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Ein kurzer Blick auf das große Bild enthüllt so manchen Irrsinn

03.02.2010  |  Claus Vogt
- Seite 9 -
Überbewertete Märkte können lange überbewertet bleiben und - wie Ende der 90er Jahre - historisch einmalige Extremwerte erreichen. In diesen Phasen wird die Geduld der Anleger, die sich ausschließlich an fundamentalen Kennzahlen orientieren, auf eine harte Probe gestellt. Eine ausschließliche Orientierung an Bewertungskennzahlen reicht also nicht aus, um an der Börse erfolgreich zu sein. Es sei denn, man ist bereit, den Märkten 10 oder sogar 20 Jahre lang den Rücken zu kehren. Nun hat die Finanzmarktgeschichte aber gezeigt, dass es auch in Zeiten exzessiver Überbewertung gewisser Auslöser bedarf, um den unausweichlichen Korrekturprozess einzuleiten. Gewöhnlich spielen in diesem Zusammenhang die monetären Rahmenbedingungen eine herausragende Rolle.

Bei den monetären Rahmenbedingungen sehe ich bereits erste deutliche Warnsignale. Im Jahresvergleich wächst die amerikanische Geldmenge M-1 um sehr inflationäre 13,5% und im annualisierten 6-Monatsvergleich um 11,4%. Im annualisierten 3-Monatsvergleich beträgt das Geldmengenwachstum allerdings "nur" noch 5,8%. Ein deutlich restriktiveres Bild zeigt sich allerdings bei anders abgegrenzten Geldmengenaggregaten. MZM und M-2 wachen im Jahresvergleich um 7,3% bzw. um 6,0%, im annualisierten 6-Monatsvergleich schrumpft MZM um 0,2%, während M-2 um 1,1% wächst. Und im annualisierten 3-Monatsvergelich steigt MZM noch um 0,5% und M-2 um 0,2%.

Die Rally an den Aktienmärkten war und ist zu einem großen Teil das Ergebnis der extrem aggressiven Geldpolitik. Aufgrund der prekären realwirtschaftlichen Situation halte ich die Wahrscheinlichkeit für überaus groß, dass sowohl die Finanzmärkte als auch die Realwirtschaft einer weniger expansiven Geldpolitik nichts entgegen zu setzen haben. Aufgrund der langen Verzögerung, mit der geldpolitische Veränderungen wirksam werden, überwiegt derzeit sicherlich noch der Einfluss der im Jahresvergleich sichtbaren extrem laxen Geldpolitik, die als panikartige Antwort auf die Krise umgesetzt wurde. Dieser inflationäre Rückenwind wird in den kommenden Quartalen vermehrt fehlen.

Die Sentimentindikatoren zeigen eine geradezu sensationelle Rückkehr des Börsenoptimismus’ an. Beispielsweise ist der Anteil der bearishen US-Börsenbriefe bereits seit acht Wochen auf ein Extremniveau von aktuell nur 15,9% gefallen, während die Anzahl der bullishen Börsenbriefe auf 53,3% gestiegen ist. Damit übersteigt die Anzahl der Bullen die der Bären um das Dreifache. Wie Sie im untenstehenden Chart sehen können, kam es in der Vergangenheit nach solchen Extremwerten relativ zügig zumindest zu einer gewissen Korrektur.

Das Verhalten des Optionsmarktspekulanten zeigt ebenfalls ein sehr hohes Maß an Börsenoptimismus. Der 10-Tage-Durchschnitt der NYSE Put-Call-Ratio ist auf 0,75 gefallen; bei den Aktienoptionen - also ohne Berücksichtigung der Indexoptionen - beläuft sich diese Kennzahl sogar nur auf 0,55. Auch diese Indikatoren deuten auf eine größere Korrektur hin.

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S&P 500 Index und Investor Intelligence Sentimentindikator, 2004 bis 2010
Die Sentimentindikatoren deuten auf eine Korrektur hin. Quelle: www.decisionpoint.com
[1] S&P 500 Large Cap Index (Weekly) [2] Investors Intelligence Bulls (Weekly) [3] Investors Intelligence Bears (Weekly) [4] Investors Intelligence Bulls/Investors Intelligence Bears (Weekly)


Fazit: Der mittelfristige Aufwärtstrend ist intakt

Die monetären Indikatoren sowie die realwirtschaftlichen Frühindikatoren zeigen derzeit noch keine akute Gefahr an. Auch die mittelfristigen Trendindikatoren wie beispielsweise die 200-Tage-Durchschnittslinien, die Advance-Decline-Statistiken oder die Statistik der Anzahl der Aktien, die 52-Wochen-Hochs bzw. -Tiefs erreichen, sprechen noch nicht für ein Ende der seit März 2009 laufenden Erholung.

Allerdings sind die Aktienmärkte eindeutig überbewertet und technisch überkauft, und sie zeigen ein deutliches Bild von Überoptimismus. Das ist eine Konstellation, die für eine bald einsetzende Korrektur spricht. Diese Korrektur sollte sich aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als kurzfristige Kaufgelegenheit herausstellen, auf die neue Jahreshochs folgen werden.


© Claus Vogt
Chefanalyst der quirin bank AG



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