verstehen.

Das Fiat-Geld zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus: (1) Es ist staatlich monopolisiertes Geld; (2) es wird überwiegend durch Bankkreditvergabe "aus dem Nichts" geschaffen; und (3) es ist entmaterialisiertes Geld, hat die Form von Papierzetteln (eigentlich: Baumwollstücken) und Einträgen auf Computerfestplatten ("Bits & Bytes").


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