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Gold in Zeiten von Boom und Bust

05.03.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Die Meinung ist weit verbreitet, dass der Goldpreis in einer "Krise" gewissermaßen automatisch und vorhersehbar ansteigen müsste. Doch das ist nicht so, wie der Blick in die Vergangenheit zeigt. Ein Grund ist, dass Krise

nicht gleich Krise ist. Es gab zum Beispiel Situationen, in denen das Vertrauen in das ungedeckte Geld schwand. Für Anleger war Gold der "sichere Hafen", und die steigende Nachfrage trieb den Preis des gelben Metalls in die Höhe. Das war beispielsweise Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zu beobachten. Es gab aber auch Situationen, in denen die Preise für Aktien und Häuser fielen, die Anleger aber keine Sorgen hatten, der Geldwert könnte schwinden. Die Anleger fragten liquide Bankeinlagen ("Cash") nach, nicht Gold. Das war beispielsweise der Fall, als Anfang 2000/2001 die "New Economy"-Blase platzte.

Es gab auch Krisen, bei denen der Goldpreis kaum oder gar nicht reagiert hat - weil er bereits im Vorfeld der Krise stark angestiegen war; er hatte das Krisenereignis preislich schon vorweggenommen. Kurzum: Es kommt stets auf die "besonderen Umstände" an, die man aber kennen muss, damit man sich eine begründete Erwartung bilden kann, wie der Goldpreis in einer bestimmten Situation reagieren wird. Das ist keine leichte Aufgabe.

Angesichts der weltweiten Verschuldungslasten und der bereits sehr niedrigen Zinsen ist allerdings zu vermuten, dass im Falle einer neuerlichen Wirtschafts- und Finanzkrise die Zentralbanken die Schulden im großen Stil monetisieren werden. Während 2008/2009 eine Kreditausfallkrise das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem heimgesucht hat, könnte es künftig daher eine Währungskrise sein, die die Welt in Atem hält: Die Sorge, dass das ungedeckte Geld und die in ihm ausgewiesenen Zahlungsversprechen ihre Kaufkraft einbüßen - so wie man sie Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre beobachten konnte.



Szenarien

Mit Blick auf Boom-und-Bust spielen die Zentralbanken mit ihrer Zinspolitik die entscheidende Rolle. Mit Zins-senkungen setzen sie nicht nur den Boom in Gang, sie können ihn mit Zinserhöhungen auch platzen lassen. Mit Blick auf die aktuelle Lage gibt es zwei zentrale Szenarien:

Szenario 1: Die Zentralbanken - unter der Führung der US-Notenbank (Fed) - heben die Zinsen weiter an, und zwar so weit, bis der Boom in einen Bust umschlägt. Genau das ist in 2000/2001 und 2008/2009 passiert: Mit den Zinssteigerungen hatten die Zentralbanken dem Boom das Wasser abgegraben.

Szenario 2: Die Zentralbanken heben die Zinsen nur langsam und nur in geringem Ausmaße an, ohne dadurch dem Boom den Boden ganz zu entziehen. Die Geldpolitik bleibt inflationär genug, um den Wirtschaftsaufschwung und das Ansteigen der Vermögenspreise in Gang zu halten.

Beide Szenarien sind nicht von der Hand zu weisen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die Geldpolitiker vermutlich stärker denn je darauf bedacht sind, den Boom in Gang zu halten. Angesichts der Verschul-dungszunahme in den letzten Jahren wäre eine Wachstumsverlangsamung eine akute Gefahr für das weltweite Finanzsystem. Das mag erklären, warum die Fed bisher die Zinsen nur sehr zögerlich angehoben hat - und die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von Japan sich sogar noch vehement gegen Zinsanhebungen sträuben.


Der Boom ist das Problem

Für viele ist der "Boom" eine erfreuliche Sache: Die Einkommen wachsen, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Akti-enkurse steigen. Doch der Boom ist die Phase, in der Schäden auflaufen, die nachfolgend zu einem "Bust" führen. Es mag paradox klingen: Aber der Boom ist schädlich. Der Bust ist "lediglich" die Korrektur der Fehl-entwicklungen, die im Boom geschehen sind. Wie aber kommt es zum Boom?

Die Zentralbank senkt den Zins künstlich ab. Neues, per Kredit geschaffenes Geld wird in Umlauf gegeben. Das entmutigt das Sparen und verleitet zu vermehrtem Konsum. Die erhöhte Geldmenge erzeugt das Trug-bild, die Ersparnisse, die für Investitionszwecke verfügbar sind, seien gestiegen. Unternehmer gehen Investiti-onen an, die sie unter normalen Umständen (d. h. wenn der Zins nicht herabgedrückt worden wäre) nicht angegangen wären.

Nach und nach zeigt sich dann jedoch, dass die erhoffte Rentabilität der Investitionen ausbleibt. Die ursprüngliche Kalkulation geht nicht auf. Entweder bleibt die Nachfrage nach den neuen Produkten aus. Oder die Erzeugnisse können nicht zum erhofften Absatzpreis verkauft werden. Oder die Produktion wird teurer als gedacht. Die Unternehmen schränken daraufhin ihre Produktion ein. Die Arbeitslo-sigkeit steigt.

Damit der auf Pump finanzierte Aufschwung nicht zusammenbricht, sorgen die Zentralbanken für ein fortgesetztes Anschwellen der Kredit- und Geldmengen bei immer niedrigen Zinsen. Doch je länger der Boom andauert, desto größer fallen auch die Kapitalfehllenkung und der Korrekturbedarf in der Produktions- und Beschäftigungsstruktur aus. Der Bust, wenn er eintritt, ist die Bereinigung der im Boom aufgelaufenen Fehlent-wicklungen. Kurzum: Der Boom ist das Problem, nicht der Bust.


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Quelle: Thomson Financial



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