Die Weltwirtschaft versinkt in einem Meer von Schulden
18.01.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Silber, Platin, PalladiumDie positive Preisperspektive für das Gold zeichnet einen Trendverlauf vor, der auch für die anderen Edelmetallpreise maßgeblich sein dürfte:
Silber:
Der Silberpreis wird im Jahr 2021 von einer Reihe von Faktoren profitieren. Zunächst einmal wird er von einem weiter steigenden Goldpreis profitieren: Die Erfahrung zeigt, dass der Silberpreis über kurz oder lang richtungsmäßig dem Goldpreis folgt. Zudem spricht die Verbesserung der industriellen Nachfrage, begleitet von einer eingeschränkten Angebotsseite, ebenfalls für höhere Silberpreise. Darüber hinaus hat der Silberpreis in den letzten zwei Jahren davon profitiert, dass die Anleger ihr Silberengagement zunehmend über Exchange Traded Products (ETPs) ausgebaut haben.
Dieser Trend wird sich wahrscheinlich fortsetzen - insbesondere im Niedrigzinsumfeld bieten Silber-ETPs institutionellen Anlegern Rendite- und Diversifizierungsmöglichkeiten. Und nicht zuletzt dürfte auch die Nachfrage nach physischem Silber in Form von Barren und Münzen anziehen - ein Trend, der voraussichtlich an Dynamik gewinnen wird, sobald Sparer die Kombination aus extrem niedrigen Zinssätzen und steigenden Güterpreisen zu spüren bekommen.
Platin:
Die Aussichten einer sich erholenden Weltwirtschaft sollten sich positiv auf Platin auswirken, das hauptsächlich für Autokatalysatoren und industrielle Zwecke verwendet wird. Die anhaltende Coronapandemie in Südafrika stellt neben Schachtschließungen und Stromknappheit ein erhebliches Risiko für die Platinangebotsseite dar. Zudem ist zu beachten, dass Palladium seit 2016 einen drastischen Preisanstieg verzeichnen konnte, während der Platinpreis dahinter zurückblieb.
Das legt die Vermutung nahe, dass Platin gegenüber Palladium unterbewertet ist, insbesondere im Hinblick auf sein Potential, Palladium in einigen Autokatalysatoranwendungen zu ersetzen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass der Platinpreis von einer sich erholenden Nachfrage nach Platinschmuck und einer steigenden Nachfrage nach börsengehandelten Platinprodukten (ETPs) profitieren wird.
Palladium:
Der Preis für Palladium ist seit Anfang 2016 stark angestiegen, insbesondere im Vergleich zum Platinpreis. Der steigende Palladiumpreis war hauptsächlich auf den zunehmenden Einsatz von Palladium in Benzinfahrzeugen in Europa und China zurückzuführen. Während die Nachfrage nach industriellem Palladium in 2020 unter der politisch diktierten Lockdown-Krise litt, wird die zyklische Erholung der Weltwirtschaft in 2021 wahrscheinlich die Nachfrage nach Palladium über ihrem Angebot halten, und das spricht für höhere Palladiumpreise.
Angesichts der steigenden "Preislücke" zwischen Palladium und Platin dürfte jedoch irgendwann ein "Substitutionseffekt" eintreten, der die Aufwärtsbewegung des Palladiumpreises einschränkt. Insbesondere angesichts der Preisschwäche von Platin in den letzten Jahren dürfte die Nachfrage der Anleger nach Palladium-ETPs begrenzt bleiben. Unwahrscheinlich ist es, dass Palladium seine "Outperformance" in 2021 fortsetzt.
Investiert bleiben
Es stellt sich letztlich die grundsätzliche Frage: Soll man überhaupt noch im Finanzmarkt investiert sein? Diese Frage ist zweifelsohne berechtigt angesichts der immer weiter anschwellenden globalen Verschuldung und der damit einhergehenden Konsequenzen. Nicht wenige Marktbeobachter befürchten ein baldiges Zusammenbruchszenario ("Crash"). Das ist zwar in der Tat nicht auszuschließen. Aber es ist nicht das einzig denkbare Szenario. Und angesichts des immer weiter vordringenden Staates ist die Wahrscheinlichkeit für einen unmittelbar bevorstehenden Crash vermutlich geringer als man meinen könnte.
Es gibt eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass den Regierenden und Regierten letztlich kein Preis zu hoch sein wird, einen drohenden Papiergeld- und Systemkollaps abzuwenden durch einen unbegrenzten "Bail Out". Er wird vollzogen, indem zum Beispiel die Daumenschrauben der finanziellen Repression noch stärker angezogen werden (Stichwort: Negativzins); man gibt Helikoptergeld aus, spült der Bevölkerung neues Geld (zum Beispiel als bedingungsloses Grundeinkommen) auf ihre Konten, lässt sie damit teilhaben an der Geldmengenvermehrung und verringert dadurch auch den Widerstand gegen diese Politik; und bedrängten Banken verbreicht man Finanzspritzen.
Finanziert wird das alles mit neuen Staatsschulden, für die die Zentralbanken neu geschaffenes Geld bereitstellen. Das wird früher oder später die Güterpreisinflation in die Höhe treiben - in Form von Konsumgüterpreisinflation oder Vermögenspreisinflation, vermutlich einer Kombination aus beiden. Und sollte die Güterpreisinflation zu stark ansteigen, führt man Preiskontrollen oder Preisstopps ein - für zum Beispiel Lebensmittel, Mieten und Löhne (so wurde beispielsweise in den USA Anfang der 1970er Jahre vorgegangen).
Wenn das der Fall ist, dann transformiert die Politik gegen den Kollaps des Papiergeldsystems die Volkswirtschaft in eine Art Lenkungs- oder Befehlswirtschaft: Das Eigentum an den Produktionsmitteln blieb zwar formal erhalten, doch der Staat - durch Gesetze, Regulierungen und Vorgaben - lenkt Produktion und Verteilung zusehends nach seinem Willen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein solches Vorgehen der Politik eine ganze Zeit lang Bestand haben kann, und dass dadurch der befürchtete System-Crash weiter in die Zukunft verschoben wird.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wäre für den Anleger ein sofortiger Ausstieg aus den Finanzmärkten alles andere als risikolos. Es wäre zwar die richtige Entscheidung, wenn zum Beispiel die Aktien- und Immobilienpreise bald einbrechen. Wenn es aber nicht dazu kommt und die Kurse weiter steigen, entgehen dem Anleger möglicherweise ganz beträchtliche Erträge, die er nachfolgend kaum oder gar nicht aufholen kann. Eine Strategie wäre demnach ein diversifiziertes Portfolio zu halten - im einfachsten Fall bestehend aus physischem Gold und Silber und einem weltweit breit diversifizierten Aktienmarktindex.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH