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Die Lockdown-Krise endet, der Ausnahmezustand bleibt - Warum Sie auf Gold und Silber setzen sollten

05.06.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Im Euroraum bahnt sich ein weiteres Drama an: Ein 750 Mrd. Euro schwerer "Wiederaufbaufonds" soll aufgestellt werden. Damit würde neben dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) aus dem Jahr 2012 und dem berühmt berüchtigten "Target-2-Mechanismus" ein weiteres Vehikel zur Umverteilung von nationalen Steuergeldern quasi durch die Hintertür lanciert. Es ist letztlich der Weg in die Schuldenvergemeinschaftung, der im Euroraum eingeschlagen wird.

Das mag zwar in der kurzen Frist helfen, die Bruchstellen des Euro-Währungsprojektes zu kitten. Aber langfristig wird es sich rächen: Streit und Zank zwischen den Euro-Teilnehmerländern - den Gebern und den Nehmern - werden zunehmen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt abnehmen, weil den besser wirtschaftenden Ländern die Mittel genommen und damit die weniger gut wirtschaftende Länder subventioniert werden.

Die Geldpolitik der EZB gerät immer stärker in Konflikt mit der nationalen Gesetzgebung. Beispiel hat das Bundesverfassungsgericht am 5. Mai 2020 geurteilt, Bundesregierung und Bundestag hätten es unterlassen, dagegen vorzugehen, dass die EZB bei ihrer Entscheidung, Staatsanleihen aufzukaufen (im Zuge des "Public Sector Purchase Programme" oder kurz "PSPP") weder geprüft noch dargelegt zu haben, dass diese Politik "verhältnismäßig" ist. Der EZB hält das Gericht vor, die Auswirkungen ihrer Anleihekäufe nicht nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten abgewogen zu haben.

Zudem hatte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) vom Dezember 2018 zum Kaufprogramm der EZB für willkürlich erklärt und damit für das Bundesverfassungsgericht als nicht bindend; der EuGH hatte das EZB-Programm in allen Punkten gebilligt. Damit grenzt das oberste deutsche Gericht den Handlungsspielraum der EZB ein und stellt zudem klar, dass die EU-Rechtsprechung nicht über der nationalen Rechtsprechung steht. Lässt sich unter diesen Umständen der Euro dauerhaft "retten"?


Jede dunkle Nacht hat ein helles Ende

Die Rettungsprogramme der Regierungen, vor allem die Markteingriffe der Zentralbanken, halten das System liquide. Banken werden durchfinanziert, erhalten jederzeit Kredit von den Zentralbanken in der gewünschten Höhe. Auch Investoren können versichert sein, dass sie für risikobehaftete Papiere in der Zentralbank einen Käufer finden. Das reicht aus, die Wertpapierkursen auf den Kredit- und Aktienmärkten hochzuhalten, sie vor dem Einbruch zu bewahren, und die Konjunkturerholung kann wieder Fuß fassen.

Die Weltwirtschaft wird die "Lockdown-Krise" überwinden. Aber sie kehrt nicht zur Normalität zurück, sondern gleitet stärker denn je in den Ausnahmezustand ab: Fortan werden staatliche Eingriffe in Form von Geld- und Fiskalpolitik maßgeblich über das Wohl und Wehe der Konjunkturen und der Finanzmärkte bestimmen. Die Volkswirtschaften büßen damit einen wichtigen Kompass ein: Das System der freien Märkte wird zusehends ersetzt durch das System der kontrollierten, der gehemmten Märkte. Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung ergeben sich drei grundsätzliche Konjunkturszenarien:

Szenario 1. - Den großen Volkswirtschaften der Welt gelingt es, sich relativ rasch aus dem Lockdown zu befreien und die Produktion wieder in Gang zu setzen. Das setzt beispielsweise voraus, dass der Kapitalverlust der Firmen relativ begrenzt geblieben ist; dass die Struktur der Güternachfrage mehr oder weniger zu ihrer Vorkrisengestalt zurückkehrt; und dass weitere Störfaktoren, die die Erholungsphase belasten könnten, ausbleiben. Unter diesen Bedingungen wäre eine steile V-förmige Erholung der Wirtschaftsleistung wahrscheinlich.

Szenario 2. - Die Kapitalverluste der Unternehmungen erweisen sich als merklich und dauerhaft und die Verschuldung in den Bilanzen ist krisenbedingt kräftig gewachsen. Zudem hat sich die Güternachfrage gegenüber der Vorkrisenzeit geändert. Das wird Anpassungszeit in den Volkswirtschaften in Anspruch nehmen. Die konjunkturelle Erholung setzt zwar ein, vollzieht sich aber relativ langsam, so dass es einige Zeit dauern wird, bis die Wirtschaftsleistung, die vor Ausbruch der Krise beobachtbar war, wieder erreicht wird. Mit einer relativ flachen V-förmigen Erholung wäre hier zu rechnen.

Szenario 3. - Die Produktionsleistung der Volkswirtschaften ist stark beeinträchtigt. Es rechnet sich für viele Unternehmen nicht, ihren Output zu normalisieren, weil die Nachfrage ausbleibt. Die Volkswirtschaften bleiben zunächst in Stagnation, die Arbeitslosigkeit baut sich nicht ab. Die Staaten greifen ein mit weitreichenden Markteingriffen, verhindern dadurch aber eine Marktbereinigung, die einem unternehmerischen Neuanfang entgegenwirkt. Der wahrscheinliche Pfad eines solchen Konjunkturszenarios verliefe gemäß einer ausgedehnten U-förmigen Erholung.

Abb. 2 zeigt die Konjunkturpfade und die damit verbundenen Preisinflationsszenarien. Die Preisinflation fällt umso geringer aus, je schneller die Volkswirtschaften sich wieder erholen: Die Notwendigkeit nimmt ab, die Geldmengen stärker auszuweiten, und ein zunehmendes Güterangebot mindert den Preisinflationseffekt, der aus dem bereits entstandenen Geldmengenüberhang erwächst. Entsprechend preisinflationär wäre eine langsame, schleppende Erholung. Wir halten einen Erholungspfad der Weltwirtschaft für wahrscheinlich, der "das Mittel" aus Fall 2 und 3 repräsentiert (siehe Artikelende).

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Quelle: Darstellung Degussa.



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