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Die Blockchain-Disruption: Geld, Bitcoin und digitalisiertes Goldgeld

02.01.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Das Fiat-Geld leidet unter einer Reihe von ökonomischen und ethischen Defiziten. (15) Fünf seien kurz angesprochen:

(i) Fiat-Geld ist inflationär. Es verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf, weil seine Menge von den staatlichen Zentralbanken unablässig nach politischen Erwägungen vermehrt wird. Inflationäres Geld ist schlechtes Geld, es erschwert das Wirtschaften und schadet vielen Menschen.

(ii) Fiat-Geld begünstigt einige auf Kosten vieler. Es sorgt für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, indem es die Erstempfänger des neuen Geldes begünstigt auf Kosten derjenigen, die die neue Geldmenge erst später erhalten oder gar nichts von ihr abbekommen (das ist der "Cantillon Effekt").

Das Anwachsen der Geldmenge führt notwendigerweise zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Sie fällt beim Fiat-Geld besonders stark aus - das ist auch der Grund, warum der Staat das Warengeld durch sein eigenes, beliebig vermehrbares Fiat-Geld ersetzt hat: Der Staat und die ihm besonders nahestehenden Gruppen profitieren vom inflationären Geld.

(iii) Fiat-Geld sorgt für Boom-und-Bust. Die Vermehrung der Geldmenge durch Kreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich. Die Ersparnis sinkt dadurch ab, und Investitionen und Konsum nehmen zu. Die Volkswirtschaft beginnt über ihre Verhältnisse zu leben. Früher oder später zerplatzt die monetär angezettelte Reichtumsillusion, und aus dem Boom wird ein Bust.

(iv) Fiat-Geld treibt die Volkswirtschaft in die Überschuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen verleiten Private, Unternehmen und Staaten zur Schuldenwirtschaft. Die Schuldenlasten wachsen dabei im Zeitablauf stärker an, als die Einkommen zunehmen.

(v) Fiat-Geld lässt den Staat auswuchern - zu Lasten der Freiheit der Bürger und Unternehmen. Es erlaubt dem Staat, seine Finanzkraft gewaltig auszuweiten, und damit kann er sich im wahrsten Sinne des Wortes eine wachsende Gefolgschaft erkaufen. (16)


5. Grundsätzliches zum Bitcoin

Angesichts dieser ökonomischen und ethischen Defizite des Fiat-Geldes ist es nicht verwunderlich, dass findige Menschen sich daran gemacht haben, besseres, gutes Geld zu schaffen.

Das Angebot des freien Marktes sind Kryptoeinheiten, allen voran der Bitcoin, die derzeit bekannteste von ihnen. Was zeichnet den Bitcoin aus?

Bei ihm handelt es sich um virtuelle, digitalisierte Einheit - in Form eines errechneten einmaligen Zahlen- und Buchstaben-Codes.

Bitcoins werden durch Computerrechenleistung produziert, für die der Einsatz von Kapital (beziehungsweise Rechnerkapazität) erforderlich ist.

Die Bitcoins werden dezentral, durch einen Zusammenschluss vie-ler Computer weltweit, erzeugt; eine zentrale Produktionsstelle (wie die staatlichen Monopolzentralbanken beim Fiat-Geld) gibt es hier nicht.

Die insgesamt erzeugbare Bitcoin-Menge beträgt laut dem "Protokoll" (das ist die Konstruktions-Blaupause für den Bitcoin) 21 Millionen Stück. Die Bitcoin-Menge ist also begrenzt. Bislang sind et-wa 16,7 Millionen produziert worden. (17)

Die Blockchain, auf der der Bitcoin aufbaut, ist ein dezentrales, öffentlich einsehbares Kassenbuch. Transaktionen werden direkt zwischen den Handelsparteien abgewickelt ("Peer-to-Peer"), und sie werden endgültig und fälschungssicher abgespeichert, ohne dass dafür eine zentrale Stelle erforderlich wäre.


6. Bitcoin und das Regressionstheorem

Mit Blick auf die technischen Eigenschaften des Bitcoin lautet eine wichtige Frage: Kann die Kryptoeinheit zu Geld werden? Eine zu erfüllende Bedingung ist, dass der Bitcoin im Einklang mit dem Regressionstheorem steht.

Zur Erinnerung: Das Regressionstheorem besagt, dass Geld (1) spontan im freien Markt und (2) aus einem Gut hervorgegangen sein muss, das, bevor es als Geld verwendet wurde, einen Tauschwert gehabt hat, der sich allein aufgrund seines nicht-monetären Nutzens erklärte.

In der Diskussion, ob der Bitcoin mit dem Regressionstheorem vereinbar ist, gibt es unterschiedliche Positionen. Ich kann hier nicht alle Sichtweisen vorstellen, sondern will mich auf eine beschränken, die mir besonders gehaltvoll erscheint. (18)

Der erste Bitcoin ist am 9. Januar 2009 entstanden. Sein Marktpreis war null. Und für die kommenden 10 Monate blieb er bei null, obwohl bereits Transaktionen mit ihm ausgeführt wurden. Der erste Bitcoin-Preis entstand am 5. Oktober 2009: 1 US$ entsprach 1309,03 Bitcoin.

Wie erklärt sich, dass der Bitcoin plötzlich einen Marktpreis erhielt? Zunächst probierte man die Blockchain aus. Der Bitcoin diente dabei als Verrechnungseinheit.

So gesehen reflektierte der nicht-monetäre Wert des Bitcoin den Nutzwert des neuen Zahlungs- und Transfersystems Namens Blockchain. Er war die notwendige Voraussetzung für den späteren monetären Tauschwert des Bitcoin.

Aus meiner Sicht steht die Wertfindung des Bitcoin im Einklang mit dem Regressionstheorem - und damit erfüllt der Bitcoin eine notwendige Bedingung, um zu Geld werden zu können. (19)


7. Wettbewerber Bitcoin

Damit der Bitcoin zu Geld werden kann, muss er aber nicht nur mit dem Regressionstheorem vereinbar sein, es müssen weitere Bedingungen erfüllt sein - Bedingungen, die ihm im Wettbewerb der Währungen die entscheidenden Vorteile bringen.

Auf der einen Seite genießt der Bitcoin einen - im Grunde paradoxen - Wettbewerbsvorteil, den er der Existenz des Staates verdankt: Der Bitcoin ist dem Zugriff des Staates entzogen.


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