Steigender Goldpreis nur eine Rezession entfernt
11.08.2022 | Matt Piepenburg
- Seite 5 -
Wie unser Beraterkollege Ronald Stöferle vor kurzem feststellte: "Der aktuelle Zinserhöhungszyklus könnte als der kürzeste und schwächste der vergangenen Jahrzehnte in die Geschichte eingehen."Warum? Weil 1.) sich Wirtschaftsaktivität und Wachstum verlangsamen (und das schon seit Jahren), 2.) verschuldete Nationen sich keine kräftigen Zinserhöhungen leisten können, 3.) weil der inflationären Entschuldungsdynamik steigende Staatsausgaben entgegenwirken und weil die Märkte 4.) schon jetzt unausweichliche Zinssenkungen einpreisen.
Die Gelddrucker sind wieder am Start - nur eine Rezession entfernt
Und was die beste Methode um 1.) die Zinsen am Steigen zu hindern oder zu senken (wie Japans heutige Ertragskurvenkontrolle zeigt), 2.) die eigene Währung zu schwächen und 3.) "Wachstum" im Umfeld einer Rezession in Gang zu bringen?
Ganz einfach: Ein Gelddrucker, der dabei hilft, die Anleiheerträge auf unnatürliche Weise zu drücken und die Währung zu schwächen (entwerten). Das heißt wiederum: Die unvermeidliche geldpolitische Kehrtwende - von den aktuellen Straffungen (streng) zu zukünftigen Lockerungen (lax) -, ist nur eine Rezession entfernt.
Die heutige geldpolitische Strenge der Federal Reserve (und auch die der Notenbank Kanadas) war, wie wir an anderer Stelle erklärt hatten, bislang nicht der Inflationsbekämpfung geschuldet, sondern allein der Tatsache, dass Zinssenkungsspielraum für eine Rezession benötigt wurde, welche erst mit Mausklickdollars aufgeschoben wurde und sich jetzt mit aller Härte rächt.
Goldpreisreaktion, Goldanstieg
Im Kontext einer Rezession erwarten wir also eine zwangsläufige Verschiebung weg vom steigenden USD/ steigenden Zinssätzen und hin zu Dollarschwäche und Repression der (weiterhin negativen) Realzinsen. Diese Verschiebung ist eine extreme Triebkraft hinter einem Goldpreisanstieg, der derzeit vorsätzlich gedrückt wird durch 1.) einen offen manipulierten COMEX-Markt 2.) eine nicht ehrlich gemeinte "antiinflationäre" Politik der Zinserhöhungen und 3.) durch eine kurzfristige Dollarstärkungspolitik im Kampf gegen eine falsch dargestellte Inflation (die also viel höher ist).
Mein Kollege, Egon von Greyerz, würde jetzt hinzufügen, dass sich der Anstieg der Goldpreise auf mehr zurückführen lässt als nur auf das Auf und Ab von Inflation und Deflation bzw. steigende oder sinkende Zinsen.
Steigende Goldkurse hat es in der Tat schon im Umfeld eines starken oder schwachen Dollars gegeben und auch im Umfeld steigender oder sinkender Zinssätze. Dafür gibt es viele spezielle Gründe und Hintergründe, die so zahl- und nuancenreich sind, dass man sie in einem Artikel nicht erläutern kann. Aus diesem Grund haben wir auch ein Buch verfasst (Gold Matters), in dem wir detaillierter auf diese Dinge eingehen.
Beim Goldpreisanstieg dreht sich nicht alles um den USD
Wer Gold in anderen Währungen als den USD besitzt, der weiß auch, dass die Goldpreise in anderen Währungen deutlich kräftiger gestiegen sind - in Währungen, die nicht die über die Mobbing-Macht des USD verfügen. Gemeint ist die Macht, Inflation zu exportieren und ohne weiteres geldpolitische Wechsel vollziehen zu können (von streng zu lax und zurück zu streng), einfach weil das der Reservewährungsstatus erlaubt.
Die EU und ihre Zentralbanken sind beispielsweise derart schuldengeplagt und abhängig von USD-basierten Märkten, Schulden und Verrechnungsmechanismen, dass selbst eine kleine EZB-Leitzinserhöhung von gerade einmal 25 BSP auf 50 BSP dafür sorgt, dass LaGarde in ihren Designerstiefeln das Zittern kriegt.
Frankreich, von wo aus ich schreibe, hat eine Staatsschuldenquote von insgesamt mehr als 350%; und Italien, dessen Verschuldung und politische Koalitionswirren für einen europäischen Bürger kein Mysterium sind, gilt als Frühwarnzeichen kommender ökonomischer wie politischer Spaltungen in der EU.
Deutschland wird unterdessen in Kürze (2023) seine Rechnung für die inflationsindexierten Anleihen bekommen, die es in den letzten Jahren emittiert hatte. Und sie werden bald 25% der nationalen Gesamtverschuldung kosten.
Und was Japan mit seinem sterbenden Yen angeht (der, nach jahrzehntelangen Mausklickgeldwahn 50-Jahre-Tiefs markiert und im 1.Halbj. 22 schon 24% gegenüber dem USD nachgegeben hat): Diese Nation ist praktisch ein Finanzzombie.
Auch das sind wieder nur harte Tatsachen.
Nicht einmal der USD hält der Natur stand
Trotz eines langsamen, sehr langsamen Prozesses der Dedollarisierung - in Gang gebracht durch klar gescheiterte/ sich rächende Sanktionen gegen einen energiereichen Putin -, verfügt der USD nach wie vor über die Alleinstellungsmerkmale (Petrodollar, Vormachtstellung im SWIFT-System, Weltreservestatus der Nachkriegszeit), um mit den eigenen zentralisierten Gelddruckern, Fiktionsstatistikern für Inflation sowie einer unehrlichen Zinspolitik noch länger und schwerer sündigen zu können.
Doch nicht einmal der USD und die künstlich veränderte und kontrollierte Marktwirtschaft kann den unausweichlichen und natürlichen Konsequenzen von überzogener Aufblähung, Verwässerung/Entwertung sowie Überschuldung entkommen.
Ganz gleich, wie sehr die Federal Reserve und andere Zentralbanken die Inflationsstatistiken verzerren, die faktischen Rezessionsbedingungen werden dafür sorgen, dass sich das wahre Wesen und die effektive Zukunft negativer Realverzinsung auch in den Berichten schwarz auf weiß niederschlagen werden. Und damit sind Optimalbedingungen für den Aufstieg von Gold geschaffen.
Wie ich, Ronald Stöferle und viele andere seit mehr als einem Jahr argumentieren: Die entwickelten Länder (die nach Zahlen kaum mehr sind als heillos überschuldete Bananenrepubliken) können eine echte internationale Schuldenkrise mit allen ihren Konsequenzen gar nicht ertragen. Eine anhaltende Zinserhöhungspolitik würde, im Kontext des globalen Schuldensumpfes (300 Bill. $ +), aber mit Sicherheit zu einer solchen Krise führen.
Von diesen unausweichlichen Veränderungen und Gegebenheiten werden am stärksten die Goldeigentümer profitieren, weil jeder Währung und jeder Zentralbank die Werkzeuge, Optionen und Ausreden ausgehen werden. Es ist wie beim Hockey, beim Polo oder bei den Vermögenspreisen: Die besten Spieler schauen dorthin, wo der Puck oder Ball hingehen wird, und nicht dorthin, wo er gerade liegt.
Die oben erläuterten Kräfte (Rezession, Zinsen, Währung) verweisen gemeinsam - historisch, empirisch und verstandesgemäß - auf neue Hochstände beim Gold. Der Goldbulle, der sich nach dem 2016er-Tief bei 1.065 $ langsam warm machte, hat seinen Sprintstart noch vor sich.
Doch Gold wird schnell und weit Richtung Norden sprinten, auch wenn es sich heute noch nicht danach anfühlt.
© Matt Piepenburg
Kommerzdirektor bei MAM
Dieser Artikel wurde am 26. Juli 2022 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.