Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Null- und Negativzinsen in den USA - und das Geldchaos ist perfekt

27.09.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 5 -
Oder Industrien, die das politisch Gewünschte erzeugen? Arbeitsintensive, nicht aber kapitalintensive Betriebe? Oder sollen die Konsumenten den Geldsegen abbekommen? Soll die Geldmengenvermehrung nur einmal im Jahr an einem bestimmten Stichtag stattfinden? Oder immer am Monatsende? Wie auch immer die Zuteilung erfolgt: Das Helikoptergeld befördert den Weg in eine staatliche Lenkungspolitik - und damit letztlich in eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der der Staat beziehungsweise die Zentralbank und die sie beherrschenden Kräfte bestimmen, wer wann neues Geld zugeteilt bekommt, wer was wo und wann produziert und konsumiert.


Die Systemfrage

Der Übergang zur Null- oder sogar Negativzinspolitik kommt einem Wegbewegen von der Marktwirtschaft hin zu einer zusehends interventionistischen, einer planwirtschaftlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsform gleich; denn ohne einen positiven Zins funktioniert das, was die Marktwirtschaft im Kern ausmacht - und das ist die arbeitsteilige Volkswirtschaft -, nicht mehr. Null- und Negativzinsen führen gewissermaßen still und heimlich einen Umsturz herbei, der sich aber erst im Zuge der praktischen Folgen der Null- und Negativzinsen offenbart.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind, anders als viele Staaten in Europa und in Asien, bislang noch keinem Sozialismusexperiment anheimgefallen. Vielmehr hat man sich hier stärker gegen sozialistische Ideen gestemmt als anderswo auf der Welt. Insofern ist auch kein ganz so schneller "Durchmarsch" von Null- zu Negativzinsen zu erwarten. Doch auch in den USA gibt es starke Kräfte, die die kapitalistische Orientierung von Wirtschaft und Gesellschaft abschaffen wollen. Die Null- und Negativzinspolitik, ausgeheckt vor allem von einflussreichen "Hauptstrom"-Ökonomen, ist für sie ein willkommenes Mittel dazu.

Open in new window

Aber auch der ausgesprochene Gegner des "Establishments", US-Präsident Donald J. Trump, scheint Gefallen an Null- und Negativzinsen gefunden zu haben. Jüngst hat er die Fed öffentlich aufgefordert, die Zinsen auf null oder unter die Nulllinie zu senken. Sein Motiv ist offensichtlich: Wie jede Regierung ist auch die Trump-Administration bestrebt, die Geldpolitik zur Konjunkturförderung und damit zum Zwecke der Wiederwahl einzusetzen. Die Folgewirkungen einer solchen Geldpolitik sind jedoch vermutlich nicht gewünscht.

Denn die Trump-Administration ist angetreten, um mit ihrem Programm "Make America Great Again" und "Draining the Swamp" daran zu arbeiten, die "Wall Street2, die "Elite von Davos" und damit die politische Linke zurückzudrängen. Eine Null- und Negativzinspolitik würde aber gerade diesen Sonderinteressengruppen zugutekommen, sie vor einem "Marktaustritt" bewahren. Die Trump-Administration kann so gesehen eine Null- und Negativzinspolitik der Fed eigentlich gar nicht wollen. Und auch die Wählerschaft, die der Idee des "Nationalist Populism" anhängt, kann sie nicht wollen.

Doch beide sind mit den Verlockungen einer Politik der sinkenden Kreditkosten konfrontiert: Mit ihr lässt sich nämlich die Konjunktur antreiben, und daher ist sie für Präsident Trump gerade mit Blick auf das Wahljahr 2020 reizvoll. Und die verschuldeten Wähler wissen auch, dass Null- und Negativzinsen ihnen Luft verschaffen. Und weil der ehrbare Sparer mit seinem Anliegen nicht durchdringt, ist es vor diesem Hintergrund ziemlich wahrscheinlich, dass die US-Notenbank die Zinsen weiter in Richtung Nulllinie verschieben wird.

In letzter Konsequenz lässt sich das auch aus den Zwängen des ungedeckten Papiergeldsystems schlussfolgern: Damit die aufgetürmte Kreditpyramide nicht zusammenstürzt, müssen die Zinsen immer weiter abgesenkt werden. Und die Nullzinslinie wird auch in den USA letztlich keine unüberwindbare Grenze sein. Sie wird aber wohl erst dann durchbrochen, wenn bei einer "Krisenbekämpfung" alle anderen Politikmaßnahmen (wie zum Beispiel Anleihekäufe) ausgeschöpft sind; Amerika wird zurückhaltender sein als Kontinentaleuropa und Japan, wenn es gilt, Negativzinsen einzuführen.


Folgen für den Anleger

Die Aussicht auf weiter fallende US-Zinsen und weiter steigende Kredit- und Geldmengen wird vermutlich bis auf Weiteres die Konjunkturen weiter antreiben und die Vermögenspreise - also die Preise für Aktien, Grundstücke und Häuser - weiter in die Höhe schicken. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Kaufkraft des Geldes schwindet und die Systemrisiken anschwellen. Was sollte der Anleger tun? Eine Möglichkeit besteht darin, gezielt auf die Vermögensklassen zu setzen, die die Kaufkraftentwertung des Geldes quasi "auffangen". Dazu sei hier auf den Degussa Marktreport vom 4. Juli 2019 (insb. S. 12-13) verwiesen.

Die Attraktivität des Goldes muss dabei besonders betont werden. Denn wenn der US-Zins, der Weltleitzins, sich auf die Nulllinie bewegt oder sie nach unten durchbricht, wird der US-Dollar als Weltwährung vermutlich nicht sogleich vom Thron gestoßen. Aber die Zweifel an der Verlässlichkeit des Greenback würden zunehmen - und das Gold als "sicheren Hafen" würde aufgewertet. Die Menschen werden dann zu spüren bekommen, dass der US-Dollar und mit ihm alle anderen ungedeckten Währungen nicht verlässlich sind; dass Null- oder Negativzinsen in den USA das weltweite "Geldchaos" perfekt machen; und dass das Gold das "ultimative Zahlungsmittel" ist, das man als Anleger im Portfolio haben sollte.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Einschränkend ist hier zu sagen, dass man natürlich auch mit politischen Parteien und Strömungen rechnen muss, die ein ganz bewusstes Interesse daran haben, Krisen zu verursachen und sie dann politisch für ihre Zwecke nutzbar zu machen.

(2) Siehe hierzu zum Beispiel Polleit, T., Vollgeldrevolution in der Schweiz, WirstchaftsWoche, 6. Juni 2018.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"