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Was geschieht mit unserem Geld? Gold und Silber in Zeiten der digitalen Transformation

06.03.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Nicht übersehen werden sollte an dieser Stelle, dass das staatliche Geldmonopol, gerade das Fiatgeldmonopol, Fehler- und auch Missbrauchspotentiale birgt. Das gilt auch und in besonderem Maße für digitales Zentralbankgeld. Denn die Zentralbank, die digitales Zentralbankgeld ausgibt, kann die Geldmenge, die die Menschen auf Zentralbankkonten oder in digitalen Brieftaschen ("Wallets") halten, unmittelbar beeinflussen – sie kann die Menge des Geldes mehren oder verringern, wie es gerade politisch gewünscht ist. Das kann dem Kaufkraftschwund des Geldes zusätzlich Schub verleihen.

Und verdrängt das digitale Zentralbankgeld das Bargeld, sind die Guthaben der Menschen in den Bankbilanzen quasi eingeschlossen, können nicht mehr abgezogen werden.

Der Bankkunde kann sich einem Bankencrash nicht mehr entziehen; auch nicht einer Streichung seiner Guthaben im Zuge einer Bankenrettung (des sogenannten "Bail in"). Es stellt sich weiterhin die Frage, ob sich beim digitalen Zentralbankgeld tatsächlich sicherstellen lässt, dass die Kundendaten nicht von Dritten eingesehen werden; ob sich die finanzielle Privatsphäre aufrechterhalten lässt, damit der Mensch nicht vollends gläsern wird.

Zu bedenken ist auch, dass sich digitales Zentralbankgeld programmieren lässt. Es lässt sich beispielsweise verfügen, wer was wann kaufen darf, oder wer belohnt wird für sein Verhalten oder wer dafür bestraft wird – etwas, das in China als Social Credit Score bekannt ist. Es stellt sich also die Herausforderung, wie mit einem solchen Geld letztlich die individuellen Freiheitsrechte der Menschen geschützt werden können.

Es scheint daher angemessen zu sein, dass in der breiten Öffentlichkeit die Chancen, Risiken und Nebenwirkungen eines solchen Projektes eingehend erörtert werden – und dann sich für oder vielleicht auch gegen die Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld entschieden wird.


Gold und Silber

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, ich habe die Frage "Was geschieht mit unserem Geld" zwei Mal gestellt, einmal mit Blick auf die aktuelle Konjunkturlage, und einmal mit Blick auf die digitale Transformation. Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine weitere Frage: Welche Rolle werden und können Gold und Silber für den Anleger in 2023 und darüber hinaus, in der digitalen Zukunft, spielen? Das Gold hat seit je her einen festen Platz im Portfolio der Anleger.

Es gibt Anleger, die sehen Gold als Vermögen an (sie stellen Gold also in eine Reihe mit Aktien, Immobilien und Anleihen); oder sie stufen Gold als Rohstoff ein (also Gold neben Öl, Eisen, Kupfer etc.), und wieder andere meinen, Gold sei Geld (das heißt, Gold konkurriert mit US$, Euro & Co). Ich persönlich zähle zu denen, die der Meinung sind, Gold ist Geld, ich denke sogar, dass das Gold das Grundgeld der Menschheit ist.

Sie denken das ist eine überholte, eine eingestaubte Sichtweise? Zugegeben: In den letzten Jahren hat der kometenhafte Aufstieg der Kryptoeinheiten – Bitcoin, Ethereum etc. – Schlagzeilen gemacht. Nicht minder die der Stablecoins. Wenig oder gar nicht wurde hingegen in den Medien über Projekte berichtet, die Gold als praktisch einsetzbares Zahlungsmittel vorantreiben. Ich will drei Beispiele kurz nennen.

Beispiel 1: Im Oktober 2022 wurde von einem Abgeordneten ein Gesetzesvorschlag in den US-Kongress eingebracht. Dieser Vorschlag sieht vor, den US-Dollar wieder mit Gold zu decken – wie es ja auch in der US-Verfassung vorgesehen ist.

Beispiel 2: Eine ganze Reihe von US-Bundesstaaten hat in den letzten Jahren die Mehrwert- und Kapitalertragssteuer auf Gold und Silber abgeschafft. Damit haben sie Gold und Silber steuerlich gleichgestellt mit dem US-Dollar, auf regionalstaatlicher Ebene die Attraktivität der Edelmetalle für Zahlungszwecke wiederhergestellt.

Beispiel 3: Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Anbietern, die die Verwendung von Gold digitalisiert haben. Genannt sei hier die Australische Münzstätte, die Perth Mint. Ihre Kunden können einen digitalen, mit physischem Gold gedeckten Token kaufen und jederzeit auch wieder verkaufen. Das ist quasi schon eine Art Einstiegsfenster in ein digitales Goldgeldzahlungssystem.

Alle drei Beispiele – auch wenn über sie in den hiesigen Medien kaum etwas vermeldet wurde – zeigen doch eines: Gold hat seine monetäre Funktion nicht eingebüßt, viele Menschen erblicken im Gold einen attraktiven Wettbewerber zu US-Dollar, Euro & Co. Man darf so gesehen positiv gestimmt bleiben, was die monetäre Nachfrage nach diesen Edelmetallen angeht.

Die zunehmende Nachfrage nach Gold (und gegebenenfalls auch Silber) zu Wertaufbewahrungszwecken, möglicherweise auch zu Zahlungsoperationen wird sehr wahrscheinlich auch eine steigende Marktbewertung dieser Edelmetalle in den kommenden Jahren nach sich ziehen.

Hinzufügen möchte ich an dieser Stelle, dass vor allem auch die Goldnachfrage seitens der Zentralbanken vermutlich weiter zunehmen wird. Vor allem die nicht-westlichen Zentralbanken wollen ihre Währungsreserven stärker diversifizieren, wollen vor allem auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren. Die Konfiskation der russischen Währungsreserven durch die USA und ihre Alliierten im Westen im Jahr 2020 befördern vermutlich diese Entwicklung.

In dem Maße, in dem der US-Dollar als internationale Währungsreserve in Frage gestellt wird, gewinnt natürlich vor allem das Gold zusätzlich an Attraktivität: als Währungsreserve, als solide Teildeckung für das Fiatgeld, möglicherweise auch als eigenständiges Zahlungsmittel.

Es gibt also eine ganze Reihe von Faktoren und Entwicklungen, die aus meiner Sicht physisches Gold und Silber zu einem zusehends attraktiveren Element im Anlageportfolio machen. Ich denke, physisches Gold und Silber werden sich, gerade in den Zeiten, die vor uns liegen, als risikosenkend und renditesteigernd im Anlageportfolio erweisen. Ich rechne mit steigenden Gold- und Silberpreisen in den kommenden Jahren.

Ich halte es für gut möglich, dass der Goldpreis sich in nicht allzu weiter Zukunft zunächst auf 2200 US-Dollar pro Feinunze zu bewegt, das wäre ein Anstieg von etwa 20 Prozent gegenüber dem aktuellen Preis. Bei Silber halte ich 29 US-Dollar pro Feinunze für gut möglich, ein Preiszuwachs von 30 Prozent.

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, ich komme zum Schluss. Das weltweite Fiatgeldsystem ist in schwieriges Fahrwasser geraten, der Kaufkraftschwund von US-Dollar, Euro & Co wird sich sehr wahrscheinlich fortsetzen.

Die digitale Transformation wird den monetären Status von Gold und Silber mit ihrer geradezu einzigartigen, seit Jahrtausenden erprobten Eignung, den Menschen als verlässliches Wertaufbewahrungsmittel zu dienen, nicht angreifen. Sie befördert perspektivisch sogar die Möglichkeit, dass Gold mit allen seinen Geldfunktionen wieder Verwendung finden kann. Gerade die Möglichkeit, die Geldqualitäten von Gold und Silber durch digitale Anwendungen nutzbar zu machen, dürfte die Attraktivität dieser Edelmetalle erhöhen und ihre Marktbewertung sehr wahrscheinlich ansteigen lassen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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