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Viel Geld, wenig Gold

15.02.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Abb. 3 zeigt die Entwicklung der US-Geldmenge zusammen mit der weltweiten Goldmengenproduktion von 1900 bis 2018. In dieser Zeit ist die US-Geldmenge um 6,4 Prozent pro Jahr gewachsen, die Goldproduktion hat hingegen nur um 1,8 Prozent pro Jahr zugelegt (hier jeweils berechnet als stetige Verzinsungsrate). Der große Unterschied zwischen den Wachstumsraten erklärt natürlich, warum sich die beiden Zeitreihen über Betrachtungsperiode so stark auseinanderentwickelt haben.

(Übrigens: In vielen anderen Währungsräumen der Welt würde sich vermutlich eine noch stärkere Spreizung zwischen Geldmengenund Goldproduktionsentwicklung zeigen.) Dieser Befund führt zur Frage: Welche Beziehung besteht zwischen Goldpreis, Geldmenge und Gold(-neu-)produktion?


Eine Frage der Knappheit

Eine der bekanntesten "Daumenregeln" in der Volkswirtschaftslehre (die allerdings leider immer wieder von "modernen Volkswirten" infrage gestellt wird) lautet: Je größer die Geldmenge, desto höher fallen die Güterpreise aus". Man kann es auch anders sagen: Je höher das Geldmengenwachstum ist, desto stärker steigen auch die Güterpreise, beziehungsweise desto höher fällt die Preisinflation aus. Der US-amerikanische Ökonom Milton Friedman (1912 - 2006) hat diese Einsicht prägnant auf den folgenden Satz verkürzt: Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen.


Ein paar Worte zur Knappheit

Alles menschliche Handeln findet unter Knappheit statt: Wir leben als Menschheit nun einmal nicht im Schlaraffenland. Konkret gesprochen: Menschen handeln unter Knappheit allein schon allein deswegen, weil das menschliche Handeln Zeit erfordert. Es gibt kein Handeln, das zeitlos abläuft. Und das eine zu tun, bedeutet auf das andere zu verzichten. Der handelnde Mensch stößt in seiner Lebenswirklichkeit auf eine Vielzahl von Knappheiten: Beispielsweise findet so mancher das Geld, das er im Portemaine hat, knapp bemessen; oder man stellt fest, dass die Sitzmöglichkeiten im Linienbus knapp bemessen sind.

Was knapp ist, sind die Mittel, die Güter. Die muss man als handelnder Menschen einsetzen, um seine Ziele zu erreichen: Man muss essen, um seinen Hunger zu stillen; oder seine Stimmbänder einsetzen, um miteinander zu sprechen. Die Mittel sind denknotwendigerweise knapp: Ein jedes Mittel kann nur ein begrenztes Maß an erwünschter Wirkung leisten. Würden die Mittel einen unbegrenzten Beitrag zur Zielerreichung leisten, wären sie nicht knapp - und dann wären sie keine Güter, die man bewirtschaften müsste. (Der Begriff "knappe Güter" ist daher auch eine inhaltliche Wiederholung, eine Tautologie.)

Ob ein Gut knapp ist oder nicht, hängt aber nicht von seiner mengenmäßigen Verfügbarkeit per se ab, sondern vielmehr vom Zusammenspiel zwischen Nachfrage und Angebot. Zum Beispiel hat die Menge des Goldes in den letzten Jahrzehnten weitaus weniger stark zugenommen als die Menge des ungedeckten Papiergeldes, und das hat sich, quasi wie in einem Lehrbuchbeispiel, in einem trendmäßigen Anstieg des Goldpreises, ausgedrückt in Einheiten des ungedeckten Papiergeldes, niedergeschlagen. (1)

Dabei ist allerdings zu beachten, dass in der Vergangenheit die Goldnachfrage nicht allein von monetären Motiven geprägt war. Gold wurde (und wird) auch für zum Beispiel Schmuck- und Industrieverwendungen nachgefragt. Es ist zudem zu vermuten, dass die Beweggründe, Gold aufgrund von Geldzwecken nachzufragen, heutzutage weniger stark ausgeprägt ist als noch in den 1970er und frühen 1980er Jahren. Denn das ungedeckte Papiergeld - ob US-Dollar, Euro oder chinesischer Renminbi - erfüllt aus Sicht der meisten Geldnachfrager die Geldfunktion(en) immer noch relativ gut beziehungsweise am besten.

Welche Wirkung hätte ein Wiedererstarken der Goldnachfrage zu Geldzwecken (und hier insbesondere aufgrund des Wertaufbewahrungsmotivs)? Die Antwort hängt nicht nur von der Nachfrage-, sondern auch von der Angebotsentwicklung ab. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Goldförderung bei steigendem Goldpreis zunimmt und so dem Preisauftrieb des Goldes entgegenwirkt. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass keine systematische Erhöhung der Trendwachstumsrate der Goldförderung zu beobachten war - auch nicht zu Zeiten des Goldgeldes.

Weiterhin ist denkbar, dass bei einer steigenden Goldnachfrage und steigenden Goldpreisen diejenigen Goldbestände, die bislang nicht zu monetären Zwecken gehalten wurden (Schmuck und Industrieanwendungen), umgewidmet und der monetären Goldnachfrage zugänglich gemacht werden. Das würde ebenfalls einem Goldpreisanstieg entgegenwirken.

In einer Phase, in der das Vertrauen in das ungedeckte Papiergeld abnimmt, ist es jedoch wahrscheinlich, dass der Preis des Goldes, ausgedrückt in ungedecktem Papiergeldeinheiten, anzieht, mitunter sehr stark steigt. Denn dann würde sich offenbaren, dass das Gold - in Relation zum ausstehenden Finanzvermögen, das in ungedecktem Papiergeld denominiert ist - ein sehr knappes Gut ist.

(1) An dieser Stelle ist natürlich zu beachten, dass bis Anfang der 1970er Jahre der Goldpreis in US-Dollar gerechnet fixiert war: Der US-Dollar war Ausdruck einer bestimmten Feingeldmenge (zuletzt entsprachen 35 US-Dollar einer Feinunze Gold).


Welche (Langfrist-)Beziehung zwischen Goldpreis und Geldmenge wäre zu erwarten? Natürlich eine positive: Nimmt die Geldmenge zu, steigen tendenziell auch die Güterpreise, einschließlich des Goldpreises. Dieser Befund zeigt sich auch unmissverständlich in einer Betrachtung der historischen Daten (Abb. 4). In dieser Darstellung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Goldpreis bis in die frühen 1970er Jahren "fixiert" war, sich also nicht frei gegenüber dem US-Dollar am Markt bilden konnte.

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Quelle: Thomson Financial; Federal Reserve of St. Louis. Logarithmierter Maßstab.



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