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Absolute Eigentumsrechte als ökologischer Imperativ

30.01.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
Kohlenstoffemissionen eines einzelnen Emittenten können einen Klimawandel nur in Verbindung mit den Emissionen vieler anderer Emittenten verursachen. Nach der Regel der kombinierten Wirkung wird jeder Emittent haftbar gemacht (und infolge des einstweiligen Rechtsschutzes zur Einstellung seiner Aktivität gezwungen), weil seine Emissionen zum Klimawandel beitragen (auch wenn sie für sich betrachtet keine Auswirkungen auf das Klima haben).

Ein solcher eigentumsbasierter Umwelt- und Ressourcenschutz befördert den Fortschritt in den Klimawissenschaften. Denn die Gefahr verklagt zu werden, ist für Unternehmen ein wirksamer Anreiz, in die Klimawissenschaft zu investieren. Dadurch wird ein produktiver Wissenschaftswettbewerb befördert, und das faktische Meinungsmonopol des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, das staatlich finanziert wird) wird aufgebrochen. Der technologische Fortschritt wird ermutigt. Im Bestreben, die Kosten zu senken, wird die weniger schadstoffintensive Produktion befördert.


Mit dem Staat geht es nicht

Jetzt sagen Sie: Schön und gut, aber braucht man dazu nicht einen einheitlichen Weltgesetzesrahmen? Und wie soll die Strafe bei Schuldspruch wirksam durchgesetzt werden? Erfreulicherweise hat sich bereits so etwas wie ein zwischenstaatliches Umweltvölkerrecht (deren Rechtsquellen Gewohnheitsrechte und völkerrechtliche Verträge sind) herausgebildet. Das zeigt, dass die Menschen verstanden haben, dass der Einzelstaat offensichtlich nicht geeignet ist, die Probleme, die im Zuge der Nutzung von Umwelt und Ressourcen entstehen, zu lösen. Doch leider zieht man daraus den Fehlschluss, dass die Staaten - die territorialen Zwangsmonopolisten - kooperieren, dass sie ein Kartell formen müssten, um zum Ziel zu gelangen.[7]

Ein Kartell jedoch ist bekanntlich instabil. Einzelne Kartellmitglieder haben einen Anreiz auszuscheren. Und deshalb, so die Folgerung, müsse eine übergeordnete Instanz her, eine Regierung über den Regierungen, ein Staat über den Staaten, eine Weltregierung, ein Weltstaat. Ein solcher Weltstaat, der das Rechts- und Gewaltmonopol innehat, werde dann als gerechter Richter, als wohlmeinender Diktator die drängenden Probleme einer zusehends globalisierten Welt lösen. Die UN drängt seit Ende der 1980er Jahre auf die Schaffung einer solchen globalen Machtinstitution.

Ich muss nicht erklären, dass die Schaffung eines Weltstaates in eine Welttyrannei führen würde, die vermutlich alles in den Schatten stellt, was das 20. Jahrhundert an Grausamkeiten durchleben musste. Wenn man aber mit Staaten (wie wir sie heute kennen, allein oder in Kooperation) Umwelt und Ressourcen nicht wirkungsvoll schützen und dabei auch die Freiheit des Individuums bewahren kann, was dann?


Die Privatrechtsgesellschaft

Vermutlich werden Sie nicht überrascht sein, wenn ich antworte: Die freien Märkte haben auch hier die Lösung. Rechtsprechung und Rechtdurchsetzung lassen sich im freien Markt organisieren; ein Staat (wie wir ihn heute kennen) ist dafür nicht erforderlich. In einem freien Markt fragen Menschen Recht und Sicherheit nach. Man will schließlich sich und sein Eigentum schützen. Die Anbieter von Recht und Sicherheit sind zum Beispiel Versicherungsunternehmen. Sie bieten Versicherungen an gegen zum Beispiel Einbruch, Diebstahl und Körperverletzung.

In den Versicherungsverträgen wird genau festgelegt, welche Schiedsstelle oder Richter anzurufen ist, wenn ein Konflikt entsteht i) zwischen dem Versicherungsnachfrager und der Versicherung oder ii) zwischen Versicherungsnachfragern verschiedener Versicherungen. Schiedsstellen und Richter stehen im Wettbewerb. Um erfolgreich zu sein, müssen sie sich als anerkannte Unparteiische beweisen. Sonst scheiden sie aus dem Markt aus.

Beispiel: Herr A ist bei Versicherung X versichert. Nun meldet Herr A seiner Versicherung, dass er von Frau B, die bei Versicherung Y versichert ist, durch Abgase gesundheitlich geschädigt werde. Die Versicherung X setzt sich mit Versicherung Y in Verbindung. Gibt es keine Meinungsverschiedenheit (kommen die Versicherungen also zum Schluss, die Klage sei berechtigt oder abzuweisen), ist der Fall geklärt (eventuell muss noch ein Schadensanspruch ausgehandelt werden). Gibt es kein Einvernehmen, wird ein Schiedsgericht angerufen. Vertraglich lassen sich mehrere Instanzen festlegen, aber es wird in den Versicherungsverträgen einen Letztentscheider geben.

Dessen Entscheidung ist bindend. Die Versicherungsunternehmen haben einen Anreiz, sie zu akzeptieren - denn ohne sie wird ihr Geschäftsmodell nicht funktionieren. Zur Durchsetzung des Richterspruches haben die Versicherungsunternehmen entweder spezialisierte Personen ("Sheriffs" und "Kopfgeldjäger"), oder sie lagern diese Aufgaben an Dritte aus. Sind die Märkte frei - ist also der Staat, wie wir ihn heute kennen, ausgeschaltet -, wird sich ein internationaler Markt für Versicherungs- und Schiedsgerichte etablieren, ein internationales Regel- und Gesetzeswerk herausbilden, das eine effektive Durchsetzung der Eigentumsrechte in Aussicht stellt.

Streitfälle, die sich um Erderwärmung drehen, landen dann auf den Tischen von unabhängigen Richtern, nicht in den Händen ideologisierter Politiker. Ein beträchtlicher Wissenszuwachs wäre zudem zu erwarten: Weil die Klimawissenschaften einen großen zusätzlichen Anreiz bekommen, intensiv und redlich der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Und das wiederum verbessert die Möglichkeit, die Eigentumsrechte der Menschen durchzusetzen - nicht nur in einigen wenigen Regionen, sondern letztlich auf der ganzen Erde.


Zum guten Schluss

Meine Überlegungen fasse ich wie folgt zusammenfassen: (1) Der freie Markt ist in der Lage, Umwelt und Ressourcen wirksam zu schützen, wenn man ihn lässt. (2) Die Idee, dem Staat den Schutz von Umwelt und Ressourcen zuzusprechen, wird nicht zum Ziel führen, und Freiheit und Wohlstand der Menschen bleiben auf der Strecke. Der "große Elefant", den ich mit meinem Referat in den Raum gestellt habe, heißt Überwindung, Auflösung des Staates wie wir ihn heute kennen - ihn überführen in eine Privatrechtsgesellschaft, in der für alle das gleiche Recht gilt, in der es kein öffentliches Recht über und neben dem Privatrecht gibt.

Das ist, aus meiner Sicht, der ökonomisch richtige Weg, um Umwelt und Ressourcen wirksam zu schützen und Freiheit und Wohlstand der Menschen zu wahren. Das rigorose Durchsetzen des Freiheitsgedankens, die damit eingefordert wird, sollte uns nicht verschrecken. Dazu abschließend ein Zitat von Friedrich Schiller:

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und würd er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
Nicht den Mißbrauch rasender Toren.
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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