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Der Euro - Ausweg(e) aus einer historischen Fehlentscheidung

06.01.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Klippen und Stolpersteine

Mir ist bewusst, dass das Euro-Thema voller Klippen und Stolpersteine ist. Spricht man über den Euro, rührt man unweigerlich an Empfindlichkeiten.

Für die einen ist der Euro mehr als nur Geld. Er ist für sie ein Friedensprojekt. Nach dem Motto: Ohne Euro scheitert die europäische Integration, ohne ihn sind Friede und Wohlstand in Europa bedroht. Der Euro ist also unverzichtbar und muss mit allen Mitteln verteidigt werden. Für die anderen ist der Euro hingegen eine schwere Hypothek, ein Spaltpilz, ein aberwitziges politischideologisch getriebenes Projekt, das der ökonomischen Vernunft widerspricht und nicht das bewirkt, was seine Befürworter in Aussicht stellen.

Die Euro-Diskussion ist also emotional aufgeladen, und leider werden dabei in der Regel wichtige ökonomische Erkenntnisse ausgeblendet, beziehungsweise es wird nicht das gesamte Spektrum der ökonomischen Erkenntnisse hinreichend gewürdigt. Diese "Erkenntnislücke" in der Diskussion um die Euro-Problematik möchte ich in meinem Vortrag versuchen zu schließen und hoffe dadurch einen konstruktiven Beitrag für den Diskurs zu leisten. Beginnen darf ich mit einigen wichtigen Erkenntnissen über das Geld.


Über das Geld

Geld ist das allgemein akzeptierte Tauschmittel. Es ist das marktfähigste Gut, es ist das Gut, das sich am leichtesten gegen andere Güter eintauschen lässt.

Welche Funktionen hat Geld? Antwort: Geld hat eine (und nur eine) Funktion: die Tauschmittelfunktion. Recheneinheits- und Wertaufbewahrungsfunktion sind lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion. Wenn Geld nur eine Funktion hat - die Tauschmittelfunktion - dann heißt das: Eine Volkswirtschaft wird nicht reicher, wenn die Geldmenge steigt. Ein Gemeinwesen wird wohlhabender, wenn es mehr Konsum- und Produktionsgüter produziert, nicht aber, wenn es die Geldmenge ausweitet. Steigt die Geldmenge, nimmt lediglich die Kaufkraft der Geldeinheit ab - im Vergleich zur Situation, in der die Geldmenge unverändert geblieben wäre.

Auf den Punkt gebracht: Eine Geldmengenvermehrung erbringt keinen gesamtwirtschaftlichen Nutzen. Im Grunde ist jede gerade verfügbare Geldmenge so gut wie jede andere Geldmenge auch. Eine große Geldmenge übt die Gelddienste so gut und so schlecht aus wie eine kleine. Ist die Geldmenge groß (sagen wir 16 Billionen Euro), werden die Güterpreise hoch sein, und ist die Geldmenge niedrig (sagen wir 5 Billionen Euro), werden die Güterpreise gering sein. In beiden Fällen (ob nun die Geldmenge groß oder klein ist) lässt sich die gewünschte Gütermenge umsetzen.

Dass die Geldmenge in einer Volkswirtschaft wachsen muss, ist eines der wohl hartnäckigsten Gerüchte in der modernen Volkswirtschaftslehre. Dass die Geldmengen immer weiter ausgedehnt werden, hat politische, nicht ökonomische Gründe. Dazu gleich noch mehr. Wichtig an dieser Stelle ist: Geld ist unverzichtbar für unsere modernen Volkswirtschaften. Ohne Geld wäre unser heutiges Wohlstandsniveau nicht denkbar. Denn hätten wir kein Geld, dann könnten wir keine Wirtschaftsrechnung durchführen.

Wir könnten nicht kalkulieren, ob es beispielsweise sinnvoll beziehungsweise möglich ist, eine Bahntrasse um einen Berg herumzubauen oder sie durch den Berg hindurchzubohren. Erst die Verwendung von Geld erlaubt es uns, die Rentabilität von verschiedenen Produktionsweisen zu ermitteln und die richtigen, die effizienten Entscheidungen treffen zu können. Erst durch die Wirtschaftsrechnung, die sich nur mit Geld durchführen lässt, lassen sich knappe Mittel so einsetzen, dass sie die Bedürfnisse der Menschen bestmöglich erfüllen.

Vorteilhaft ist dabei, wenn möglichst viele Menschen das gleiche Geld verwenden. Denn dann lassen sich die produktiven Kräfte, die aus der Wirtschaftsrechnung entspringen, bestmöglich ausschöpfen. Verständlich daher, dass man in Europa schon seit langem darüber nachgedacht hat, ob nicht ein einheitliches Geld sinnvoll sei. Nun ist aber Geld nicht gleich Geld. Schließlich gibt es schlechtes Geld und gutes Geld. Was ist gutes Geld?


Natürliches Geld

Die Währungsgeschichte gibt eine Antwort. Sie zeigt, dass schon viele Dinge als Geld verwendet wurden: Vieh, Gewürze, Steine, Muscheln, Zigaretten, aber vor allem Edelmetalle, allen voran Gold und Silber. Und dafür gibt es eine Erklärung. Damit ein Gut als gutes Geld Verwendung finden kann, muss es einige “physische” Eigenschaften aufweisen. Das Gut muss knapp sein, homogen (also von gleicher Art und Güte), haltbar, transportabel und teilbar, es muss einen hohen Wert pro Gewichtseinheit aufweisen, und es muss allgemein wertgeschätzt sein. Im Wettbewerb um die Geldfunktion hatten die Edelmetalle meist die Nase vorn, weil sie am relativ besten die genannten physischen Eigenschaften erfüllen, die gutes Geld ausmachen.

Warum aber, so fragen Sie sich vermutlich, ist dann das heutige Geld - ob US-Dollar, Euro, japanischer Yen oder Schweizer Franken - kein Gold- oder Silbergeld mehr? Die Antwort lautet: Es waren politische, nicht ökonomische Bewegründe, warum das Edelmetallgeld durch ungedecktes Papiergeld, durch Fiat-Geld, ersetzt wurde. Das geschah spätestens am 15. August 1971.

An diesem Tag verkündete US-Präsident Richard Nixon, dass fortan der US-Dollar nicht mehr in Gold einlösbar sei. Bis dato entsprachen 35 US-Dollar einer Feinunze Gold. Der US-Dollar war goldgedeckt, und ab 1945 waren im System von Bretton Woods alle anderen Währungen mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden - und hingen damit indirekt (über die Eintauschbarkeit in den Greenback) am Gold.

Mit einem Handstreich beendete die US-Administration die Goldeinlösbarkeit des US-Dollar. Damit machte sie nicht nur den US-Dollar, sondern de facto auch alle anderen Währungen der Welt zu Fiat-Geld.


Fiat-Geld

Was ist Fiat-Geld? Der Ausdruck "Fiat" stammt vom Lateinischen "Fiat" und bedeutet “So sei es”. Fiat-Geld ist also verordnetes Geld oder Zwangsgeld. Es zeichnet sich durch drei Eigenschaften aus:


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