Warum Gold steigen wird: Das Finanzsystem hat sich verändert
05.04.2022 | Matt Piepenburg
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Doch wie jeder, der sich mit Waffen auskennt, weiß: Sobald entsichert wird, entstehen unvorhergesehen Risiken. Die vom Westen eingesetzten Finanzwaffen haben gefährliche Konsequenzen, doch kaum jemand, der sich den leitmedialen Einheitsbrei täglich einverleibt, weiß das.Fakt ist: Während die meisten nicht hinschauen, ist das gesamte Finanzsystem der letzten 4 Jahrzehnte (d.h. Globalisierung, künstliche Anleihemarkt-Hausse und manipulierte Disinflation) gerade eben gestorben und wird in Kürze durch eine multipolare, auf mehreren Währungen basierende, neue inflationäre Welt ersetzt werden. Und all das verweist auf einen nennenswerten Anstieg der Goldpreise. Wie kam es dazu?
Gut, lassen wir Politik, COMEX und Standardschlagzeilen beiseite und schauen wir uns die kalte Wirklichkeit genauer an.
Den Auslöser, den niemand sieht
Als Inhaber der Weltreservewährung und des allmächtigen USD war Washington jahrelang in der Lage gewesen, relativ ungestraft Inflation zu exportieren und die Kleineren, wie den Iran und Venezuela, mit allen möglichen cleveren Finanzsanktionen zu gängeln.
Wer aber anfängt, Russland (und indirekt China) auf den Schwanz zu treten, indem Devisenreserven eingefroren werden, entfesselt eine Welt im Aufruhr und einen Dominoeffekt der unbeabsichtigten (nicht offensichtlichen) Konsequenzen, die viel zu komplex sind, um von NYT- oder CNN-Finanzjournalisten in ihren 30igern verstanden zu werden.
Wie USA und EU vor kurzem unerschrocken verkündeten - mit all den Drohgebärden, die jemand macht, der mit dem Messer zum Schusswaffenkampf anrückt -, können Staatsschulden, die außerhalb der eigenen Staatsgrenzen gehalten werden (7-8 Billionen $) von Uncle Sam und Tante Marianne (d.h. der EU) eingezogen werden.
Derart verwegenes Finanzsäbelrasseln ist beeindruckend; doch indem Staatsschulden als Devisenreserve komplett diskreditiert werden, geben die USA und die EU Russland (und der Welt) im Grunde zu verstehen, dass sie das Finanzsystem der Nachkriegszeit gerade aufgeben - was auch bedeutet, dass Sie mehr Gold kaufen sollten …
Solche, in ihrer Tragweite vom Westen zutiefst verkannten Schritte zwingen nun Russland (und bald auch China), das zu tun, wofür sie sich in den letzten 10 Jahren stark gemacht haben - sprich: das globale Finanzsystem in Richtung einer neutralen Reserveanlage (Gold) zu treiben, die gegenüber allen Währungen flexibel im Preis schwankt (floatet).
Wenn der Westen heute Russlands Fremdwährungsreserven (d.h. die akkumulierten Handelsersparnisse des Landes) einfrieren kann, dann weiß China im Grunde schon, dass der Westen morgen dasselbe tun kann und wird, falls China beispielsweise einen Blick auf Taiwan wirft …
Und nein: Ich bin damit nicht "Pro-Putin" oder "Pro-China" - sondern nur für Offenheit.
Selbst wenn der schreckliche Krieg in der Ukraine deeskaliert, die extremen Finanzreaktionen des Westen seit Ende Februar werden niemals vergessen werden. Die Geister, die man rief, wird man nicht mehr los.
Auch die Entscheidung der Schweiz, die jahrhundertealte Neutralität aufzugeben, um sich den "woken" (d.h. unter US-Druck bewirkten) Sanktionen gegen Russland anzuschließen, wirkt im Grunde wie ein riesiges Leuchtreklameschild auf der Spitze des Matterhorn mit der Aufschrift: "Kaufen Sie keine CHF, kaufen Sie Gold."
Kurz: Die Finanzwelt ist jetzt eine andere; ein Zurück gibt es nicht mehr.
Schauen wir uns an, warum das so ist.
Dedollarisierung schneidet letztlich dem Westen ins Fleisch
Jetzt muss sich Russland, und bald auch China, mit SWIFT-Alternativen auseinandersetzen, die nicht nur die globalen Systeme für Zahlungsabwicklung verändern werden, sondern auch den globalen Reservestatus des US-Dollars unterminieren, was … na ja … auch keine Kleinigkeit ist …
Das ist nicht allein meine/ unsere bescheidene Meinung; auch Citadels Hauptgeschäftsführer und Jamie Dimon von JP Morgan haben dahingehend gewarnt. Das heißt also: Der Westen hat soeben Russland noch weiter in die Arme Chinas getrieben, und das nicht nur in einer Hinsicht. Anstatt beispielsweise bei Softwarelösungen nach Nordkalifornien zu schauen, wird Russland jetzt in China danach suchen.
Wenn der USD weniger "global", weniger "Reserve" aber auch weniger "Währung" wird, dann hat das deutlich schwerwiegendere Folgen, wie Dimon warnend anmerkte. Dimons Sorgen wurden zudem von Präsident Bidens ehemaligem Boss geteilt; Präsident Obama warnte im August 2015 sehr genau vor den "unbeabsichtigten Konsequenzen" eines SWIFT-/Finanzkrieges:
"Wir können nicht jeder großen Macht der Welt die eigene Außen-, Wirtschafts- und Energiepolitik diktieren. Allein der Versuch würde dazu führen, dass wir beispielsweise einige der größten Banken der Welt sanktionieren müssten. Wir würden dann Länder wie China vom amerikanischen Finanzsystem abschneiden müssen.
Da diese Länder auch noch wichtige Käufer unserer Schulden sind, würden solche Schritte schwere Störungen unserer eigenen Wirtschaft erzeugen und im Übrigen auch internationale Fragen zur Funktion des Dollars als Weltreservewährung aufwerfen. Das ist zum Teil auch der Grund, warum viele der früheren, einseitigen Sanktionen aufgegeben wurden."
Kurz: Irgendwann zwischen 2015 und heute ging es steil bergab mit dem Common Sense, der Führerschaft und den Handlungsoptionen Amerikas.
Doch auch woanders wird es bald steil bergab gehen - und zwar für die amerikanische Wirtschaft im Allgemeinen und die Märkte im Besonderen. Wollen Sie wissen, warum?