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Im Zeichen der Henne

04.10.2014
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Die Prägetätigkeit der albertinischen Kur-Linie

Unter der Regierung des Direktoriums wurden in der Folgezeit in Schleusingen für die albertinische Linie des Hauses Wettin nur sporadisch Münzen emittiert, so während der Kipperzeit, 1705 und zwischen 1712 und 1718.

Im Zuge der Ausweitung des Kipper(un)wesens teilte Kurfürst Johann Georg I. (1615-1656) 1621 dem hennebergischen Rentmeister zu Schleusingen, Hieronymus Stumpff, mit, dass er die Münzstätte in der ehemaligen Grafschaft Henneberg wieder beleben wolle. Als Münzmeister sollte der in Ilmenau angestellte Bergmeister Barthel Eisendraht in der Mittelmühle in Schleusingen für die Prägungen verantwortlich sein.(45)

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Abb. 43: Sachsen, Kurfürstentum, Johann Georg I. (1615-1656). Kipper-24 Kreuzer 1621, Schleusingen, Mm. B. Eisendraht. Reichsapfel mit Wertzahl Z4 teilt Jz., darunter drei Wappen//Große Henne l. auf kleinem Berg, im ovalen, mit je vier Blüten und Rollen verzierten Schild, oben dreiblättrige Blüte. Rahnenführer 228 (Künker Okt. 2014).


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Abb. 44: Sachsen, Kurfürstentum, Johann Georg I. (1615-1656). Kipper-24 Kreuzer 1622, Schleusingen, Mm. B. Eisendraht. Reichsapfel mit Wertzahl Z4 über drei Wappen, dazwischen drei Punkte, unteres Wappen teilt Jz./ Henne r. (!) auf Berg, im ovalen Schild, umgeben von Ornamenten und gestielten Blüten, unten zwei Ringel. Heus (1996), Abb. 14. Sehr seltene Variante mit nach rechts stehender Henne (Künker Okt. 2014).


Das Hauptnominal der während der Kipperzeit emittierten Prägungen war das 24 Kreuzer-Stück zu 8 Groschen, im Fränkischen auch als Sechsbätzner bekannt (vgl. Abb. 43 und 44). Eine Probierung der im Juni/Juli 1622 emittierten Schleusinger Münzen in Dresden ergab eine Untergewichtigkeit von 28% - kein Wunder bei der allgemein mangelhaften Kontrolle in den Pachtmünzstätten. Die erheblichen Abweichungen führten zu Protesten in der Bevölkerung, die die Abnahme der Münzen verweigerte.(46)

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Abb. 45: Sachsen, Kurfürstentum, Johann Georg I. (1615-1656). Kipper-12 Kreuzer 1622, Schleusingen, ohne Mmz. Reichsapfel mit Wertzahl IZ teilt Jz., darunter drei Wappen, in der Mitte S//Henne l. auf Dreiberg stehend, im ovalen, mit Voluten und gestielten Blumen verzierten Schild, oben Stachelrosette. Nußmann (1984), S. 1921; Heus (1996), Abb. 10 (Künker Okt. 2014)


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Abb. 46: Sachsen, Kurfürstentum, Johann Georg I. (1615-1656). Kipper-12 Kreuzer 1621/1622, Schleusingen, ohne Mmz. Reichsapfel mit Wertzahl I2 über drei Wappen, in der Mitte drei Punkte, unterer Schild teilt Jz.//Henne l. auf Dreiberg, im herzförmigen, mit vier Blüten und Rollwerk verzierten Schild. Nußmann (1984), S. 1921. Sehr seltene Zwitterprägung (Künker Okt. 2014).


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Abb. 47: Sachsen, Kurfürstentum, Johann Georg I. (1615-1656). Kipper-3 Kreuzer 1622, Schleusingen, ohne Mmz. Reichsapfel mit Wertzahl 3 über drei Wappen//Henne l. auf Dreiberg, im herzförmigen, mit Rollwerk verziert Schild mit dreiblättriger, aufgesetzter Lilie. Rep. C.13.1.6/8 (Künker Okt. 2014)


Hinzu kamen die wesentlich selteneren 12 Kreuzer (zu 4 Groschen, Abb. 45 und 46), 3 Kreuzer (Groschen, Abb. 47) sowie die erst seit einigen Jahren bekannt gewordenen 2 Pfennig-Stücke. Parallelen zur kursächsischen Kippermünzprägung ergeben sich bei den Stücken zu 24, 12 und 3 Kreuzern. Der Vielzahl der Stempel nach dürfte der Ausstoß an 24 Kreuzern in der Münzstätte Schleusingen von Sommer 1621 bis Sommer 1622 relativ hoch gewesen sein. Ein Grund für die geringe Anzahl der erhaltenen 12 Kreuzer-Stücke könnte in ihrer starken Untergewichtigkeit (Lötigkeit) liegen, die dazu führte, dass diese Stücke in der ausgehenden Kipperzeit rasch wieder eingeschmolzen wurden.(47)

Bei der bereits mehrmals zitierten endgültigen Aufteilung der Grafschaft Henneberg im Jahre 1660 fielen 5/12 der Anteile an die kurfürstliche, albertinische Linie. Johann Georg I. hatte in seinem Testament 1652 verfügt, dass seine drei jüngeren Söhne sog. SEKUNDOGENITUR-FÜRSTENTÜMER erhalten sollten. 1657 bzw. 1663 wurden die drei Territorien und die zugehörigen Hoheitsrechte abgegrenzt, es entstanden die Herzogtümer Sachsen-Zeitz, Sachsen-Weißenfels und Sachsen-Merseburg.

Prinz Moritz, der viertälteste Sohn, erhielt die vorher zu dem 1562 säkularisierten Stift Naumburg gehörenden Besitzungen und 1660 eben die hennebergische Residenzstadt Schleusingen. Sein Sohn Moritz Wilhelm (1681-1717, + 1718) bemühte sich intensiv um die Emanzipation von der Dresdner Kurlinie. Er suchte nach Möglichkeiten, seine als zweitrangig erachtete Stellung und seinen heterogenen Herrschaftsbereichs aufzuwerten, indem er für sein Fürstentum die REICHSSTANDSCHAFT zu erlangen suchte.(48)

Der Versuch, dies über eine "Reaktivierung" der ehemals mit dem Stift Naumburg zustehenden Stimmrechts im Reichsfürstenrat zu erreichen, wurde von der kursächsischen Linie blockiert. Erfolgreicher war ein hingegen ein anderer Schritt in Richtung Reichstagspräsenz: 1700 erwarb Moritz Wilhelm für 45.000 Taler den kursächsischen Anteil an der Grafschaft Henneberg mit dem anteiligen Reichstagsvotum.(49)

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Abb. 48: Sachsen-Zeitz, Moritz Wilhelm (1681-1717). 3 Kreuzer 1702, Coburg, für die Grafschaft Henneberg, Mm. H. E. Angerstein. Wappen von Naumburg, Sachsen und Henneberg unter Fürstenhut//Reichsapfel mit Wertzahl teilt Jz. Slg. Merseb. 4333 (Künker Okt. 2014).


Um seine neu gewonnene Würde zu dokumentieren, ließ Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz Münzen emittieren, und zwar in Coburg, wo auch die Linien Coburg, Saalfeld, Meiningen und Hildburghausen prägen ließen. Dort arbeitete zwischen 1686 und 1705 (?) Heinrich Ernst Angerstein als Münzmeister auf der von ihm privat betriebenen Stahlhütte. Zwischen 1698 und 1701 lief gegen ihn zwar eine Untersuchung wegen Falschmünzerei, die jedoch gegen eine Abstandszahlung eingestellt wurde.

Das Groschenstück weist in seiner Umschrift auf das vorgesehene Umlaufgebiet in der Grafschaft Henneberg-Schleusingen hin (Abb. 48). Im Gegensatz zur Coburger Prägung trägt es die süddeutsche Zählweise zu drei Kreuzern und nicht die obersächsische zu 1/24 Taler.(50)

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Abb. 49: Sachsen-Zeitz, Moritz Wilhelm (1681-1717). Pfennig 1702 Coburg, für die Grafschaft Henneberg, Mm. H. E. Angerstein. Wappen von Naumburg, Sachsen und Henneberg unter Fürstenhut//Reichsapfel mit Wertzahl teilt Jz. (Künker Okt. 2014).


Nur sehr weniger Exemplare sind vom Pfennig 1702 bekannt. Vom Münzbild her entspricht er dem vorhergehenden Dreikreuzer-Stück, allerdings wurde er wohl - wie die Coburger Pfennige - nach obersächsischem Kreisfuß ausgebracht, worauf der Wert im Reichsapfel verweist (Abb. 49). Unabhängig von dieser Ausgabe von Kleingeld erfolgte seit 1699 die Prägung von Reichstalern und 2/3 Talern aus dem Silber der gemeinschaftlich von allen sächsischen Linien besessenen Bergwerke in Ilmenau (siehe unten).

Nach dem Aussterben der drei albertinischen Nebenlinien fiel - neben den anderen Gebieten - auch Henneberg dem Kurfürst Friedrich August III. (I.) von Sachsen (1763-1806) als alleiniger Besitz zu.(51) Im Kurfürstentum hatte man 1763 den Konventionsfuß übernommen, demzufolge aus der feinen Mark Silber künftig zehn Taler geprägt werden sollten. Im Kleinmünzenbereich hingegen hielt man in Dresden weiterhin am Reichsmünzfuß fest, was sich für die Münzprägung für südlich des Thüringer Waldes gelegenen Gebiete nicht so einfach umsetzen ließ.

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Abb. 50: Sachsen, Kurfürstentum, Friedrich August III. (I.) (1763-1806). 5 Konventionskreuzer 1765, Dresden, für die Grafschaft Henneberg. Mit dem Fürstenhut bedecktes Monogramm in Quadrat//Münzfuß in Quadrat teilt seitlich Wertzahl. Buck 249 (Künker Okt. 2014).


In dem am 11. Juni 1765 in Themar geschlossenen Münzvertrag kam Kursachsen mit den fürstlichen Häusern zu Coburg, Hildburghausen und Meiningen überein, künftig für ihre im fränkischen Reichskreis gelegenen hennebergischen Lande eine gemeinsame Geldpolitik zu betreiben. Die Basis sollte der 20-Gulden-Fuß bilden, der in Kursachsen bereits gesetzlich verankert war und über den im Fränkischen Kreis verhandelt wurde. Als praktische Maßnahme wurde die Ausmünzung bestimmter Mengen an justirten Patzen und Kreuzern durch alle Partner vereinbart. Unter diesen Batzen waren Konventions-Fünfkreuzerstücke zu verstehen.(52)

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Abb. 51: Sachsen-Coburg-Saalfeld, Ernst Friedrich (1764-1767). 5 Konventionskreuzer, Saalfeld, für die Coburger Land. Probeprägung nach dem Vertrag von Themar. Mit dem Fürstenhut bedecktes, ligiertes Monogramm in Raute//Wert und Jahr in Raute.


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Abb. 52: Sachsen-Coburg-Meiningen, Charlotte Amalie (1763-1775). 5 Konventionskreuzer 1765, Nürnberg. Mit dem Fürstenhit bedecktes, quadriertes Wappen//Wert und Jahr in Kartusche.


Doch einzig das Fürstentum Coburg ergänzte noch im gleichen Jahr die vorgesehene Nominalreihe um drei Wertstufen, so dass ein abgestuftes System nach süddeutscher Norm entstand (Abb. 51).(53) In Dresden ließ man für die Grafschaft Henneberg nur Konventions-5 Kreuzerstücke prägen (Abb. 50), in Meiningen wurden Konventions-5 Kreuzer- und 1 Kreuzer-Stücke ausgegeben (Abb. 52).

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Abb. 53: Sachsen, Kurfürstentum, Friedrich August III. (I.) (1763-1806). Kreuzer 1765, Dresden, für die Grafschaft Henneberg. Fürstenhut über Monogramm//Wert und Jahr in vier Zeilen. Buck 248 (Künker Okt. 2014).


Nach welchem Münzfuß hingegen das Henneberger Einkreuzerstück von 1765 geprägt wurde, ist fraglich (Abb. 53). Buck löste das Monogramm CM auf dem Revers als "Churfürstliche Münze" auf, womit diese Prägungen als Landmünzen anzusehen wären.(54) Die vergleichbaren Coburger Kreuzerstücke jedenfalls lassen deutlich ihre Ausprägung nach dem Konventionsfuß erkennen.

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Abb. 54: Die Grafschaft Henneberg um 1640





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