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Ist der US-Dollar wirklich "too big to fail"?

07:00 Uhr  |  Matt Piepenburg
Im Spannungsfeld zwischen Politik (wo Selbstbediener dominieren und nicht Staatsdiener), den Märkten (die eher schulden- als profitgetrieben sind) und den Währungen (die ohne anständige "Sachwert-Begleitung" durch Überproduktion verwässert wurden) kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass wir nicht in interessanten, sondern in surrealen Zeiten leben.

Doch inmitten dieser surrealen Landschaft steht unser US-Dollar, so die Auffassung vieler, wie ein Fels in der Brandung – unsere unsterbliche, wenn auch des Öfteren unbeliebte Konstante.


Der US-Dollar: Too Big To Fail?

Ganz gleich, wie man zum US-Dollar steht, seine Zentrifugalkraft, seine exorbitante Privilegiertheit und seine absolut beispiellose Marktmacht (SWIFT-System, Eurodollar-Systeme, Derivate- und Petrodollar-Märkte) lassen sich einfach nicht leugnen. So ruiniert, entwertet, aufgebläht (und inflationsexportierend) der US-Dollar auch sein mag, seine Stellung als Weltreservewährung (in der 80% der globalen Devisentransaktionen abgewickelt werden) ist stabil.

Vor allem ist der US-Dollar eine Währung (Basisgeld), die allein durch die US-Notenbank "herbei gedruckt" werden kann und die vom Rest der Dollar-hungrigen und Dollar-verschuldeten Welt (über die Eurodollar-Märkte) nur durch Kreditgewährung erschaffen werden kann (wie eine zweite, derivative Kreditwährung). Quasi ein fortwährend laufendes Dollar-Roulette mit zwei Optionen "Schulden und Drucken" bzw. "Schulden und Kreditvergabe".

Damit wird der US-Dollar gewissermaßen zum globalen Basisgeld und zur globalen Währungseinheit, die bei der überwiegenden Mehrheit von derivativen, globalen Schuldeninstrumenten zum Einsatz kommt. Auch alles Weitere ist im Grunde kreditbasiert (so auch die Euro-Dollar-Kredite).

Kredite sind der Treibstoff unserer 330 Billionen US$ schweren Schuldenwelt. Deswegen ist der US-Dollar im weiteren Sinne auch DER globale Treibstoff.

Kurzum: Man könnte hier argumentieren, dass der US-Dollar "too big to fail" ist. Oder etwa nicht?


Der unsterbliche Greenback?

Angesichts der systemimmanenten globalen Nachfrage nach diesem ansonsten verwässerten Superdollar und seiner globalen Kreditfunktion wird dieses nationale und globale System, in dem der US-Dollar seit 1944 regiert, wahrscheinlich und ausschließlich im Rahmen „tiefgreifender Gewalt – ökonomisch / militärisch“ enden, wie es Brent Johnson so treffend formulierte (vorausgesetzt, es kommt nicht, wie durch ein Wunder, zu einem friedlichen Plaza-Abkommen 2.0).

Doch nach Ansicht der Dollar-Optimisten würde selbst ein Systemzusammenbruch – und folglich ein Einbruch am Markt für US-Staatsanleihen – dafür sorgen, dass die US-Staatsanleiherenditen durch die Decke gingen und der US-Dollar folglich (und ironischerweise) noch höher stiege.

Kurzum: Ganz gleich, wie man es dreht und wendet, "König Dollar" triumphiert. Und alle Zentralbanker in Washington wissen das. Oder etwa nicht?

Bei ihrer realpolitischen Analyse des Weltfinanzsystems haben jene Dollar-Realisten immerhin eine Wahrheit für sich entdeckt: Der US-Dollar ist, ob es einem passt oder nicht, das Basisgeld des globalen Finanzsystems und somit auch "der letzte, der fallen wird".


Golddeckung?

Bei der Frage, ob der US-Dollar wieder durch Gold gedeckt werden sollte, würden ebenjene Realisten wieder an William Jennings Byrans "Gold Cross"-Argumentation aus dem Jahre 1896 erinnern, in der er davor warnte, dass sich im Falle einer Goldkoppelung des US-Dollars eine derart schwerwiegende Kreditverknappung einstellen würde, dass Durchschnittsbürger und Kleinunternehmen den Kreditmangeltod auf Raten sterben würden.

Darüber hinaus existiert die ebenso realistische Einschätzung, dass kein Land für längere Zeit unter der Aufsicht einer Gold-Anstandsdame (bzw. einem "Standard") stehen möchte, weil das die staatliche Souveränität beim "Herbeiklicken" gerade benötigter Eigenwährung nur behindern würde (sprich: wenn das Land wieder einmal mit dem Rücken zur selbstgebauten Schuldenwand steht).

Verzagt kommen die Vertreter dieser Meinung dann zu dem Schluss, dass Geld (und folglich der US-Dollar) immer das ist, wofür sich das stärkste Land (der stärkste Tyrann) entscheidet. Und ob es einem passt oder nicht: Die USA und der US-Dollar können immer noch den stärksten Bizeps im globalen Dorf präsentieren. Oder etwa nicht?


In der Annahme, dass sich nie etwas ändert (auch die Geschichte nicht)

Doch jeder der zuvor genannten (und nicht abwegigen) Schlüsse ist nur solange stichhaltig, solange man davon ausgeht, dass die USA auch der stärkste Tyrann (mit dem stärksten Geld) bleiben werden. Die Zeugnisse der Geschichte, welche sich eher dynamisch als statisch entwickelt, dürften jedoch einen anderen Schluss nahelegen.

Aktuell ist der US-Dollar für die meisten noch höchst entscheidend. China, Russland oder Indien mögen wichtig sein, dennoch würde kaum einer von uns die Prognose abgeben, dass der Yuan, der Rubel oder die Rupie den Greenback ersetzen werden.

Ich jedenfalls nicht.

Auch hier: Der US-Dollar wird Liquiditätskönig bleiben. Und selbst jenen, die das Thema Entdollarisierung erst nehmen, stellt sich folgende Frage: Werden die erweiterten BRICS-Staaten tatsächlich in der Lage sein, sich auf eine goldgedeckte BRICS(+)-Währung zu einigen, die in, sagen wir, Moskau oder Shanghai eingelöst wird?

Ich habe da meine Zweifel, aus einem einfachen Grund: So sehr die erweiterten BRICS-Staaten in ihrem gemeinsamen Misstrauen gegen den inzwischen waffenfähigen US-Dollar geeint sind, ihr gegenseitiges Vertrauen dürfte nicht stark genug sein, um auf die Option selbstbestimmter Währungsschöpfung zu verzichten, die ihnen im Rahmen ihrer Landeswährung noch bleibt.

Doch damit ist die Diskussion um die neue und aufstrebende Rolle von Gold in einer sich wandelnden Dollar-Umgebung / Welt nicht beendet!


Den Dollar umgehen und nicht ablösen

Aus meiner Sicht schießen die Debatten um eine neue goldgedeckte Währung bzw. die dramatische These zum "Ende des Dollars" übers Ziel hinaus.

Die Fakten und die heutigen / zukünftigen historischen Entwicklungen deuten darauf hin, dass es im Kern tatsächlich nicht um die Ablösung des US-Dollars geht, sondern schlichtweg um seine Umgehung – und zwar auf dem Weg einer neuen Preisfindung, der sowohl für schwarzes als auch echtes Gold gerade geebnet wird.


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