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Hochinflation und steigende Zinsen. Jetzt wird es ernst für das Schuldgeldsystem

28.10.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Sehr wahrscheinlich werden die Zentralbanken den steigenden Zinsen bald wieder Einhalt gebieten. Die Hochinflation bleibt das zentrale Problem für die Anleger. Sie sollten einen Teil ihres Vermögens weiterhin in physischem Gold und Silber halten.

"Weil das Los der Menschen niemals sicher, laßt uns bedacht sein auf den schlimmsten Fall." - William Shakespeare


Was treibt den Zinsanstieg?

Die internationalen Kapitalmarktzinsen sind in den letzten Monaten drastisch angestiegen. Zwar befinden sie sich absolut gesehen immer noch auf historisch recht niedrigen Niveaus, und nach Abzug der Güterpreisinflation befinden sie sich nach wie vor weit unter der Nulllinie. Aber der Anstieg der Zinsen erfolgte doch sehr schnell, war so in den letzten Jahrzehnten noch nicht zu beobachten. Was sind die Gründe für den Zinsanstieg? Eine schwierige Frage: Denn die Zinsbewegung kann viele mitunter recht unterschiedliche Ursachen haben. Nachstehend seien sechs mögliche Zinstreiber genannt.

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Source: Refinitiv; Darstellung Degussa. Letzter Datenpunkt: 26. Okt. ’22.


• Die Zentralbanken haben die kurzfristigen Zinsen angehoben, und Investoren erwarten, dass die Zinsanhebungen in den kommenden Monaten weitergehen werden. Der (erwartete) Anstieg des Kurzfristzinses hat unmittelbare Folgen für den Langfristzins. Schließlich repräsentiert der Langfristzins, vereinfacht gesprochen, die vom Finanzmarkt erwartete Entwicklung des künftigen durchschnittlichen Kurzfristzinses.

• Die Geldpolitiker haben mit den Aufkäufen der Schuldpapiere aufgehört. Beispielsweise hat die US-Zentralbank begonnen, ihr Engagement im Anleihemarkt zurückzuführen. Sie erneuert nicht mehr die fällig werdenden Schuldpapiere, die sie in ihrer Bilanz hält, und sie kauft auch keine neuen Schuldpapiere mehr. Und die Europäische Zentralbank hat zumindest aufgehört, neue Schuldpapiere zu kaufen. Das heißt, insgesamt fallen die Zentralbanken als Käufer für neue Anleihen aus. Die verbliebenen Anleger verlangen nun eine höhere Verzinsung, damit sie die fällig werdenden Schuldpapiere durch neu emittierte Papiere finanzieren beziehungsweise die Netto-Neuverschuldung aufkaufen.

• Die Investoren erwarten, dass die Inflation nicht nur vorübergehend, sondern dass sie dauerhaft höher ausfallen wird, als sie bislang erwartet wurde. Entsprechend verlangen sie eine höhere Inflationsprämie, und auch diese Prämie treibt die Kapitalmarktzinsen in die Höhe.

• Die Liquiditätssituation in den Anleihemärkten hat sich verschlechtert. Das heißt, große Anleihevolumina lassen sich nicht mehr ohne Weiteres kaufen und verkaufen, ohne dadurch merkliche Kursbewegungen der Papiere zu verursachen. Ein Grund für die verschlechterte Liquidität in den Märkten dürfte in der verschärften Regulierung zu finden sein, die viele Marktakteure veranlasst hat, ihre Risikopositionen relativ eng zu begrenzen beziehungsweise sich aus dem Anleihehandel zurückzuziehen. Auch das trägt zu höheren Zinsen bei.

• Anleger sehen verstärkte politische Risiken, die ihren Anspruch auf künftige Zins- und Tilgungszahlungen gefährden. Beispielsweise indem Regierungen den Schuldendienst an das Ausland einstellen könnten; oder das die Konvertibilität der Anlagewährung eingeschränkt oder aufgehoben werden könnte.

• Nicht zuletzt haben die Sorgen der Investoren vor Zahlungsausfällen zugenommen; dass Staaten nicht mehr in der Lage und/oder willens sein werden, ihren Schuldendienst wie ursprünglich versprochen zu leisten. Angesichts dieser Befürchtungen werden Anleger ebenfalls einen höheren Zins fordern.


Wie Anleihekurs und Marktzins zusammenhängen

Zwischen dem Anleihekurs und der Rendite, die der Anleger mit der Anleihe erzielt, besteht ein negatives Verhältnis: Steigt der Anleihekurs im Markt, fällt die Rendite; und sinkt der Anleihekurs, steigt die Rendite. Betrachten wir ein Beispiel.


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