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Es ist wie in Harry Potter: Die Wirkungen des Euro, die niemand auszusprechen wagt …

03.12.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Probleme, für die der Euro sorgt, befördern Politiken, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit unterspülen und aufheben. Der übergroße Euro-Bankenapparat erweist sich dabei als eine besonders belastende Hypothek.

"Time is short, and unless the few of us who know the truth do not stand united, there is no hope for any of us." - Albus Dumbledore


Wenn das Wachstum schwindet

In der weltbekannten Kinder- und Jugendromanreihe "Harry Potter", verfasst von der englischen Schriftstellerin Joanne K. Rowling, gibt es den bösen Lord Voldemort. Er ist der Antagonist des Helden Harry Potter. So sehr gefürchtet ist der finstere Magier Voldemort, dass kaum jemand seinen Namen auszusprechen wagt. Man redet über ihn indirekt, sagt "Du weißt wer" (You-know-Who), oder man sagt "Der, dessen Namen man nicht aussprechen darf" ("He Who Must Not Be Named").

In ganz ähnlicher Weise verhält es sich mit einem Phänomen, dass zumindest in Fachkreisen meist gar nicht gern an- und ausgesprochen wird: Gemeint ist der übergroße Bankenapparat im Euroraum und die Konsequenzen, die das hat. Um dieses Problem besser erkennen zu können, sei zunächst ein kurzer Blick auf die Wachstumsdynamik im Euroraum geworfen.

Die folgende Graphik (Abb. 1) zeigt die Wachstumsraten des realen Bruttoinlandsproduktes im Euroraum von 1961 bis 2020 (und Prognosezahlen für das Jahr 2021 und 2022). Eine Sache sticht sogleich hervor: Die Wachstumszahlen zeigen einen fallenden Trend im Zeitablauf. In der Zeit von 1961 bis 2020 betrug das jahresdurchschnittliche Wachstum 2,4 Prozent, in der Zeit 1961 bis 1998 lag es bei 3,2 Prozent, und in der Zeit 1999 bis 2020 bei nur noch 1,0 Prozent. Man könnte also sagen: Dem Euroraum geht das Wirtschaftswachstum aus.

Die Gründe für den Trend fallender Wachstumsraten sind vielfältig. Doch nicht sie sollen hier und im Folgenden diskutiert werden, vielmehr soll vor dem Hintergrund des nachlassenden Wachstums der Blick auf den Euro-Bankenapparat gelenkt werden.

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. Schätzungen für 2021 und 2022.


Abb. 2 (b) zeigt für die Zeit 1999 bis 2021 die Entwicklung der Bilanzsumme [1] der Euro-Geschäftsbanken und [2] der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie [3] der kombinierten Bilanzsumme von Geschäftsbanken und EZB. Die Bilanzsumme der Euro-Geschäftsbanken hat mit 37,4 Billionen Euro im Oktober 2021 einen Höchststand erreicht. Gleiches gilt auch für die EZB-Bilanzsumme mit gut 12 Billionen Euro. Zusammen beträgt also die Bilanz des Euro-Bankenapparates 49,4 Billionen Euro.

Nicht nur in absoluten Zahlen ist das ein "Riesending", sondern auch gemessen im Verhältnis zum Euro-Bruttoinlandsprodukt: Die Euro-Bankenbilanz belief sich im dritten Quartal 2021 auf etwa 407 Prozent. Zum Vergleich: Zur gleichen Zeit entsprach der US-Bankenapparat nur 132 Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes (Abb. 2 a).

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.


Seit Einführung des Euro betrug die durchschnittliche Wachstumsrate der Geschäftsbankbilanzen 4,2 Prozent pro Jahr - und war damit 1,6 Mal so hoch wie das nominale Wirtschaftswachstum in Höhe von jahresdurchschnittlich 2,6 Prozent. In der gleichen Zeit lag die Wachstumsrate der EZB-Bilanz sogar bei 9,9 Prozent. Diese Zahlen vermitteln unmissverständlich, dass der gesamte Euro-Bankenapparat seit Jahr und Tag deutlich schneller gewachsen ist, als die Güterproduktion zugelegt hat.

Das jedoch ist eine Konstellation, die sogleich die Frage aufwirft: Wie lange (noch) kann das Kredit- und Geldmengenwachstum (und das verbirgt sich im Wesentlichen hinter dem Anwachsen der Bankbilanzen) den Zuwachs der realen Güterproduktionsleistung übersteigen, ohne ein ernstes Kreditausfall- beziehungsweise Inflationsproblem heraufzubeschwören?



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