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Die Inflation, die Aktien und das Gold ...

17.12.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.


Investieren im 'Inflationsregime'

Die entscheidende Frage ist nun: Kann eine Phase negativer Realzinsen dauerhaft anhalten? In einem ungedeckten Geldsystem, in denen Zentralbanken das Monopol der Geldproduktion innehaben, können negative Realzinsen durchaus länger anhalten, als man zunächst glauben möchte. Ganz entscheidend dafür ist es, ob die Öffentlichkeit "mitspielt". Das wird dann der Fall sein, wenn die Höhe des negativen Realzinses von ihr als "noch akzeptabel" angesehen wird. Um aber das zu erreichen, muss die Zentralbank darauf bedacht sein, dass die Güterpreisinflation nicht "zu hoch" ausfällt, dass sie nicht aus dem Ruder gerät. Und genau hier liegt die besondere Gefahr.

Denn die Inflation ist schließlich ein politisches Instrument, das die Regierung und ihre Zentralbank einsetzen, um Einkommen und Vermögen gemäß politischen Wünschen umzuverteilen. Das gelingt aber nur dann, wenn die Inflation überraschend kommt, wenn sie höher ausfällt, als von den Marktakteuren erwartet; Inflation bewirkt eine Umverteilung durch die Täuschung, die mit ihr verbunden ist. Sobald die Marktakteure jedoch "aufwachen" und ihre Inflationserwartungen anheben, müssen die Regierung und ihre Zentralbank zu einer noch höheren Inflation greifen, um die politisch gewünschten Umverteilungswirkungen zu erzielen. Eine gefährliche Inflationsspirale beginnt sich zu drehen.

Was also werden die Zentralbanken tun? Eine restriktive Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks, die den Realzins wieder in den positiven Bereich bringt, ist derzeit wenig wahrscheinlich. Hingegen ist mit einigen "kosmetischen" geldpolitischen Kunstgriffen zu rechnen, die die Inflationserwartungen im Zaume halten sollen. So wird die US-Zentralbank vermutlich ihren Leitzins in 2022 anheben, ihn vermutlich in Richtung 1 Prozent lenken. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird weitaus zögerlicher sein, wird tendenziell ihre Leitzinsen unverändert lassen.

Kurzum: Es ist zu erwarten, dass die realen Zinsen in den bedeutendsten Kreditmärkten der Welt auch in 2022 im negativen Territorium verharren.

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.


Vor diesem Hintergrund liegt nahe, dass (1) die Inflation der Konsumgüterpreise vermutlich in den kommenden Jahren erhöht bleibt, also nicht mehr auf die 2-Prozenmarke zurückkehrt, die Kaufkraft von US-Dollar, Euro & Co folglich weiter herabgesetzt wird; dass (2) die Vermögenpreisinflation auf den Aktien- und Häusermärkten bis auf weiteres weitergehen wird. Wenngleich es auch übereilt erscheinen mag, schon jetzt aus den Aktienmärkten auszusteigen, sollte sich der Anleger dennoch der wachsenden Risiken für viele unternehmerische Geschäftsmodelle bewusst sein, die das anhaltende Inflations- und Negativzinsumfeld unweigerlich heraufbeschwört.

Wenn also die Zentralbanken fortan für eine höhere Inflation sorgen, so heißt das letztlich nichts anderes, als dass der Ausstieg aus dem 'Inflationsregime' immer schwieriger, immer problematischer wird. Je länger es anhält, desto größer wird die Abhängigkeit der Konjunktur und der Finanzmärkte von der Fortsetzung der Inflation; und desto größer werden auch die Fehlentwicklungen (Überkonsum und Kapitalfehlallokation), die der künstlich gesenkte Zins und die chronischen Preisverzerrungen schüren; und desto größer wird auch die Krise sein, die die aufgelaufenen Ungleichgewichte bereinigen wird. Der österreichische Ökonom Fritz Machlup (1902-1983) hat diese Einsichten wie folgt formuliert:

"Die Prosperität kann eine Zeitlang andauern. Sie dauert so lange, als es möglich ist, die Schaffung zusätzlicher Kaufkraft immer weiter fortzusetzen. Eines Tages muß es sich dann zeigen, daß es mit der Ausdehnung des Notenbankkredits nicht mehr weiter gehen kann, sei es dadurch, daß die Bevölkerung das sich entwertende Geld ablehnt, sei es, daß das Bewußtsein von der übermäßigen Inanspruchnahme von Kredit dem allzu großen Optimismus ein Ende setzt. Was dann nachfolgt, wissen alle. Es ist die Krise mit ihrer Katastrophenstimmung, mit den Verlusten, Schleuderverkäufen, Konkursen und dem Offenbarwerden einer furchtbaren Verarmung."

Vor diesem Hintergrund bedarf es vermutlich keiner gesonderten Erklärung, warum man als langfristig orientierter Anleger gut beraten ist, einen Teil seines Vermögens in physischem Gold (und Silber) zu halten.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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