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Absolute Eigentumsrechte als ökologischer Imperativ

30.01.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
In diesem Vortrag argumentiere ich, dass (1) Eigentum und Umwelt- beziehungsweise Ressourcenschutz keine Gegensätze sind; dass (2) man vielmehr auf das Eigentum setzen muss, wenn Umwelt und Ressourcen wirksam geschützt und ein tyrannischer Weltstaat verhindert werden sollen; und dass (3) der Staat (wie wir ihn heute kennen) der eigentliche Grund für Umwelt- und Ressourcenschäden ist.

Damit spreche ich mich gegen die herrschende Meinung aus, der Staat müsse Klimapolitik betreiben - indem er beispielsweise C02-Emissionen begrenzt und/oder besteuert. Diese vom Konsens abweichenden Positionen muss ich selbstverständlich genauer erklären. Und dazu beginne ich mit einer rationalen Begründung des Eigentums.


Das Eigentum

Gäbe es keine Knappheit, wäre also von allen Gütern stets genügend vorhanden, gäbe es keine zwischenmenschlichen Konflikte. Wenn ich in einer Welt ohne Knappheit beispielsweise eine Banane verspeise, dann verringere ich damit nicht meinen künftigen Bananenkonsum; und ich verringere auch nicht deinen heutigen oder deinen künftigen Bananenkonsum.

Doch unsere Welt ist anders. Die Güter, die wir einsetzen, um Ziele zu erreichen, sind knapp. Und zwar denknotwendig.[1] Und weil es Knappheit gibt, stellen sich auch Konflikte ein. Und zwar dann, wenn Du und ich ein und dasselbe Gut zur gleichen Zeit für verschiedene Zwecke einsetzen wollen. Wenn wir in der Welt, die wir vorfinden, nicht in heillosen Streitereien untergehen wollen, brauchen wir eine Norm (eine anerkannte Regel), die Konflikte verhindert, die Konflikte löst. Eine solche Norm setzt beim Eigentum an - dem Eigentum am eigenen Körper (Selbsteigentum) und dem Eigentum an den Gütern, die Du und ich auf nicht-aggressivem Wege erworben haben.

Die Norm lautet: Respektiere das Eigentum. Oder: Akzeptiere den Unterschied zwischen Mein und Dein. Oder noch anders - wie es das siebte Gebot Gottes sagt -: "Du sollst nicht stehlen." Die Norm, den Respekt vor dem Eigentum zum Maßstab unseres Handelns zu machen, erweist sich als eine vernünftige und ethisch-akzeptable Norm. Sie erfüllt die Anforderungen des "Kategorischen Imperativ", wie ihn der Königsberger Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) formuliert hat: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."

Die Eigentums-Norm ist universell anwendbar - für dich und mich, heute, morgen und zu allen Zeiten. Und sie ermöglicht auch das Überleben all derjenigen, die sich die Eigentums-Norm zum Maßstab ihres Handelns machen.[2]

Angemerkt sei hier: Das Eigentum ist etwa nicht willkürlich herbeigeredet. Es ist vielmehr eine nicht wegzudenkende Kategorie (ein Grundbegriff) des menschlichen Handelns: Man kann das Eigentum nicht verneinen, ohne seine Gültigkeit bereits vorauszusetzen! Es ist - in Kants Worten - eine Bedingung der Möglichkeit objektiver Erfahrung. Das Eigentum ist ein Apriori.


Der freie Markt

Dass sich eine auf dem Eigentum basierende ethisch-akzeptable Norm auffinden lässt, ist eine erfreuliche Erkenntnis. Denn das Eigentum ist das, was den Kern des freien Marktes ausmacht. Und der freie Markt ist es, der das Knappheitsproblem der Menschen bestmöglich löst. Beispiel: Die Nachfrage nach Öl steigt an. Das Ölangebot bleibt unverändert. Öl wird knapp, sein Preis steigt. Der steigende Ölpreis hält die Menschen dazu an, sparsamer mit Öl umzugehen. Gleichzeitig gibt er den Ölproduzenten das Signal, das Angebot zu erhöhen.

Der Marktmechanismus kommt den Konsumenten zugute (die Ölknappheit wird gelindert, der Ölpreisanstieg gebremst). Und er nützt auch den Ölproduzenten (die mehr verdienen). Ich vermute, dass viele Menschen es befürworten, dass es freie Märkte für Schuhe, Hosen, Kinofilme, Flugreisen, Häuser, Autos und Computer gibt. Wenn es um Umwelt und Ressourcen geht, stößt man jedoch häufig auf eine ganz andere Meinung.

Sollen überlebenswichtige Güter wie Umwelt und Ressourcen den freien Märkten überlassen werden, sollen sie etwa privatisiert werden? Meine Antwort auf diese Frage lautet: Ja! In der Privatisierung von allem liegt der Schlüssel für einen wirksamen Schutz von Umwelt und Ressourcen. Das will ich näher erläutern.

Und zwar mit einem einfachen Beispiel: Herr Schulze besitzt eine Kupfermine. Wird er sie nicht gnadenlos und in kürzester Zeit ausbeuten? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir das wirtschaftliche Kalkül kennen, das die Entscheidungen von Herrn Schulze leitet. Herr Schulze hat als Eigentümer den Anreiz, seine Mine effizient zu bewirtschaften. Und das heißt, er wird den Kapitalwert seiner Mine maximieren wollen. Der Kapitalwert ist der Barwert aller Gewinne, die Herr Schulze aus dem Verkauf der Kupfermenge seiner Mine erwartet.

Herr Schulze wägt ab zwischen dem gegenwärtigen Einkommen (das er durch Verkauf des Kupfers heute erzielt) und dem dadurch verringerten Kapitalwert der Mine (das Kupfer, das er heute verkauft, kann er künftig nicht mehr verkaufen). Nehmen wir an, es wird erwartet, dass Kupfer künftig nicht mehr nachgefragt wird (weil ein Ersatzstoff auf den Markt kommt).

In diesem Falle wird Herr Schulze seine Förderung ausweiten, um Kupfer zu dem gegenwärtig noch hohen Preis verkaufen zu können - denn künftig wird er weniger erlösen. Das ist zum Wohle der Verbraucher: Das Kupferangebot wird zu einer Zeit erhöht, in der Kupfer von den Nachfragern vergleichsweise hoch bewertet wird, und das trägt dazu bei, dem Kupferpreisauftrieb entgegenzuwirken.

Wenn hingegen erwartet wird, dass das Kupfer künftig knapp wird, wird die Kupferförderung in der Gegenwart eingeschränkt - weil Herr Schulze künftig mehr für das verkaufte Kupfer bekommt. Das treibt den heutigen Kupferpreis in die Höhe (veranlasst die Verbraucher zu einem sparsamen Kupferverbrauch), gleichzeitig wirkt die künftige Angebotserhöhung dem künftigen Kupferpreisanstieg entgegen. Und auch das ist zum Wohl der Verbraucher.

Der freie Markt arbeitet in beiden Fällen im Sinne der heutigen und künftigen Nachfrager. Diese Einsicht gilt für alle Arten und Formen der Nutzung von Umwelt- und Ressourcen, soweit sie sich im Privateigentum befinden: Forstwirtschaft, Ackerbau und Wasserwirtschaft etc.[3]


Das Problem des Gemeineigentums

Sie werden jetzt sagen: Ja, wenn der freie Markt doch so gut funktioniert, warum gibt es übernutzte und verschmutze Landflächen, Waldabholzungen, Ölverschmutzungen in den Meeren, Raubbau an Fischbeständen, Luftverschmutzung und unerwünschte Lärmbelastung? Die Antwort auf diese Fragen lautet: Umwelt und Ressourcen, für die das zutrifft, befinden sich nicht im Privateigentum, beziehungsweise Verstöße gegen die Eigentumsrechte werden ganz offensichtlich nicht sanktioniert. Die genannten Güter sind entweder "freie Güter", also "Güter ohne Eigentümer", oder der Staat ist der Eigentümer. Beides ist ökonomisch problematisch.

Wenn Güter keinen Eigentümer haben, stellt sich die Tragödie der Allmende ein: Frei verfügbare, aber begrenzte Güter werden übernutzt und verschwendet. Beispiel: Im Dorf gibt es eine Gemeinschaftswiese. Alle Bauern haben Nutzungsrechte. Dem einzelnen Bauern ist es egal, welche Folgen ein weiteres Tier seiner Herde, das er zum Weiden auf die Gemeinschaftswiese führt, für andere Bauern (oder zukünftige Bauern) hat. Es kommt zur Überweidung, vielleicht zur irreversiblen Zerstörung der Weidewiese.

Wenn der Staat (wie wir ihn heute kennen: als territorialen Zwangsmonopolisten mit Letztentscheidungsmacht über alle Konflikte auf seinem Gebiet) Eigentümer einer Ressource ist, muss man mit Misswirtschaft rechnen. Der Staat ist kein guter Wirt, er arbeitet unwirtschaftlich. Schließlich muss er sich nicht im Markt bewähren. Defizitäre Tätigkeiten kann er ungeniert mit dem Griff in die Portemonnaies der Netto-Steuerproduzenten stopfen. Der Staat neigt dazu, knappe Ressourcen, über die er verfügen kann, zu verschwenden und zu übernutzen. Er folgt nicht (wie der Privateigentümer) dem Kapitalwert-Kalkül.[4]



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