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Was geschieht mit unserem Geld? Gold und Silber in Zeiten der digitalen Transformation

06.03.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Gold und Silber werden auch in Zeiten der digitalen Transformation ihren monetären Nutzen nicht einbüßen. Im Gegenteil: Die digitale Transformation bietet ungeahnte Möglichkeiten, Gold und Silber als Wertaufbewahrungs- und auch Zahlungsmittel wieder einsetzen zu können.

Lassen Sie mich gleich mit der Frage beginnen: "Was geschieht mit unserem Geld?" Nun, vermutlich werden viele von Ihnen sofort an die aktuelle Hochinflation denken und sagen: Unser Geld verliert seine Kaufkraft. Aus gutem Grund. Nicht nur in Deutschland herrscht Hochinflation, sondern auch in anderen europäischen Ländern, in den USA, in Lateinamerika, Indien und in weiten Teilen Asiens.


Inflation

Seit Anfang 2022 ist die Inflation weltweit stark angestiegen, so stark wie zuletzt in den frühen 1980er Jahren. Was ist die Ursache für die Hochinflation? Ökonomen geben auf diese Frage meist unterschiedliche Antworten. Ich erlaube mir, Ihnen meine Interpretation vorzutragen.

Zunächst sollte deutlich gesagt werden, was mit dem Wort Inflation gemeint ist. Üblicherweise versteht man unter Inflation das fortgesetzte Ansteigen der Güterpreise auf breiter Front. Das heißt, die Güterpreise steigen nicht nur einmalig an, sondern dauerhaft; und nicht nur einige wenige Güterpreise verteuern sich im Zeitablauf, sondern alle.

Eine derart verstandene Güterpreisinflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen. Ihre Ursache ist die Geldmengeninflation. Das bestätigen wieder einmal die jüngsten Daten. Seit Ende 2019 hat beispielsweise die US-Zentralbank die Geldmenge M2 um 40 Prozent ausgeweitet, die EZB die Geldmenge M3 um 25 Prozent. Das Güterangebot hat jedoch mit dieser gewaltigen Geldmengenvermehrung nicht Schritt gehalten.

Dadurch ist ein sehr großer Geldmengenüberhang entstanden, der sich in steigenden Güterpreisen abbaut. Das geschieht derzeit in besonders heftiger Weise, weil der Geldmengenüberhang auf "Kostenschubeffekte" trifft – verstärkte Knappheit durch Lockdowns, Energieverteuerung durch grüne Politik, verstärkt durch Russland-Sanktionen.

Im Euroraum liegt der Geldmengenüberhang derzeit schätzungsweise bei 10 Prozent. Das heißt, der Geldmengenüberhang reicht aus, um in einem Schlag die Güterpreise um weitere 10 Prozent anzuheben oder sie um jeweils knapp 5% pro Jahr für zwei Jahre ansteigen zu lassen. Weil die Geldmenge derzeit mit gut 4 Prozent pro Jahr steigt, erscheint es sehr plausibel zu sein, dass die Güterpreisinflation im Euroraum auch künftig hoch bleiben wird – durchschnittlich 7% pro Jahr in diesem und nicht viel weniger im nächsten Jahr.


Achtung Fiatgeld!

Ich habe bereits angedeutet, dass die Güterpreisinflation nicht vom Himmel fällt. Sie ist vielmehr menschengemacht, ist eine Folge des sogenannten Fiatgeldes. US-Dollar, Euro & Co sind Fiatgeld. Fiatgeld zeichnet sich durch drei Eigenschaften aus:

(1) Fiatgeld ist staatlich monopolisiertes Geld, die Zentralbanken sind die Geldproduktionsmonopolisten.

(2) Fiatgeld wird vorzugsweise per Kreditvergabe aus dem Nichts erzeugt.

(3) Fiatgeld ist entmateralisiertes Geld, es besteht aus bunt bedruckten Papierzetteln und Einträgen auf Computerfestplatten.

Fiatgeld weist eine Reihe von ökonomischen und ethischen Defekten auf. Es verliert seine Kaufkraft im Zeitablaut, es ist inflationär. Es ist auch sozial ungerecht, weil es einige wenige auf Kosten vieler begünstigt. Fiatgeld sorgt für Wirtschaftsstörungen, für Boom-und-Bust. Es treibt die Verschuldung in die Höhe, befördert das Wachstum des Staates zu Lasten der Privatwirtschaft.


Konjunktur

Die Hochinflation, für die die Zentralbanken durch die starke Ausweitung der Fiatgeldmenge gesorgt haben, verteuert nicht nur die Güter des täglichen Bedarfs, sie bremst jetzt auch die Wirtschaft. Das legt beispielsweise das Wachstum der realen Geldmenge M1 im Euroraum nahe. Die Geldmenge M1 umfasst das Bargeld und die jederzeit für Zahlungszwecke verfügbaren Giroguthaben.

Das Wachstum der realen Geldmenge ist stark rückläufig, die Schrumpfung ist so stark wie nie zuvor seit Anfang der 1980er Jahre. Konsumenten und Produzenten verfügen über weniger Kaufkraft, sie müssen ihre Nachfrage einschränken. Die Konjunktur im Euroraum wird heftig abgebremst. Das ist übrigens auch ein Effekt, der international wirkt, und es ist daher zu erwarten, dass er die Weltkonjunktur in 2023 verlangsamen wird.

2022 lag das Weltwirtschaftswachstum noch bei 2,9% gegenüber dem Vorjahr, dieses Jahr wir es, so schätze ich, auf 1,6% fallen, 2024 nicht viel besser sein, bei 1,7% liegen. Deutschland wird wohl in 2023 in eine Rezession abgleiten, die Schrumpfung wird vermutlich etwa 0,4% gegenüber dem Vorjahr betragen; in Frankreich wird das Minus voraussichtlich 0,3%, in Italien 0,6% sein. Tendenziell besteht das Risiko, dass die Rezession größer ausfällt, als derzeit erwartet wird.


Zinsen

Ein Grund für die konjunkturelle Abkühlung sind die Zinserhöhungen der Zentralbanken. Angesichts der Hochinflation haben die Zentralbanken die Leitzinsen bereits angehoben. Die Zinsen befinden sich allerdings nach Abzug der Inflation immer noch unter der Nulllinie. Das heißt, die Realzinsen sind negativ. Im Euroraum beträgt der aktuelle Leitzins 3%, die laufende Inflation liegt bei etwa 8,5%, so dass der Realzins bei minus 5,5% liegt. Das heißt, sie erleiden aktuell einen Kaufkraftverlust von 5,5% pro Jahr auf ihr unverzinsliches Bankguthaben.

Diese "Finanzielle Repression" – also andauernde negative Realzinsen – wird in den kommenden Jahren vermutlich anhalten. Weil die Inflation hoch bleibt, weil die Zentralbanken die Zinsen nicht mehr viel weiter anheben werden.

Die US-Zentralbank hat zwar am 2. Februar den Leitzins auf 4,75% erhöht. Ich vermute aber, dass das Leitzinshoch im aktuellen Zinszyklus nahe ist. Denn nach Jahrzehnten im Trend fallender Zinsen und steigender Verschuldung können die Volkswirtschaften nämlich hohe Zinsen nur noch schwer oder gar nicht mehr verkraften. Ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass die Leitzinsen dies- und jenseits des Atlantiks recht bald wieder gesenkt werden – möglicherweise bereits in der zweiten Jahreshälfte, auch wenn die Inflation weiter oberhalb der 2-Prozentmarke liegen sollte.

Und das lässt erwarten, dass die Geldhaltung weiterhin Verluste bringt; und dass auch das Investieren in Staatsanleihen aufgrund eines weiterhin negativen Realzinses wenig attraktiv erscheint.



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