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Die Umwertung aller Werte

01.03.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
Die "Tugend" des Sparens wird entmutigt, weil von der Zentralbank das Hier und Heute wichtiger, das Künftige unwichtiger "gemacht" wird. Sparen lohnt sich nicht mehr, wenn man keinen attraktiven Zins mehr bekommt. Es ist vergnüglicher, das Einkommen zu konsumieren. Die Altersvorsorge bleibt auf der Strecke, und die Menschen werden nach Ende ihrer Erwerbstätigkeit zusehends abhängig von staatlichen Zuwendungen. Das wiederum stärkt den öffentlichen Zuspruch zu einem (finanziell) starken Staat, etwas, was notwendigerweise zu Lasten privater und unternehmerischer Freiheiten geht.

Die Niedrig- beziehungsweise Negativzinspolitik verändert - direkt oder indirekt - das Handeln der Menschen, beeinflusst ihre Ziele, Wünsche und Entscheidungen. In der individuellen Lebensgestaltung nimmt beispielsweise die Bedeutung der Familie ab: Die empfundenen Kosten für das Aufziehen von Kindern - im Sinne eines gegenwärtigen Konsumverzichts - nehmen zu. Zudem ermutigt der Niedrigzins auch das Leben auf Pump - das zeitliche Vorziehen von Zukunftskonsum gehört zusehends zum guten Ton, verbunden mit Überkonsum sowie der moralischen Akzeptanz von "Dauerschuldnerei".

Der künstlich gedrückte Zins und die dadurch steigende Gegenwartsorientierung der Menschen (die zu Lasten ihrer Zukunftsorientierung geht) sorgen zudem dafür, dass sich das gesellschaftliche Leben zusehends politisiert. Beispielsweise steigt bei einer wachsenden Gegenwartsorientierung die Bereitschaft, auf politische Zwangsmaßnahmen zu setzen, um wünschenswerte Ziele (wie zum Beispiel Wachstums- und Umweltschutzziele) möglichst rasch zu erreichen. Die dabei entstehenden Kosten (in Form von Einbußen in der künftigen Güterversorgung) werden zu gering bewertet.

Die Zentralbanken verursachen mit ihrer Niedrig- und Negativzinspolitik eine kollektive Selbsttäuschung: Die Menschen werden über die tatsächlichen Knappheitsbedingungen in die Irre geführt, so dass ihre Spar-, Investitions- und Konsumentscheidungen ihren eigentlichen Wünschen nicht mehr Rechnung tragen. Die Umwertung der Werte, für die die Zentralbanken sorgen, erfasst also nicht nur die Marktpreise der Güter. Die Güterpreiseffekte sind lediglich Symptom einer tieferen Ursache: dass nämlich der Niedrigzins das gesamte Wertgefüge der Menschen - und damit ihre gesamte Lebenskultur - umwertet.


Niedrigzinsfalle

Nachdem die Niedrig- und Negativzinspolitik der Zentralbanken schon viele Jahre verfolgt worden ist - und dadurch die Wert- und Preisstruktur der Volkswirtschaften nachhaltig verändert hat -, wird man sich nicht so ohne Weiteres von ihr abkehren wollen: Zu groß ist die Abhängigkeit der Produktions- und Beschäftigungsstruktur vom Fortbestand der niedrigen Zinsen geworden; zu wenig ausgeprägt ist der Wunsch, zu höheren Zinsen "zurückzukehren" - allein schon deshalb, weil die Menschen sich an eine Dauerschuldnerei gewöhnt haben.

Vor allem angesichts der mittlerweile sehr hohen Schuldenlasten ist es unwahrscheinlich geworden, dass die Zentralbanken die Zinsen wieder auf "normale" Niveaus anheben werden (siehe Abb. 6).

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Quelle: Thomson Financials. (1) Gesamte öffentliche Schulden in Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt).


Die Volkswirtschaften befinden sich in der Niedrigzinsfalle. Sparer erleiden Verluste: Sie bekommen keinen Zins mehr auf Bankguthaben, werden für die laufende Inflation nicht mehr entschädigt. Mit den klassischen Zinsprodukten ist daher kein Kaufkrafterhalt mehr möglich. Eine mögliche Alternative zum ungedeckten Papiergeld ist das Halten von Gold. Langfristig gesehen hat das Gold seine Kaufkraft nicht nur erhalten, sondern sogar vermehrt (siehe dazu den Artikel auf er folgenden Seite).

Die Umwertung aller Werte hat nun aber das Gold ebenfalls erfasst - allerdings in einer für den Goldhalter erfreulichen Weise: Im Umfeld von Null- beziehungsweise Negativzinsen hat die Attraktivität von Gold relativ zum ungedeckten Papiergeld wieder deutlich zugenommen. Die Aussicht, dass die Volkswirtschaften sich so bald nicht aus der Niedrigzinsfalle herausarbeiten, spielt der Goldnachfrage und dem Goldpreis in die Hände. Man kann mit guten Gründen die Erwartung formulieren: Die Umwertung aller Werte führt zu einer Aufwertung des Goldes.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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