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Ukraine-Krise: Frei nach Otto von Bismarck

16.03.2022  |  Vertrauliche Mitteilungen
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Hybride Kriegsführung

Durch den massiven Aufbau russischer Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze, die diplomatische Anerkennung von Teilen der Donbass-Regionen Donezk und Luhansk und den anschließenden Einmarsch russischer Truppen in letztlich die gesamte Ukraine fühlt sich eine Reihe von Beobachtern in ihrer Vermutung bestätigt, daß man im Kreml keine "herkömmliche“ kriegerische Auseinandersetzung anstrebt, sondern eine "hybride“ Form.

"Hybrid“ steht für eine - aus russischer Perspektive - "geschickte“ Kombination verschiedener Drohszenarien und militärischer Aktionen mit letztlich fast ins Leere laufenden westlichen Sanktionsmaßnahmen. Viele der Putin eng umgebenden russischen Geheimdienstspezialisten (im russischen Sprachgebrauch die Silowiki-Elite genannt) geben sich nach Informationen gut informierter Kreise jedenfalls weitgehend sicher, auf diese Weise die Ukraine-Frage in Russlands Sinn lösen zu können.

Anders als in den westlichen Metropolen ist man sich in der ukrainischen Hauptstadt Kiew über diese russische Option längst im Klaren. Weil dazu auch ein "diplomatisches Aushungern“ der derzeitigen Ukraine zählt, war und ist man in Kiew über die frühzeitige und weitgehende Evakuierung des westlichen Botschaftspersonals ebenso enttäuscht und verärgert wie über die teilweise frühe Einstellung des internationalen Flugverkehrs.

In Moskau weiß man zudem noch ganz genau, wie man in einem ehemaligen Ostblock-Land die entscheidenden Fäden zu ziehen hat. Hinter den Kulissen sind Putin und seine Helfer längst dabei, potentielle Moskau-treue Nachfolger für die aktuell pro-westlich orientierte ukrainische Regierung aufzubauen. Ist dieser Prozeß erst einmal hinreichend vorangeschritten, wird es für Putin ein Leichtes sein, diesen hybriden Krieg zu gewinnen, da sind sich viele Beobachter weitgehend einig. Entscheidend wird hierbei sein, daß die westlichen Staaten - insbesondere die europäischen - ihr Interesse an der Ukraine verlieren.

Und dies könnte schneller eintreten, als man heute im offiziellen Kiew auch nur denken mag. Denn mit seinem bisherigen Verhalten setzt Putin auch darauf, daß das westliche Interesse an Investitionen in der Ukraine drastisch abnehmen wird. Wenn westliche Investitionen ausbleiben und die ukrainische Bevölkerung genug von der russischen "Belagerung“ hat, da ist man sich in Moskau weitgehend sicher, wird es fast von selbst zum Zusammenbruch der pro-westlichen Regierung kommen und Russland wäre am Zug. Darauf bereitet man sich in Moskau schon jetzt vor.

Die bis dahin gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen werden das Land zwar schwächen, aber kaum in die Knie zwingen. Dafür sorgen schon die russischen Öl- und Gasvorkommen, die für den Westen zwar nicht unersetzbar, aber insbesondere angesichts der deutschen "Energie-Wende“ doch recht wichtig sind. Öl- und Gaslieferungen in den jetzt von Russland erhaltenen Größenordnungen könnten zwar mittelfristig durch Lieferungen anderer Herkunft ersetzt werden. Doch die dafür erforderlichen logistischen Änderungen brauchen ihre Zeit.

Und mißt man die Staatsschulden am jährlichen Bruttosozialprodukt, steht Russland mit einer Quote von etwa 15% schließlich weitaus besser da als seine westlichen Nachbarn, die längst die im Vertrag von Maastricht vereinbarte Grenze von 60% gerissen haben. Mit Devisenreserven von etwa 600 Mrd. US-Dollar, Auslandsschulden von vergleichsweise geringen 60 Mrd. Dollar und nicht unbedeutenden Goldreserven ist Russland auch in diesem Bereich solider finanziert als viele westliche Staaten.

Moskau kann deshalb manchen der angedrohten Sanktionsmaßnahmen recht gelassen entgegensehen. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß Russland auf einen hybriden Krieg gut vorbereitet ist - von den westlichen Staaten vermag man dies jedoch kaum ansatzweise zu behaupten.

Die gegenwärtige Konfrontation mit Russland könnte indes auch eine Chance in sich bergen, die von den westlichen Berichterstattern bisher kaum erwähnt wird. Sollte es bezüglich der Ukraine doch noch zu einer Einigung kommen (grob gesagt z.B. in Form einer Zusicherung, diese nicht der NATO einzuverleiben), dürfte Russland im Gegenzug zu einer größeren Distanz gegenüber der Volksrepublik China bereit sein.

Inzwischen raten die ersten Beobachter, diese Chance nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, denn im Falle zukünftiger Konfrontationen wäre mit einer chinesisch-russischen Front (die andernfalls droht) gewiß nicht zu spaßen.


© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4485



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