Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Groteske Realitäten: Ironie als Brückenschlag

20.07.2009  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
- Seite 4 -
Blasenschöpfer regieren

Nach den so erfolgreich geschaffenen Blasen der japanischen Aktienmärkte, der Bonds, der Internetwerte, der Immobilien, Hypotheken und der Rohstoffe, haben nun die Mächtigen noch etwas Neues geschaffen, was alle Probleme für immer lösen wird: Die globale Blase der Rettungsaktionen. Auch sie wird sich zu einer schmerzhaften Brandblase entwickeln.

In Russland schmerzt es schon. Angesichts der rapide steigenden Arbeitslosenzahlen, der niedrigen Ölpreise und der Finanzkrise will Präsident Medwedew seinen Landsleuten das Goldschürfen wieder erlauben. Ganze Heerscharen von Arbeitslosen und armen Pensionären stehen Gewehr bei Fuss, um Bäche, Flüsse und Abraumhalden zu durchsieben und nach Gold zu graben. Dies soll die Zahl der Beschäftigungslosen von derzeit fast 7 Millionen Menschen deutlich verringern. So hat die Goldproduktion auch ihr Gutes.

Weltweit schmerzte es bisher nicht nur die Ärmsten und die kleinen Anleger sondern sogar die Superreichen. Laut Forbes hat sich zwischen April 2008 und März 2009 die Zahl der Dollar-Milliardäre weltweit von 1125 auf 793 Personen reduziert. Auch die auf der Liste Verbliebenen mußten bitter leiden. So schrumpfte das Vermögen des berühmtesten Investors der Welt, Warren Buffett von 62 auf 37 Milliarden $. Einen ähnlich brutalen Schicksalsschlag erlitt der bisher reichste Mann der Welt, Carlos Slim Helu, der statt 65 jetzt nur noch 35 Milliarden $ sein eigen nennt. Aldi Gründer Karl Albrecht verbleiben noch bescheidene 21,5 und Ingvar Kamprad (Gründer der Firma Ikea) 22 Milliarden $. Diesen beklagenswerten armen Neu-Reichen wäre mit massiven Investitionen in Gold sehr viel besser gedient gewesen. Vielleicht bringt sie ihr stures Verbleiben in den langsam sterbenden Papierwährungen eines Tages noch an den Bettelstab. Dann winkt Hartz 4. Oder sie reihen sich in die Fusstruppen der Goldsucher ein.

Das Bild der globalen Wirtschaft beschwört derzeit das Bild des beliebten Souvenirs der Kopfjäger von Borneo herauf: Den geräucherten Schrumpfkopf. Am Ende von 2008 waren weltweit etwa 40 Billionen $ an den Börsen und in den Häuser- und Derivatemärkten vernichtet worden. Am 31. Dezember 2008 atmete die Investorengemeinschaft erleichtert auf. Das Schlimmste der Schrumpfperiode mit ihren finanziellen Ausräucherprozessen schien endlich vorüber. Doch dann kam leider das Jahr 2009, wie Jahre sich eben so zu folgen pflegen. Der Jahreswechsel war einfach nicht aufzuhalten. Bis Anfang März gaben die Weltmärkte im Durchschnitt noch einmal um 19% nach.

Geht es so weiter, wird man sich in Investorenkreisen wehmütig an das gute alte Jahr 2008 erinnern, indem alles noch relativ gut verlief. Hierbei kommt die zentrale Rolle den Zentralbanken zu, die den dienernden Politikern beliebige Summen zur Verfügung stellen, Bürgschaften in jeder gewünschten Höhe abgeben und mit zahlreichen unkonventionellen Maßnahmen aller Art - wie beispielsweise dem Aufkaufen von Giftmüllpapieren, dem implodierenden Finanzsektor unter die Arme greifen. Dort trifft der neue Werbeslogan alle Nägel auf ihre Köpfe: «Die Zentralbank, dein Freund und Helfer!».

Oder auch: «Nicht verzagen, Bernie fragen!». Der gute Heli-Ben, der noch immer plant, grüne Geldpacken aus schwarzen Hubschraubern vom blauen Himmel herab über belebten Plätzen regnen zu lassen, weiss immer Rat. Während der Ägide seines Vorgängers, dem berühmten Mister Kauderwelsch, wurde eine Reihe von wandernden Blasen erschaffen, ein beliebig fortsetzbarer Vorgang. Man braucht nur extrem billiges Geld in immer größeren Massen zur Verfügung zu stellen, und die Welt ist gerettet. Dies erzeugt zwar über Inflation und Steuern Negativrenditen für Sparer und Anleger, aber das wird leicht verkraftet. Wozu denn Renditen für die nützlichen Idioten, die, dem Herdentrieb folgend, ihr Geld den Anbietern von Staatsanleihen willig überlassen? Und dies, obwohl die sich jetzt bildende Bondblase demnächst, wie alle ihre Vorgänger, zischend platzen wird.

Indessen agiert die Fed völlig gelassen weiter wie gewohnt: Am 18.3.2009 überraschte eine Meldung, die die Finanzmärkte in Aufruhr versetzte. Die Fed weitete die als Quantitative Easing bekannte Hilfsmaßnahme schlagartig aus. Eine volle Billion $ soll zusätzlich frisch gedruckt und langlaufende US-Staatsanleihen angekauft werden. Dadurch sollen auch die Langfristzinsen sinken und die Kreditnachfrage steigen. Hinzu kommt der Ankauf von wertlos gewordenen Problempapieren in Höhe von zunächst 750 Milliarden $. Insgesamt weist das neue Stimulations- und Rettungsprogramm ein Volumen von vorerst 1,25 Billionen $ auf. Die gesamte Finanzierung aus dünner Höhenluft geschöpft. Aktien und Bonds zogen daraufhin an, doch der Dollar gab nach. Langsam wird es den Dollarhaltern weltweit doch wohl etwas eng in der Kragengegend. Die Eurokurse jedenfalls avancierten kräftig.

Natürlich verführt diese Schwemmaktion zu immer größeren Fehlallokationen von Kapital und zu neuen gewagten Spekulationen. Sobald sich eine neue Blase abzeichnet, wird wie wild gewettet und die Billiarden fliessen in Strömen, genau wie im Kasino, nur mit astronomischen Dimensionen. Der Zins hat seine Grundfunktion für sinnvollen Kapitaleinsatz längst verloren. Der konstruktive Einsatz des Zinsinstrumentes wurde durch die Machenschaften der Notenbanken nahezu zerstört und lenkt Kapital in sterbende Unternehmen, unwirtschaftliche Projekte oder tote Institutionen.

Besonders deutlich: Beim Nullzins wird nicht mehr zwischen seriösen langlaufenden Investitionen und raschem Geld aus hoch spekulativen Projekten unterschieden, dies führt am Ende leider zum Platzen der mit Sicherheit entstehenden Blase. Doch in ihrer angestammten Rolle als Systemgötter erschaffen die Notenbanker einfach eine neue. Möglich sogar, dass das nächste Glied in der Blasenkette - nach den Bonds - die Edelmetalle einschließt. Deren Preise versuchen die Papiergeldkönige seit Jahrzehnten fortlaufend zu deckeln, um eine Massenflucht von Irregeleiteten aus unserer hochsoliden Papierwährung zu verhindern, vielleicht auch, um einigen umsichtigen Superreichen den preiswerten Einstieg in Edelmetalle zu ermöglichen - klammheimlich - versteht sich.

Und der heissgeliebte und von den Medien wie ein reinkarnierter Erzengel gefeierte Obama erklärte feierlich und wiederholt:«Ab sofort wird eisern gespart und der Haushalt in den nächsten Jahren ausgeglichen sein. Dafür verbürge ich mich. Vertraut mir nur, liebe Mitbürger. Die Schulden und alle anderen Probleme werden verschwinden, wenn alle mit anpacken, tüchtig arbeiten und optimistisch sind.

Amerika ist und bleibt das stärkste Land der Welt und uns kann nichts erschüttern.» Nur merkwürdig, dass inmitten all dieser groß angekündigten «Sparpolitik» und vollmundigen «Schuldenbekämpfung» das größte Haushaltsdefizit in der Wirtschaftsgeschichte der Welt ganz beiläufig mit vorgestellt wurde. Erst war von 600, dann von 800, dann von 1200 Milliarden $ die Rede. Jetzt sind es plötzlich 1,75 Billionen $ mehr Ausgaben als Einnahmen, die aber mit off-budget-items und Nachtragshaushalten bis zum 1. Januar 2010 mühelos auf 2 Billionen $ anschwellen dürften. Der Schuldenberg wächst also um einen Rekordbetrag weiter, während man gleichzeitig von einem tollen «Sparprogramm» redet. Irgendwie erinnert das Ganze an den Orwell-Speak der Verdrehung: «Wahrheit ist Lüge, Schmerz ist Lust, Schwarz ist Weiss, Täuschung ist Ehrlichkeit, Gold ist Schmutz, Silber ist Dreck. Reden ist Schweigen und Verschwenden ist Sparen».

Neuerdings scheint aber «Gewinn ist Verlust» ein Bedeutung zu gewinnen, denn Ratingagentur Moody hat in seltener Einsicht in die Situation eine Todesliste aufgestellt. Diese schwoll in den letzten Monaten von 150 auf 283 Todeskandidaten an, Es handelt sich um große Unternehmen mit Ratings unter Caa1, inkl. B3-Firmen im Überprüfungsprozess. Auf dieser roten Liste finden sich erstaunliche Namen, wie Chrysler, Ford, Lear, Eastman Kodak, Obsthändler Dole, GM und US Airways. Wurde auch Zeit für etwas action, denn ansonsten wäre Moody wie die Branchenkollegen zur absoluten Bedeutungslosigkeit verkommen, mit einer möglichen Zukunft in der Amüsierbranche. Doch völlig unbeirrt von derlei unbedeutenden Ereignissen fahren die Mächtigen und ihre Propagandamaschinen fort, segensreich in ihrem Sinne zu wirken.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"