Hochinflation und steigende Zinsen. Jetzt wird es ernst für das Schuldgeldsystem
28.10.2022 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ein Ende des Rückgriffs auf die Schuldenpolitik ist nicht in Sicht. Die Wirtschaftspolitik in vielen Regionen der westlichen Welt weist sogar den Weg in höhere Staatsschulden. Das liegt vor allem an der "Great Reset"-Agenda. Sie befördert die Abkehr von Wachstum, von Wohlstandsmehrung, sorgt für Firmenschließungen und Massenarbeitslosigkeit. Um die "Härten", die der "Great Reset" verursacht, zu vertuschen, steuern die Regierungen mit schuldenfinanzierten Ausgabenprogrammen dagegen - finanziert durch die elektronische Notenpresse der Zentralbanken.Die wirtschaftlichen, aber auch die damit verbundenen gesellschaftspolitischen Risiken für Kapitalanleger sind vielfältig und beträchtlich. Vor allem die Aussicht auf eine fortgesetzte Inflationspolitik empfiehlt, zumindest einen Teil des Vermögens in physischem Gold und Silber zu halten. In diesem Zusammenhang scheint es abschließend aufschlussreich zu sein, die jüngste Preisentwicklung auf den Vermögensmärkten kurz Revue passieren zu lassen.
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. Die Serien sind indexiert (Januar 2020 = 100).
Wie Abb. 3 zeigt, hat das Gold mit einem Zuwachs von etwa 12 Prozent den US-Dollar "geschlagen". Allerdings ist zu beachten, dass der US-Dollar seit Anfang 2020 bis August 2022 selbst knapp 13 Prozent seiner Kaufkraft verloren hat. Das Gold hat entsprechend etwa 1 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Damit lag das Gold nur leicht hinter den Aktienkursen, obwohl diese ab Frühjahr 2021 das Gold deutlich "outperformt" hatten.
Mittlerweile ist der Renditevorteil der Aktien gegenüber dem Gold jedoch wieder abgeschmolzen. Am besten haben sich die Häuserpreise entwickelt. Allerdings geben sie ebenfalls seit Juli nach; und sollte daraus ein Häusermarkt-Crash erwachsen, ist mit weiteren Verlusten zu rechnen. Der große Verlierer sind die Anleihen. Sie verloren von Anfang 2020 bis Oktober 2022 etwa 12 Prozent (vor Abzug des Kaufkraftverlustes des US-Dollar).
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.
Was allerdings erstaunlich ist: Der Goldpreisanstieg von etwa 12 Prozent blieb weit hinter dem Anstieg der US-Geldmenge M2 zurück. Während die Preisentwicklung der Aktien und Häuser ihre Besitzer zumindest bis Anfang 2022 vor der Geldmengenausweitung "geschützt" hat, brachte das Gold seine Besitzer nicht in diesen Genuss. Vielmehr hat sich eine beträchtliche "Lücke" zwischen Geldmengenbestand und aktuellem Goldpreis geöffnet (siehe Abb. 4).
Pessimistische Stimmen könnten das als Hinweis werten, dass das Gold seine Versicherungsfunktion gegenüber der "wahren" Inflation, also der Geldmengeninflation, eingebüßt hat. Optimistische Stimmen könnten das aber auch anders sehen: Die aktuelle "Lücke" zwischen Geldmengenbestand und Goldpreis wird sich wieder schließen, und zwar im Zuge eines steigenden Goldpreises; und vor dem Hintergrund des anwachsenden Inflationsproblems könnte das rascher geschehen, als es aus aktueller Sicht vielleicht scheint.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH
Hinweis Redaktion: Herr Prof. Dr. Polleit ist Referent der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 4. & 5. November 2022 in München stattfindet.