Die Große Rezession: Fakten vs. Dementis
25.08.2022 | Matt Piepenburg
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5.) Unter den höheren US-Einkommensschichten sinkt das Verbrauchervertrauen rapide.6.) Die von Yellen und Powell fokussierte Geldpolitik steigender Zinsen/ eines starken Dollars haben dafür gesorgt, dass die Kosten für US-Sozialleistungen (also Gesundheit, Sozialversicherung etc.) schmerzlich ansteigen und letztlich untragbar werden.
Als Yellen ihren Rausch noch in der US-Notenbank auslebte, lag der Anteil der Sozialleistungen an den US-Steuereinnahmen noch bei 54% (im Jahr 2015). Sollten die inzwischen deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten tatsächlich offiziell mit inflationären 10 % berücksichtigt werden (in den "cost of living adjustments", COLA), so würden die jährlichen US-Sozialleistungen sehr bald schon bei 90% der nationalen Steuereinnahmen liegen.
Kurz: Die derzeit "strenge" US-Notenbankpolitik (steigende Zinsen, starker USD) wird den Bund in den Bankrott treiben, falls demnächst keine geldpolitische Wende käme und das Stopfen von Finanzierungslücken und Defiziten mit frischem Fiat-Falschgeld (sprich mehr QE) ermöglicht. Das dazu benötigte Geld wird jedenfalls nicht aus einem kraftlosen Bruttoinlandsprodukt generiert oder aus einem überhitzenden, dann einbrechenden Aktienmarkt, der sinkende Steuereinnahmen hinterlässt.
7.) Jetzt zu Uncle Sams peinlichem Kneipendeckel, auf dem 23 Bill. $ Schulden angeschrieben ausstehen. 30% davon werden voraussichtlich zu Jahresende einen höheren (6,75%) und nicht niedrigeren Jahreszins bekommen. Uncle Sam entstehen damit Zusatzausgaben von grob 460 Mrd. $ (12% der Steuereinnahmen) - allein zur Deckung steigender Zinskosten.
Sollte die US-Notenbank nicht sehr bald schon den "QE-Knopf" drücken, wird sich Uncle Sam wohl hinter der Federal Reserve und ihrer aktuell noch ausgeschalteten Happy-Hour-Leuchttafel vor seinen Gläubigern verstecken müssen.
8.) Global betrachtet, sind inzwischen fast alle großen "Industrienationen" kaum mehr als glorifizierte Bananenrepubliken, die rechnerisch von Staatsschuldenkrisen bedroht sind, weil die Zinsen für den Staat (d.h. seine Kreditkosten) genau zu einer Zeit steigen, in der Wirtschaftswachstum und Exportaufträge sinken:
Unterdessen weiterleugnen im Prawda-Stil
Allen zuvor angeführten harten Fakten zum Trotz predigt insbesondere US-Finanzministerin Janet Yellen die offizielle Linie Washingtons - ein inzwischen überaus armseliger Versuch der Realitätsverweigerung, der teils schon an Sowjetzeiten um ca. 1963 erinnert.
Auch wenn sich zwei negative BIP-Quartale aneinanderreihen, gibt es nach Auffassung Yellens "derzeit keinen Anhaltspunkt für eine Rezession". Solche Worte bestätigen wieder, dass Zentralbanker nichts weiter sind als wortschmiedende Politiker (Propagandisten?) in Bankerklamotten und kaputten (Freimarkt)-Stöckelschuhen.
Mathe und harte Daten sind kein Schwerpunkt mehr für unsere Zentralbanker. Sie wurden, gemeinsam mit Redlichkeit und ethischen Werten, durch Politvokabular und falsche Narrative ersetzt. So kann man heute den Eindruck gewinnen, dass sich die Ökonomie als Disziplin, zusammen mit Wissenschaft, Kultur, Comedy, Kreativität und Geschichte, selbst canceln lässt.
Wie geht’s weiter?
In einem derart verzerrten, verzweifelten und offen unehrlichen Klima, wo Form über Inhalt triumphiert und falsche Narrative über ehrliche Mathematik, stellt sich die Frage: Was ist noch von unseren Zentralplaner in den Chefetagen zu erwarten und wie könnten unsere realweltlichen Erfahrungen aussehen?
Wie ich jüngst festgestellt hatte, weiß die Federal Reserve sehr genau, dass sie die Inflation (die sie insgeheim braucht) nicht durch steigenden Zinssätze besiegen wird. Powell wird stattdessen eine aktuell noch "abstreitbare" Rezession erzeugen (die disinflationär wirkt), um öffentlichkeitswirksam eine Inflation zu "bekämpfen", die eigentlich angestrebt wird.
Die doppelzüngigen Banker werden nun alle gängigen Tricks und magischen Rechenmodelle einsetzen, um die Welt und die Märkte davon zu überzeugen, dass die offiziell erfassten Inflationsraten (obwohl 50% zu niedrig angesetzt) ehrlich erhobene Zahlen sind. Gleichzeitig wird die vorsätzliche Politik der negativen Realzinsen (= Inflationsquoten höher als Zinssätze) weiter vorangetrieben, während der Realzins fälschlicherweise und bewusst in der Öffentlichkeit als positiv ausgewiesen wird. Also: Ja, die Rezession ist da. Und eine längere und schwerere ist unterwegs.
Die US-Notenbank wird Formulierungen und unehrliche Mathematik einsetzen, um die kognitiv Dissonanten zu beruhigen und von einem abrupten Markt-Selloff oder einer kollektiven Aufklärung abzuhalten.
Aus meiner Sicht kann die US-Notenbank aktuell noch mit einer Politik der steigenden Zinssätze protzen - und das vielleicht noch bis in den Herbst hinein
.
Doch insofern die Federal Reserve und andere großen Zentralbanken die Inflation nicht dadurch besiegen wollen, dass sie die Welt in eine globale Rezession von extremer Intensität, Dauer und Not stürzen, wird ihnen aus mathematischer und selbst politischer Sicht keine andere Wahl bleiben, als die Landeswährungen zu schwächen und die Rezessionen direkt an der Haustür zu bekämpfen.
Ich hatte kürzlich auf Folgendes hingewiesen: Keine Nation, kein Regime und kein System hat bislang eine Rezession bezwingen können, indem die Zinssätze stark angehoben wurden und die eigene Währung gestärkt. Nie zuvor in der Geschichte.
Angesichts der oben beschriebenen Indizien befinden sich die USA gerade auf dem direkten Weg in eine Rezession. Dieser Realität (die noch heruntergespielt und offiziell aufgeschoben wird) wird man sich stellen müssen. Und zu diesem Zweck wird Mausklickgeld fließen, um die Anleiheerträge in Zaum zu halten und um den Dollar abzuwerten. Zwei Dinge, die den Edelmetallen umfassenden Rückwind verschaffen.
Außer natürlich, Sie glauben wirklich, dass alle oben gebrachten Daten nur "Fake" sind und die US-Notenbank Rezessionen ungesetzlich gemacht hat. In diesem Fall wäre ja alles gut und schön - heute und für alle Zeiten. Stimmt’s?
© Matt Piepenburg
Kommerzdirektor bei MAM
Dieser Artikel wurde am 03. August 2022 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.