Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Was geschieht mit unserem Geld? Gold und Silber in Zeiten der digitalen Transformation

06.03.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Krieg

Spätestens an dieser Stelle möchte ich betonen, dass ökonomische Prognosen mit großer Unsicherheit behaftet sind. Das liegt ganz einfach daran, dass sich das Handeln der Menschen nicht so voraussagen lässt, wie man es in der Naturwissenschaft gewohnt ist. Immer wieder, so stellt man fest, reagieren die Menschen anders, als sie in der Vergangenheit reagiert haben.

Und vor allem gibt es immer wieder Unvorhergesehenes. Der Krieg in der Ukraine ist dafür ein Beispiel. Wir können nicht verlässlich abschätzen, wie lange er noch andauern wird, auch nicht, ob, und wenn ja, wie stark er noch eskalieren wird.

Wahrscheinlich ist ein Abnutzungskrieg, der der Ukraine verheerende Zerstörungen bringen wird, der aber auch Russland und in weiten Teilen Europas großen wirtschaftlichen und moralischen Schaden zufügt. Gerade auch durch die damit verbundenen geopolitischen Spannungen ist der Ukraine-Krieg eine ernste Belastung für die weltwirtschaftliche Entwicklung.


Digitale Transformation

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren: Ich stelle die Frage erneut: Was geschieht mit unserem Geld? Diesmal aber nicht mit Blick auf die aktuelle Konjunktur, sondern mit Blick auf die sogenannte digitale Transformation. Sie fragen sich: Was heißt eigentlich digital? Das Wort digital stammt aus der Datenübertragung durch elektrische oder elektromagnetische Signale; es heißt so viel wie gestuft, in einzelne Stufen aufgelöst, abzählbar. Im Gegensatz dazu steht das Adjektiv "analog", das stufenlos, kontinuierlich bedeutet.

Das Wort Transformation bezeichnet: Veränderung, von einem Zustand in einen anderen überführen. Jetzt wissen wir, wofür Digitale Transformation steht: Ein Objekt von einem analogen Zustand in einen digitalen Zustand überführen. Beispiele dafür sind: Sie gehen nicht mehr in den Supermarkt, sondern bestellen Online; oder: anstatt mit Banknoten und Münzen bezahlen sie ihre Käufe am Laptop oder mit dem iphone.

Die digitale Transformation bringt, und das erfahren wir tagtäglich, weitreichende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Neue Geschäftsmodelle entstehen, alte werden aus dem Markt gedrängt. Man geht nicht mehr ins Kino, sondern streamt Filme auf dem Wohnzimmersofa.

Die digitale Transformation erfasst auch den Markt für Zahlungen. Die meisten Zahlungen, die wir ausführen, laufen allerdings schon heute digital ab, über Geld, das wir auf Girokonten bei Banken halten. So gesehen ist die Digitalisierung des Bezahlens für uns per se nichts neues.

Aber sie erzeugt viele nutzerfreundliche Neuerungen. Zu nennen sind hier etwa Mobile Payments oder Echtzeitüberweisungen (Instant Payment), eine Zahlungsart, bei der Guthaben innerhalb weniger Sekunden dem Empfängerkonto final gutgeschrieben werden. Auch tut sich einiges auf der Angebotsseite der Zahlungsdienste. Neben den Geschäftsbanken sind mittlerweile FinTechs und BigTech-Firm verstärkt im Markt für Zahlungen tätig. Man denke an Applepay, Paypal, Alipay oder Unionpay, künftig vielleicht auch Facebook und Twitter und andere mehr, die mit ihren Diensten das Bezahlen noch einfacher machen.

Und beim Geld selbst gibt es neue Wettbewerber: vor allem der Bitcoin ist hier zu nennen. Die zunehmende Digitalisierung im Geld- und Zahlungsverkehr rückt allerdings dem Bargeld zu Leibe, und auch von anderer Seite gibt es Gegenwind für das Bargeld.


Bargeld

Elektronische Zahlungsanbieter haben ein Interesse daran, dass die Bargeldverwendung abnimmt. Aus ihrer Sicht verständlich, denn sie verdienen an elektronischen Zahlungen, nicht an Bargeldzahlungen. Vor allem aber die Politik hadert mit dem Bargeld. Denn Bargeld ermöglicht dem Geldverwender Anonymität, er kann Dinge kaufen und verkaufen, ohne das ungewollt andere davon etwas erfahren. Viele Argumente werden daher vorgebracht, die die Bargeldverwendung entmutigen sollen. Auf Worte sind bereits Taten gefolgt.

Im Jahr 2016 beschloss die Europäische Zentralbank, keine 500 Euroscheine mehr auszugeben. Wer will sich da noch mit der größten Eurobanknote sehen lassen? Mittlerweile muss auch der, der in der EU von einem in ein anderes Land reist, Barmittel ab 10.000 Euro beim Zoll auf Befragen mündlich anzeigen. Und: In Deutschland wird das Bezahlen eines Immobilienkaufs mit Bargeld nun bald gesetzlich verboten. Das Bargeld wird zudem unattraktiver, weil die Gebühren am Bankautomaten steigen (die Zentralbanken stellen den Geschäftsbanken höhere Kosten für die Bargeld-Handhabung in Rechnung).

Es ist damit zu rechnen, dass das Bargeld mehr und mehr zurückgedrängt wird. Für kleine Transaktionen lässt es sich zwar vermutlich noch geraume Zeit einsetzen, für größere schon jetzt kaum mehr.


Digitales Zentralbankgeld

Viele Zentralbanken arbeiten daran, digitales Zentralbankgeld auszugeben. Ein zugegebenermaßen sehr komplexes Thema, dennoch an dieser Stelle einige wenige Gedanken dazu.

Zunächst mag das Adjektiv "digital" hier modern und glanzvoll klingen, aber im Kern ist digitales Zentralbankgeld nichts anderes als Fiatgeld (und als solches leidet es unter allen Defekten des Fiatgeldes, wie wir sie bereits genannt haben). Warum will man digitales Zentralbankgeld ausgeben? Man geht davon aus, dass es in der "Smart Economy" verstärkten Bedarf an vollautomatischen, programmierbaren Zahlungen geben wird.

Zu nennen sind hier Anwendungen im Bereich Internetof-Things (das heißt die Verknüpfung physischer Objekte mit einer virtuellen Repräsentation), Pay-per-use (also die Bezahlung der in Anspruch genommenen Nutzleistung einer Maschine) oder "Machine-to-Machine"-Zahlungen (Maschinen bezahlen sich quasi gegenseitig für die Inanspruchnahme von Diensten).

Auch wolle man sich auf nationaler Ebene nicht abhängig machen von ausländischen Anbietern, von deren digitalen Zahlungsmitteln und -systemen (gemeint sind vor allem US-amerikanische), und deshalb sollten die nationalen Zentralbanken (die das Geldmonopol innehaben) ihr eigenes digitales Zentralbankgeld anbieten.

Die Zentralbanken betonen zwar, das digitale Zentralbankgeld sei kein Ersatz für das Bargeld. Aber genau das könnte es werden. Und digitales Zentralbankgeld kann sich auch zu einer Konkurrenz für das Geschäftsbankengeld, das die Kunden auf ihren Konten halten, entwickeln. Kein Wunder also, dass die Geschäftsbanken alles andere als euphorisch sind mit Blick auf das digitale Zentralbankgeld.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"