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Schöne neue Welt: Finanzmärkte ohne Risiko

10.05.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Zentralbanken vertreiben die Risikosorgen der Investoren. Das ist problematisch, denn die Preisbildung auf den Finanzmärkten wird verzerrt. Fehlentwicklungen sind damit quasi vorprogrammiert.

Die Bewertung der internationalen Aktienmärkte (mit Ausnahme des japanischen Marktes) hat in den letzten Jahrzehnten - unter erheblichen Schwankungen - tendenziell zugenommen (Abb. 1). Betrug das Kurs-Gewinn-Verhältnis zu Beginn der 1970er Jahre noch etwa 10, so hat es sich bis Mai 2019 auf ungefähr 20 erhöht. Die Zunahme der Bewertung der Aktienmärkte hat zwar viele Gründe. Ein Faktor jedoch, der in diesem Zusammenhang besonders bedeutungsvoll sein dürfte, ist der Zins.

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Quelle: Thomson Financial; Graphik Degussa. (1) Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wird ermittelt, indem der Börsenkurs einer Aktie durch den Gewinn pro Aktie dividiert wird.


Um das zu verdeutlichen, zeigt Abb. 2 auf der nächsten Seite das Kurs-Gewinn-Verhältnis des US-Aktienmarktes sowie den US-Kurzfristzins von 1973 bis Mai 2019. Bei der Betrachtung der Graphik fallen zwei Dinge sofort auf. Erstens: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des US-Aktienmarktes hat, wie voranstehend erwähnt, im Zeitablauf (unter erheblichen Schwankungen) zugenommen. Zweitens: Der Zins war in der Betrachtungsperiode im Trend rückläufig. Dieser Zusammenhang ist ökonomisch einsichtig.

Wenn der Zins sinkt, werden die erwarteten Gewinne der Unternehmen mit einer reduzierten Diskontrate abgezinst. Das erhöht die Barwerte der Aktien und damit auch deren Kurse; und es kommt auch zu einer Erhöhung der Aktienbewertungen. Zudem verringert der nachgebende Zins die Kreditkosten der Unternehmen und erhöht dadurch die erwarteten Gewinne. Und auch das trägt dazu bei, die Kurse der Aktien und ihre Bewertungen in die Höhe zu treiben. Eine an dieser Stelle wichtige Frage lautet: Was treibt den Zins?

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Quelle: Thomson Financial; Graphik Degussa. (1) Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wird ermittelt, indem der Börsenkurs einer Aktie durch den Gewinn pro Aktie dividiert wird. Durch genaues Hinschauen erkennt man: Der Zins ist im Zeitablauf gefallen, und das Kurs-Gewinnverhältnis ist im Zeitablauf angestiegen.


Wer setzt den Zins?

Es gibt Stimmen die sagen: Der Zins wird durch die Konjunktur diktiert, und die Zentralbank versucht, ihren Leitzins an diese Vorgabe anzupassen. Eine andere Sichtweise ist: Die Zentralbank setzt den Leitzins nach Gutdünken, und die Wirtschaft passt sich an den Zentralbankzins an. Welche der beiden Positionen die richtige ist, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter erläutern (nur so viel: In der "gelebten Praxis" hat vermutlich beides Bedeutung).


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