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Der Kreditzyklus - Diesmal ist er anders ...

01.02.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik wird zusehends unwahrscheinlich. Die Preisverzerrungen in den Finanzmärkten nehmen zu, der Kreditzyklus wird künstlich in die Länge gezogen, die Kosten der Korrektur - zu der es irgendwann kommen wird - steigen. Das Halten von Gold isteine Möglichkeit, das Portfolio gegen Verluste - insbesondere Kaufkraftverluste beim ungedeckten Geld - abzusichern.

Kredit ist ein zentrales, ein prägendes Element der internationalen Wirtschafts- und Finanzarchitektur. Der Begriff "Kredit" stammt aus dem Lateinischen, vom Wort credere, das glauben und vertrauen bedeutet. Kredit ist, verstanden als Vertrauen, unverzichtbar für die arbeitsteilig organisierten Volkswirtschaften: Man muss sich aufeinander verlassen können, dass die geschlossenen Verträge auch erfüllt werden; dass beispielsweise der Kreditnehmer wie vertraglich vereinbart seinen Schuldendienst leistet. Doch dem Kredit kommt eine noch darüber hinausgehende Bedeutung zu.

Das heutige Geldsystem ist im wahrsten Sinne des Wortes auf Kredit aufgebaut: Zentralbanken und Geschäftsbanken vergeben Kredite, und dadurch erhöhen sie die volkswirtschaftliche Geldmenge. Es handelt sich dabei jedoch um ein Geldschaffen "aus dem Nichts", und das ist problematisch. Beispielsweise verliert das per Kredit geschaffene Geld, das fortwährend vermehrt wird, nicht nur seine Kaufkraft im Zeitablauf. Es sorgt vor allem auch für Wirtschaftsstörungen, für sogenannte "Boom-und-Bust"-Zyklen. Und nicht weniger wichtig: Die Volkswirtschaften geraten in die Abhängigkeit des Bankenapparates. Wie erklärt sich das?

"The Four Most Dangerous Words In Investing Are ‘This Time Is Different’."
- Sir John Marks Templeton (1912 - 2008)

In den Bilanzen der Geschäftsbanken ist der Großteil der volkswirtschaftlichen Geldmenge verbucht. Würden die Banken keine neuen Kredite mehr vergeben und Kreditnehmer auffordern, fällige Kredite zurückzuzahlen, käme es zu einer Schrumpfung der volkswirtschaftlichen Geldmenge. Die Güterpreise, die im Zuge der Geldschaffung per Kreditvergabe zuvor in die Höhe getrieben wurden, würden fallen. Kurz gesagt: Aus Inflation würde Deflation. Dann aber fällt auch die Produktions- und Beschäftigungsstruktur, die in Zeiten steigender Güterpreise errichtet wurde, in sich zusammen. Es kommt zur Rezession-Depression.

Will man verhindern, dass es so kommt, darf der "Kreditmotor" also nicht ins Stottern geraten: Die Geschäftsbanken müssen daher bereitwillig Kredite vergeben und die Geldmenge ausweiten. Das ist auch der Grund, warum in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 - die im Kern eine "Kreditkrise" war - die Zentralbanken alles daran gesetzt haben, die Liquiditäts- und Ertragslage der Geschäftsbanken zu stützen. Man wolle auf keinen Fall, dass die Geschäftsbankenbilanzen und damit die Geldmengen beginnen zu schrumpfen. Das ist den Zentralbanken auch gelungen.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen.


Abb. 1 a bis d verdeutlicht die Entwicklung der Bankbilanzen in ausgewählten Währungsräumen. Wie zu erkennen ist, hat die "Gemeinschaftsbilanz" von Zentralbanken und Geschäftsbanken in allen betrachteten Währungsräumen im Trendverlauf zugenommen. Besonders eindrücklich ist das im Euroraum zu erkennen: Der Rückgang der Geschäftsbankenbilanz ist mehr als ausgeglichen worden durch die Bilanzausweitung der Europäischen Zentralbank (EZB). Den Zentralbanken ist es also gelungen, das Schrumpfen der Bankbilanzen und damit der Kredit- und Geldmengen zu verhindern. Doch wie geht es weiter?



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