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Null- und Negativzinsen in den USA - und das Geldchaos ist perfekt

27.09.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Mit anderen Worten: Zwischen Goldpreis und Zins besteht ein negativer Zusammenhang - der allerdings in der Praxis durch andere Faktoren überlagert werden kann und folglich nicht immer durch einen kurzen Blick auf die Daten in Erscheinung tritt.

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Quelle: Thomson Financial; Graphik Degussa.


Wenn man Gold hingegen als Geld einstuft, dann erklärt sich der Marktpreis des Goldes wie folgt: Wenn der Zins hoch (niedrig) ist, sind die Kosten der Goldhaltung hoch (niedrig). Der Grund: Gold wirft keine Zinsen ab, anders als Bankeinlagen (in den letzten Jahren war das noch der Fall, heute jedoch nicht mehr). Wer Gold hält, dem entgehen Erträge, die man alternativ durch das Halten von Bankeinlagen hätte erzielen können. In einer Zeit, in der die Marktzinsen von den Zentralbanken auf oder gar unter die Nulllinie gedrückt werden, verliert das Gold seinen "Zinsnachteil" gegenüber Bankguthaben.

Mehr noch: In Zeiten von Null- und Negativzinsen steigt das Gold zu einem der wenigen verbliebenen, international akzeptierten liquiden Mitteln auf. Zudem kann das Gold nicht durch die Zentralbankpolitiken entwertet werden, wie es bei Bankguthaben der Fall ist, und das Gold trägt auch keine Kredit- beziehungsweise Zahlungsausfallrisiken. Dass der Goldpreis jüngst wieder merklich gestiegen ist, kann vor dem Hintergrund fallender Zinsen also nicht verwundern.


(2) In den USA gibt es traditionell einen großen Geldmarkt, auf dem private und institutionelle Anleger Kredite vergeben und aufnehmen. Was würde mit diesem Markt, der derzeit ein Volumen von mehr als 3 Billionen US-Dollar aufweist, passieren, wenn Minuszinsen eingeführt werden? Er könnte "austrocknen", wenn Kreditgeber sich zurückziehen und Banken nicht in der Lage oder willens sind, die "Lücke" im Kreditangebot zu bedienen. Das hätte absehbar katastrophale Auswirkungen für die Finanzmärkte und die Wirtschaftslage, nicht nur in den USA, sondern weltweit.

(3) Die US-Banken ("Wall Street"), die zweifellos politisch machtvoll und einflussreich sind, werden sich gegen "allzu niedrige" Zinsen sperren - denn das verringert ihre Ertrags- und Gewinnpotentiale. Sie werden darauf drängen, dass andere geldpolitische Maßnahmen - wie zum Beispiel geldmengenvermehrende Anleihekäufe der Fed - verfolgt werden.

Vor dem Hintergrund dieser Hürden, die einer Null- und Negativzinspolitik im Wege stehen, soll im Rest dieses Artikels ausgelotet werden, ob die Fed die US-Zinsen - vor allem die Zinsen für US-Staatsschuldpapiere - nicht doch auf und möglicherweise sogar unter die Nulllinie zwingen wird. Eine für alle Anleger überaus wichtige Frage, denn die US-Zinsmärkte spielen - wie einleitend angemerkt - eine Schlüsselstellung im internationalen Finanzsystem.

In den 1930er und 1940er Jahren hatte die Fed die Kurzfristzinsen schon einmal sehr stark abgesenkt, so dass sie bei nahe null Prozent lagen; das gleiche wurde im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 praktiziert. Wenn die Fed die US-Zinsen aber auf oder gar unter die Nulllinie zwingt, betritt sie Neuland.


Wirkung von Null- und Negativzinsen

Gleich zu Beginn sollen einige Konsequenzen überblicksartig aufgeführt werden, die eine Null- beziehungsweise Negativzinspolitik in den USA vermutlich nach sich ziehen würde. Sie wären überaus weitreichend, nicht nur für die USA, sondern auch für nahezu alle Volkswirtschaften auf der Welt:
  • Das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem verliert seinen Kompass, gerät in einen Blindflug; denn die US-Zinsen sind - weil der US-Dollar globale Reservewährung ist - die "Leitzinsen" der Welt.

  • Andere Zentralbanken werden de facto gezwungen, ihre Zinsen ebenfalls in Richtung Nulllinie zu verschieben, möglicherweise sogar darunter (ein Beispiel dafür ist die Schweiz).

  • Bei Null- oder Negativzinsen können Sparen und Investieren überhaupt nicht mehr sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Es kommt weltweit zu Fehlinvestitionen, Spekulationsblasen und Wirtschaftsstörungen.

  • Das Wirtschaften auf Pump wird ermuntert, die Verschuldung von Konsumenten, Unternehmen und staatlichen Stellen wird noch weiter in die Höhe getrieben.


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