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Die EZB hat den Fuß auf dem Gaspedal, aber …

26.07.2019  |  Christian Buntrock
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1146 (08:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1102 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108,64. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121,09. EUR-CHF oszilliert bei 1,10443.

… sie will noch nicht durchtreten. Auf der gestrigen Pressekonferenz sprach ein mir teils aufgewühlt erscheinender Mario Draghi auf der einen Seite von einem schlechter werdenden Konjunkturverlauf, auf der anderen Seite sei es schwer "gloomy", also düster eingestellt zu sein. Damit sieht die EZB, wie viele andere Marktteilnehmer auch, eine Divergenz in den Wirtschaftsdaten. Konkret sorgt sie sich um die auch an dieser Stelle schon mehrfach diskutierten fallenden Frühindikatoren im Verarbeitenden Gewerbe. Der beigefügte Chart belegt deutlich die aufkommende Rezession - nicht nur in den Euro-Ländern - in dem Sektor.

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Fast alle aufgeführten Einkaufsmanagerindizes liegen unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Blendend sieht die Welt dagegen im Servicesektor aus. Für alle Länder zeigen die Indikatoren weiteres Wachstum an.

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Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung.


Anmerkung: Ein Service PMI für Polen liegt nicht vor.

Auch die vor der EZB-Pressekonferenz veröffentlichten Daten des ifo Instituts verdeutlichen diese Situation: die Konjunktur kühlt sich ab, aber nur das Verarbeitende Gewerbe bereitet Sorgen. Im Dienstleistungssektor und Handel trüben sich die Erwartungen etwas ein, die Lage bleibt aber exzellent. Das Bauhauptgewerbe profitiert beständig von der geldmengeninduzierten Sonderkonjunktur ohne ein dunkles Wölkchen am Himmel.

Daher hat die EZB nur die Vertonung geändert. Die Leitzinsen sollen bis zum Ende des ersten Halbjahres 2020 auf dem "aktuellen oder einem niedrigeren Niveau" bleiben. Man ist entschlossen, zukünftig auf die "Symmetrie des Inflationsziels" zu handeln. Hierunter versteht die Mehrheit des EZB-Rats, dass eine Abweichung vom Inflationsziel nach unten wie nach oben mit gleicher Unnachgiebigkeit bekämpft wird.

Die Meinungsdivergenzen über die neue Art der Zieldefinition waren aus Wortlaut und Habitus Draghis deutlich zu erkennen. Den Kopfsprung in das flache Gewässer des Keynesianismus wollte wohl nicht jeder Teilnehmer des Zentralbankrats ohne Widerspruch mitgehen.

Forderte Draghi noch zu Beginn seiner Amtszeit strukturelle Reformen als Flankierung zur Zentralbankpolitik, wurde gestern der Ruf nach der Fiskalpolitik laut, um einen möglichen Schock abzufedern. Ist das jetzt schon notwendig? Die Arbeitslosquote in der Eurozone ist von 12% in 2013 auf 7,7% gefallen, das reale Wachstum lag 2018 bei 1,9%.

Auch wenn es nach den aktuellen Medianprognosen auf 1,1% in 2019 fällt, liegt ein Grund die Staatsausgaben zu erhöhen, nicht vor. Fraglich ist ebenfalls, wann der Grenznutzen der QE-Geldpolitik erreicht ist. Gemäß Bloomberg wurde gestern ein neuer Rekord von negativ verzinslichen Anleihen erreicht, das Volumen lag bei 13,7 Billionen USD! Den Schaden tragen Sparer und alle Wirtschaftssubjekte durch die Fehlallokation von Kapital.

Draghi blieb die Antwort nicht schuldig, er sieht weiter die Vorteile überwiegen. Die wichtige Anschlussfrage, ob die EZB überhaupt eine Methodik hat, um zu bestimmen, wann der Schaden den Nutzen überwiegt, wurde leider auf der Pressekonferenz nicht gestellt.

Der Markt reagierte trotz allem enttäuscht. Kurzfristig sind geldpolitische Maßnahmen heute schöner als morgen. Taktisch verhält sich die EZB richtig und wartet ab, wie die Fed agiert. Erst danach wird sie ihre geplanten Maßnahmen konkretisieren. Wahrscheinlich tritt die EZB im September tief das Gaspedal herunter. Der Schwung wird nicht nur bis Mitte 2020 für niedrige Zinsen ausreichen, sondern noch weiter darüber hinaus.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone 1,1100 - 30 negiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Christian Buntrock
Solvecon Invest GmbH



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