Was zählt ist die Liquidität des physischen Goldes
01.02.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das Handelsvolumen im weltweiten Goldmarkt ist sehr groß: In 2020 belief es sich tagesdurchschnittlich auf knapp 183 Mrd. US-Dollar. Ein beträchtlicher Anteil davon entfällt allerdings auf "Papiergold". Es gibt gute Gründe für Anleger, auf physisches Gold zu setzen.
"Der Schein ist ein gefährlicher Betrüger. Gerade wenn du glaubst mit ernsten und hohen Dingen beschäftigt zu sein, übt er am meisten seine täuschende Gewalt." - Mark Aurel
Was Liquidität auszeichnet
Wer sich mit Börse und Finanzmärkten beschäftigt, dem begegnet häufig das Wort "Liquidität". Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was es bedeutet. Es wird gesagt, die Zentralbanken "schaffen Liquidität". Damit ist gemeint, dass sie die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausweiten, und dass dadurch genügend Geld bereitgestellt wird, um Konsum und Investitionen anzutreiben. Neben dieser volkswirtschaftlichen Deutung des Wortes Liquidität gibt es auch eine andere, für den Anleger unmittelbar relevante Interpretation:
Nämlich Liquidität verstanden als die Möglichkeit, in einem Markt ein Gut problemlos kaufen oder verkaufen zu können. Ein Markt für, sagen wir Aktien, ist liquide, wenn man jederzeit während der (offiziellen) Handelszeiten, Aktien kaufen beziehungsweise verkaufen kann. Ein liquider Markt zeichnet sich weiterhin auch dadurch aus, dass man eine große Anzahl von Aktien einer ausstehenden Emission zu einem Zeitpunkt kaufen oder verkaufen kann, ohne dass sich dadurch der Aktienkurs maßgeblich verändert.
Und noch etwas: Ein liquider Markt ist nicht zuletzt auch dadurch gekennzeichnet, dass Ankauf- und Verkaufskurs (das heißt Geld- und Briefkurs, englisch: "Ask" und "Bid") recht eng beieinander liegen. Denn das ermöglicht es, dass die Marktakteure schon bei relativ kleinen Preisveränderungen der Aktie (oder der Anleihe, oder was auch immer gehandelt wird) auf Gewinnmöglichkeiten hoffen können. Die Faustformel lautet hier: Je enger die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs ist, desto höher ist die Liquidität im Markt.
Die Liquidität eines Marktes ist nun aber keine Konstante. Beispielsweise kann der Markt für Staatsanleihen in "normalen Zeiten" sehr liquide sein: Man kann also jederzeit während der Handelszeit große Volumina handeln, ohne dass sich dadurch der Anleihekurs sichtlich beeinflusst wird.
In Panikphasen hingegen kann die Liquidität zurückgehen oder ganz austrocknen. Im Extremfall finden sich plötzlich keine Käufer mehr, selbst wenn die Schuldpapiere zu stark verringerten Kursen angeboten werden.
Wie man Liquidität messen kann
Häufig wird die Liquidität anhand von Handelsvolumina illustriert. Abb. 1 zeigt die täglichen weltweiten Umsätze für Anleihen, Aktien, Wechselkurse und Gold in Mrd. US-Dollar per Dezember 2019, wie sie vom World Gold Council verfügbar gemacht werden. Wie zu erkennen ist, war das größte Handelsvolumen bei kurzlaufenden US-Staatsanleihen zu beobachten mit einem Umsatz von 149,70 Mrd. US-Dollar pro Tag, gefolgt von den im Aktienmarktindex S&P 500 enthaltenen Papieren mit 149,20 Mrd. US-Dollar, und an dritter Stelle - was vermutlich viele Leser und Leserinnen erstaunen wird - das Gold mit 145,50 Mrd. US-Dollar. Ein gewaltiger Betrag, der tagtäglich im Goldmarkt umgesetzt wurde!
Bei einem durchschnittlichen Goldpreis von 1.382 USD/oz im Jahr 2019 entsprach das einer Handelsmenge von etwa 105,3 Millionen Feinunzen oder 2.985 Tonnen pro Tag - und belief sich damit auf 84 Prozent der gesamten weltweiten Goldminenproduktion in dem Jahr! Nun mag man einwenden, dass der bisher geförderte Weltgoldbestand von 197.576 Tonnen (Ende 2019), bewertet zu aktuellen Goldmarktpreisen, bei derzeit knapp 12 Billionen US-Dollar liegt; und dass es folglich nicht verwunderlich ist, dass der Goldmarkt ein derart hohes Handelsvolumen aufweist. Dazu ein paar wenige Vergleichszahlen.
Für das Jahr 2020 betrug das tagesdurchschnittliche Goldhandelsvolumen 182,75 Mrd. USD. Das entsprach etwa 88 Prozent des (von uns geschätzten) Goldminenausstoßes im gleichen Jahr. Ins Verhältnis gesetzt zum gesamten oberirdischen Goldbestand, lag das tagesdurchschnittliche Goldhandelsvolumen in 2020 bei 1,53 Prozent; rechnet man die Goldbestände der Zentralbanken und anderer öffentlichen Stellen heraus (weil, abgesehen von Goldleihegeschäften, sie nicht gehandelt werden), beträgt das Verhältnis 1,84 Prozent. Das heißt, dass der Goldbestand auf das Jahr hochgerechnet schätzungsweise zwischen fünf und sechs Mal im Jahr umgeschlagen wurde.
Um diesen Befund einordnen zu können, sei wiederum ein Vergleich angestellt. Abb. 2 zeigt die durchschnittliche Haltedauer von US-Aktien in Jahren von 1930 bis 2020. Gegen Ende der 1950er Jahre betrug die Haltedauer noch etwa acht Jahre. Mit anderen Worten: Etwa 1/8 der Aktien wechselte pro Jahr den Besitzer. Im Juni 2020 betrug die Haltedauer nur noch 5½ Monate - demnach wechselt der Aktienbestand mittlerweile 2,2 Mal pro Jahr den Besitzer. Wenn der gesamte Goldbestand fünf bis sechs Mal pro Jahr den Besitzer wechselt, dann heißt das, dass die Haltedauer des Goldbestandes bei nur etwa 2 bis 2,4 Monaten liegt - so gesehen sind die Handelsvolumina im Goldmarkt als sehr hoch einzustufen!
"Der Schein ist ein gefährlicher Betrüger. Gerade wenn du glaubst mit ernsten und hohen Dingen beschäftigt zu sein, übt er am meisten seine täuschende Gewalt." - Mark Aurel
Was Liquidität auszeichnet
Wer sich mit Börse und Finanzmärkten beschäftigt, dem begegnet häufig das Wort "Liquidität". Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was es bedeutet. Es wird gesagt, die Zentralbanken "schaffen Liquidität". Damit ist gemeint, dass sie die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausweiten, und dass dadurch genügend Geld bereitgestellt wird, um Konsum und Investitionen anzutreiben. Neben dieser volkswirtschaftlichen Deutung des Wortes Liquidität gibt es auch eine andere, für den Anleger unmittelbar relevante Interpretation:
Nämlich Liquidität verstanden als die Möglichkeit, in einem Markt ein Gut problemlos kaufen oder verkaufen zu können. Ein Markt für, sagen wir Aktien, ist liquide, wenn man jederzeit während der (offiziellen) Handelszeiten, Aktien kaufen beziehungsweise verkaufen kann. Ein liquider Markt zeichnet sich weiterhin auch dadurch aus, dass man eine große Anzahl von Aktien einer ausstehenden Emission zu einem Zeitpunkt kaufen oder verkaufen kann, ohne dass sich dadurch der Aktienkurs maßgeblich verändert.
Und noch etwas: Ein liquider Markt ist nicht zuletzt auch dadurch gekennzeichnet, dass Ankauf- und Verkaufskurs (das heißt Geld- und Briefkurs, englisch: "Ask" und "Bid") recht eng beieinander liegen. Denn das ermöglicht es, dass die Marktakteure schon bei relativ kleinen Preisveränderungen der Aktie (oder der Anleihe, oder was auch immer gehandelt wird) auf Gewinnmöglichkeiten hoffen können. Die Faustformel lautet hier: Je enger die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs ist, desto höher ist die Liquidität im Markt.
Die Liquidität eines Marktes ist nun aber keine Konstante. Beispielsweise kann der Markt für Staatsanleihen in "normalen Zeiten" sehr liquide sein: Man kann also jederzeit während der Handelszeit große Volumina handeln, ohne dass sich dadurch der Anleihekurs sichtlich beeinflusst wird.
In Panikphasen hingegen kann die Liquidität zurückgehen oder ganz austrocknen. Im Extremfall finden sich plötzlich keine Käufer mehr, selbst wenn die Schuldpapiere zu stark verringerten Kursen angeboten werden.
Wie man Liquidität messen kann
Häufig wird die Liquidität anhand von Handelsvolumina illustriert. Abb. 1 zeigt die täglichen weltweiten Umsätze für Anleihen, Aktien, Wechselkurse und Gold in Mrd. US-Dollar per Dezember 2019, wie sie vom World Gold Council verfügbar gemacht werden. Wie zu erkennen ist, war das größte Handelsvolumen bei kurzlaufenden US-Staatsanleihen zu beobachten mit einem Umsatz von 149,70 Mrd. US-Dollar pro Tag, gefolgt von den im Aktienmarktindex S&P 500 enthaltenen Papieren mit 149,20 Mrd. US-Dollar, und an dritter Stelle - was vermutlich viele Leser und Leserinnen erstaunen wird - das Gold mit 145,50 Mrd. US-Dollar. Ein gewaltiger Betrag, der tagtäglich im Goldmarkt umgesetzt wurde!
Quelle: World Gold Council.
Bei einem durchschnittlichen Goldpreis von 1.382 USD/oz im Jahr 2019 entsprach das einer Handelsmenge von etwa 105,3 Millionen Feinunzen oder 2.985 Tonnen pro Tag - und belief sich damit auf 84 Prozent der gesamten weltweiten Goldminenproduktion in dem Jahr! Nun mag man einwenden, dass der bisher geförderte Weltgoldbestand von 197.576 Tonnen (Ende 2019), bewertet zu aktuellen Goldmarktpreisen, bei derzeit knapp 12 Billionen US-Dollar liegt; und dass es folglich nicht verwunderlich ist, dass der Goldmarkt ein derart hohes Handelsvolumen aufweist. Dazu ein paar wenige Vergleichszahlen.
Für das Jahr 2020 betrug das tagesdurchschnittliche Goldhandelsvolumen 182,75 Mrd. USD. Das entsprach etwa 88 Prozent des (von uns geschätzten) Goldminenausstoßes im gleichen Jahr. Ins Verhältnis gesetzt zum gesamten oberirdischen Goldbestand, lag das tagesdurchschnittliche Goldhandelsvolumen in 2020 bei 1,53 Prozent; rechnet man die Goldbestände der Zentralbanken und anderer öffentlichen Stellen heraus (weil, abgesehen von Goldleihegeschäften, sie nicht gehandelt werden), beträgt das Verhältnis 1,84 Prozent. Das heißt, dass der Goldbestand auf das Jahr hochgerechnet schätzungsweise zwischen fünf und sechs Mal im Jahr umgeschlagen wurde.
Um diesen Befund einordnen zu können, sei wiederum ein Vergleich angestellt. Abb. 2 zeigt die durchschnittliche Haltedauer von US-Aktien in Jahren von 1930 bis 2020. Gegen Ende der 1950er Jahre betrug die Haltedauer noch etwa acht Jahre. Mit anderen Worten: Etwa 1/8 der Aktien wechselte pro Jahr den Besitzer. Im Juni 2020 betrug die Haltedauer nur noch 5½ Monate - demnach wechselt der Aktienbestand mittlerweile 2,2 Mal pro Jahr den Besitzer. Wenn der gesamte Goldbestand fünf bis sechs Mal pro Jahr den Besitzer wechselt, dann heißt das, dass die Haltedauer des Goldbestandes bei nur etwa 2 bis 2,4 Monaten liegt - so gesehen sind die Handelsvolumina im Goldmarkt als sehr hoch einzustufen!