Wie das Fiat-Geldsystem uns in den Sozialismus treibt
26.02.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das Zurückdrängen des freien Marktsystems, die Semi-Verstaatlichung von Wirtschaft und Gesellschaft ist die leidvolle Konsequenz des Fiat-Geldsystems. Den Anleger stellt das vor besondere Herausforderungen.
Die Macht des Zinses
In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe von 0,54 Prozent Ende Juli 2020 auf nunmehr 1,35 Prozent gestiegen (Abb. 1). Das ging einher mit einem Rückgang des Goldpreises. Er fiel von seinem Rekordstand am 5. August von gut 2.047 USD/oz auf etwa 1.800 USD/oz. Die Erklärung dafür lautet: Der steigende Zins hat die Goldhaltung verteuert: Wer Gold hält, erzielt keine Zinsen, die er alternativ durch das Halten von zinstragenden Papieren erzielen könnte.
Während fallende Zinsen die Kosten der Goldhaltung verringern und die Goldnachfrage und damit tendenziell auch den Goldpreis in die Höhe treiben, bewirken steigende Zinsen das Gegenteil: abnehmende Goldnachfrage und nachgebender Goldpreis.
Für den Anleger stellen sich nun wichtige Fragen: Ist das die “Zinswende”? Ist damit zu rechnen, dass die Zinsen noch weiter ansteigen, dass sie wieder “normale” Niveaus annehmen, dass sie vielleicht stärker steigen, als sich es viele Investoren derzeit vorstellen wollen? Auf den ersten Blick sprechen eine Reihe von Gründen dafür, diese Fragen zu bejahen. So steigt etwa die Wahrscheinlichkeit, dass die Konjunkturkrise, ausgelöst durch den politisch diktierten Lockdown, bald überwunden sein wird.
Auch spricht für steigende Zinsen, dass die Verschuldung von Staat und Privatwirtschaft gewaltig ansteigt. Angesichts der dadurch verschlechterten Kreditqualität wäre eigentlich zu erwarten, dass Kreditgeber ihren Schuldnern einen höheren Zins in Rechnung stellen.
Vor allem aber ist auch mit Preisauftrieb zu rechnen: Die US-Zentralbank (Fed) hat die Geldmenge drastisch ausgeweitet. Das spricht dafür, dass die Güterpreise - ob nun in Form von Konsumgüter- und/oder Vermögensgüterpreisen - in die Höhe steigen, dass mit Inflation zu rechnen ist. Dass das neu geschaffene Geld nachfragewirksam eingesetzt wird und, weil es auf ein vermindertes Güterangebot trifft, sich in steigenden Preisen entladen wird, liegt auf der Hand.
All diese Faktoren, die auf den Zinsmarkt wirken, sind übrigens nicht auf die USA beschränkt. Sie wirken auch in vielen anderen Ländern der westlichen Welt. Auch hier haben schließlich die Staaten und ihre Zentralbanken zur gleichen Politik gegriffen: Ausweitung der Schulden und Vermehrung der Geldmengen.
Die Anatomie des Zinses
Um das künftige Zinsmarktgeschehen besser einschätzen zu können, bietet es sich an, zunächst einen Blick auf die Entwicklung der Zinsen in den letzten Jahrzehnten zu werfen. Abb. 2 zeigt die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen sowie den Fed-Leitzins in Prozent von 1972 bis Februar 2021. Drei Dinge stechen hervor. Erstens: Die Zinsen befinden sich seit Anfang der 1980er Jahre in einem Abwärtstrend. Zweitens: Zwischen Leitzins und Langfristzins besteht ein positiver und recht enger Verbund. Drittens: Die Schwankungen des Leitzinses waren deutlich stärker ausgeprägt als die des Langfristzinses.
Das alles ist nicht zufällig. Es steht vielmehr in unmittelbarer Verbindung zur Funktionsweise des Geld- und Kreditsystems, das man wohl am besten als ein ungedecktes Geldsystem, als ein Fiat-Geldsystem bezeichnen kann.
In einem Fiat-Geldsystem wird per Kreditvergabe neues Geld in Umlauf gebracht: Immer dann, wenn die Zentralbank und/oder die Geschäftsbanken Kredite ausreichen, erhöhen sie dadurch die Geldmenge. Es handelt sich hierbei um "Geldschaffen aus dem Nichts". Eine Folge sind Wirtschaftsstörungen. Anfänglich sorgt die Ausgabe von neuem, per Kredit produziertem Geld für einen (künstlichen) Konjunkturaufschwung (“Boom”). Der ist jedoch von begrenzter Dauer, er schlägt früher oder später in einen Abschwung (“Bust”) um.
"In der Wahrheit findet man das Schöne." - Friedrich Schiller
Die Macht des Zinses
In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe von 0,54 Prozent Ende Juli 2020 auf nunmehr 1,35 Prozent gestiegen (Abb. 1). Das ging einher mit einem Rückgang des Goldpreises. Er fiel von seinem Rekordstand am 5. August von gut 2.047 USD/oz auf etwa 1.800 USD/oz. Die Erklärung dafür lautet: Der steigende Zins hat die Goldhaltung verteuert: Wer Gold hält, erzielt keine Zinsen, die er alternativ durch das Halten von zinstragenden Papieren erzielen könnte.
Während fallende Zinsen die Kosten der Goldhaltung verringern und die Goldnachfrage und damit tendenziell auch den Goldpreis in die Höhe treiben, bewirken steigende Zinsen das Gegenteil: abnehmende Goldnachfrage und nachgebender Goldpreis.
Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.
Für den Anleger stellen sich nun wichtige Fragen: Ist das die “Zinswende”? Ist damit zu rechnen, dass die Zinsen noch weiter ansteigen, dass sie wieder “normale” Niveaus annehmen, dass sie vielleicht stärker steigen, als sich es viele Investoren derzeit vorstellen wollen? Auf den ersten Blick sprechen eine Reihe von Gründen dafür, diese Fragen zu bejahen. So steigt etwa die Wahrscheinlichkeit, dass die Konjunkturkrise, ausgelöst durch den politisch diktierten Lockdown, bald überwunden sein wird.
Auch spricht für steigende Zinsen, dass die Verschuldung von Staat und Privatwirtschaft gewaltig ansteigt. Angesichts der dadurch verschlechterten Kreditqualität wäre eigentlich zu erwarten, dass Kreditgeber ihren Schuldnern einen höheren Zins in Rechnung stellen.
Vor allem aber ist auch mit Preisauftrieb zu rechnen: Die US-Zentralbank (Fed) hat die Geldmenge drastisch ausgeweitet. Das spricht dafür, dass die Güterpreise - ob nun in Form von Konsumgüter- und/oder Vermögensgüterpreisen - in die Höhe steigen, dass mit Inflation zu rechnen ist. Dass das neu geschaffene Geld nachfragewirksam eingesetzt wird und, weil es auf ein vermindertes Güterangebot trifft, sich in steigenden Preisen entladen wird, liegt auf der Hand.
All diese Faktoren, die auf den Zinsmarkt wirken, sind übrigens nicht auf die USA beschränkt. Sie wirken auch in vielen anderen Ländern der westlichen Welt. Auch hier haben schließlich die Staaten und ihre Zentralbanken zur gleichen Politik gegriffen: Ausweitung der Schulden und Vermehrung der Geldmengen.
Die Anatomie des Zinses
Um das künftige Zinsmarktgeschehen besser einschätzen zu können, bietet es sich an, zunächst einen Blick auf die Entwicklung der Zinsen in den letzten Jahrzehnten zu werfen. Abb. 2 zeigt die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen sowie den Fed-Leitzins in Prozent von 1972 bis Februar 2021. Drei Dinge stechen hervor. Erstens: Die Zinsen befinden sich seit Anfang der 1980er Jahre in einem Abwärtstrend. Zweitens: Zwischen Leitzins und Langfristzins besteht ein positiver und recht enger Verbund. Drittens: Die Schwankungen des Leitzinses waren deutlich stärker ausgeprägt als die des Langfristzinses.
Das alles ist nicht zufällig. Es steht vielmehr in unmittelbarer Verbindung zur Funktionsweise des Geld- und Kreditsystems, das man wohl am besten als ein ungedecktes Geldsystem, als ein Fiat-Geldsystem bezeichnen kann.
Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.
In einem Fiat-Geldsystem wird per Kreditvergabe neues Geld in Umlauf gebracht: Immer dann, wenn die Zentralbank und/oder die Geschäftsbanken Kredite ausreichen, erhöhen sie dadurch die Geldmenge. Es handelt sich hierbei um "Geldschaffen aus dem Nichts". Eine Folge sind Wirtschaftsstörungen. Anfänglich sorgt die Ausgabe von neuem, per Kredit produziertem Geld für einen (künstlichen) Konjunkturaufschwung (“Boom”). Der ist jedoch von begrenzter Dauer, er schlägt früher oder später in einen Abschwung (“Bust”) um.