Die Inflation, die Aktien und das Gold ...
17.12.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Inflation und stark negative Realzinsen sind gekommen, um zu bleiben. Beides erhöht die Risiken für den Unternehmenserfolg - und damit auch für die Aktienanlage. Man sollte Gold zu Versicherungszwecken halten.
Die Zeit von 1964 bis 1984
Viele Investoren vertreten die Auffassung, das Investieren in Aktien sei ein Weg, um der Inflation zu entkommen - ihr ein Schnippchen zu schlagen nach dem Motto: "Raus aus dem Geld, rein in Aktien!" Die Empfehlung klingt auf den ersten Blick plausibel. Doch hält sie auch einer kritischen Prüfung stand? Um diese Frage zu beantworten, soll im Folgenden die Entwicklung der Aktienkurse in einer Inflationsperiode betrachtet werden - und zwar in der Phase 1964 bis 1984 in den USA.
Daran anschließend wird erläutert, wie und in welcher Weise Inflation die Unternehmenstätigkeit beziehungsweise -gewinne beeinflusst. Abschließend wird herausgearbeitet, wie sich die aktuelle Situation von früheren Zeiten unterscheidet, und welche Schlüsse für die Geldanlage zu ziehen sind.
Abb. 1 a zeigt von 1964 bis 1984 die 10-Jahresrendite der US-Staatsanleihen, die Inflation der Konsumgüterpreise sowie zusätzlich die reale Rendite, das heißt 10-Jahresrendite abzüglich der Konsumgüterpreisinflation. Man erkennt, dass die steigende Inflation begleitet war von einem Ansteigen der nominalen Zinsen. Die Investoren wurden also für die erhöhte Inflation entschädigt. Zwar gab es Phasen, in denen die Inflation die nominale Rendite überstieg (also der Realzins negativ war), allerdings konnte der Anleger im Durchschnitt der Betrachtungsperiode eine inflationsbereinigte Rendite von knapp 2 Prozent pro Jahr erzielen.
Abb. 2 zeigt die Entwicklung des US-amerikanischen Aktienmarktindexes S&P 500 und des Goldpreises (USD/oz). Die Aktienkurse (ohne Berücksichtigung der Dividenden) stiegen im Durchschnitt der Betrachtungsperiode lediglich um 3,8 Prozent pro Jahr. Das war folglich weniger als die Inflation der Konsumentenpreise in Höhe von 6,0 Prozent. So gesehen boten Aktien (zumindest was deren Kursgewinne betraf) in der Zeit der "Großen Inflation" keinen Schutz vor Geldentwertung. Der Goldpreis hingegen zeigte eine wahrlich fulminante Entwicklung: Er stieg um 11,3 Prozent pro Jahr im Durchschnitt.
Mit Blick auf die Goldpreisentwicklung sind allerdings zwei Anmerkungen zu machen. Erstens: Bis zur seiner endgültigen Freigabe hatte der Goldpreis keinen freien Marktpreis. Vielmehr entsprachen 35 US-Dollar einer Feinunze Gold. In der Zeit von 1964 bis etwa 1970 konnte der Goldpreis daher auch nicht auf die steigende Inflation reagieren. Zweitens: Der starke Anstieg des Goldpreises ab Beginn der 1970er Jahre lässt sich vor allem durch die Aufgabe des Systems von Bretton Woods erklären, die die Anleger stark verunsicherte und die, wie vielfach befürchtet, zu einer Inflationspolitik der US-Zentralbank führte. Gold wurde dadurch kurzzeitig sehr stark als "sicherer Hafen" nachgefragt.
Jedes geschichtliche Ereignis des menschlichen Handelns findet unter besonderen, meist einmaligen und nicht genau wiederholbaren Umständen statt. Daher lassen sich aus einer Erfahrung auch nicht notwendigerweise verlässliche Rückschlüsse für die Zukunft ableiten. Doch die Beobachtung, dass die Aktien in der Inflationsphase um die 1970er und 1980er Jahre offensichtlich kein (guter) Inflationsschutz gewesen waren, führt zur Frage: Warum war das so? Um diese Frage zu beantworten, lassen sich einige grundlegende Überlegungen anführen, wie die Inflation die Geschäftstätigkeit von Unternehmen beeinflusst.
"Inflation is always and everywhere a monetary phenomenon." - Milton Friedman
Die Zeit von 1964 bis 1984
Viele Investoren vertreten die Auffassung, das Investieren in Aktien sei ein Weg, um der Inflation zu entkommen - ihr ein Schnippchen zu schlagen nach dem Motto: "Raus aus dem Geld, rein in Aktien!" Die Empfehlung klingt auf den ersten Blick plausibel. Doch hält sie auch einer kritischen Prüfung stand? Um diese Frage zu beantworten, soll im Folgenden die Entwicklung der Aktienkurse in einer Inflationsperiode betrachtet werden - und zwar in der Phase 1964 bis 1984 in den USA.
Daran anschließend wird erläutert, wie und in welcher Weise Inflation die Unternehmenstätigkeit beziehungsweise -gewinne beeinflusst. Abschließend wird herausgearbeitet, wie sich die aktuelle Situation von früheren Zeiten unterscheidet, und welche Schlüsse für die Geldanlage zu ziehen sind.
Abb. 1 a zeigt von 1964 bis 1984 die 10-Jahresrendite der US-Staatsanleihen, die Inflation der Konsumgüterpreise sowie zusätzlich die reale Rendite, das heißt 10-Jahresrendite abzüglich der Konsumgüterpreisinflation. Man erkennt, dass die steigende Inflation begleitet war von einem Ansteigen der nominalen Zinsen. Die Investoren wurden also für die erhöhte Inflation entschädigt. Zwar gab es Phasen, in denen die Inflation die nominale Rendite überstieg (also der Realzins negativ war), allerdings konnte der Anleger im Durchschnitt der Betrachtungsperiode eine inflationsbereinigte Rendite von knapp 2 Prozent pro Jahr erzielen.
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.
(1)Realzins = Nominalzins minus Inflation der Konsumgüterpreise.
(2)Serien sind indexiert (Januar 1964 = 100).
(1)Realzins = Nominalzins minus Inflation der Konsumgüterpreise.
(2)Serien sind indexiert (Januar 1964 = 100).
Abb. 2 zeigt die Entwicklung des US-amerikanischen Aktienmarktindexes S&P 500 und des Goldpreises (USD/oz). Die Aktienkurse (ohne Berücksichtigung der Dividenden) stiegen im Durchschnitt der Betrachtungsperiode lediglich um 3,8 Prozent pro Jahr. Das war folglich weniger als die Inflation der Konsumentenpreise in Höhe von 6,0 Prozent. So gesehen boten Aktien (zumindest was deren Kursgewinne betraf) in der Zeit der "Großen Inflation" keinen Schutz vor Geldentwertung. Der Goldpreis hingegen zeigte eine wahrlich fulminante Entwicklung: Er stieg um 11,3 Prozent pro Jahr im Durchschnitt.
Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa.
(1)Für S&P 500 und Goldpreis: Stetige Verzinsungsraten.
(2)10-jährige US-Staatsanleiherendite.
(3)Nominalzins minus Inflation der Konsumgüterpreise.
(1)Für S&P 500 und Goldpreis: Stetige Verzinsungsraten.
(2)10-jährige US-Staatsanleiherendite.
(3)Nominalzins minus Inflation der Konsumgüterpreise.
Mit Blick auf die Goldpreisentwicklung sind allerdings zwei Anmerkungen zu machen. Erstens: Bis zur seiner endgültigen Freigabe hatte der Goldpreis keinen freien Marktpreis. Vielmehr entsprachen 35 US-Dollar einer Feinunze Gold. In der Zeit von 1964 bis etwa 1970 konnte der Goldpreis daher auch nicht auf die steigende Inflation reagieren. Zweitens: Der starke Anstieg des Goldpreises ab Beginn der 1970er Jahre lässt sich vor allem durch die Aufgabe des Systems von Bretton Woods erklären, die die Anleger stark verunsicherte und die, wie vielfach befürchtet, zu einer Inflationspolitik der US-Zentralbank führte. Gold wurde dadurch kurzzeitig sehr stark als "sicherer Hafen" nachgefragt.
Jedes geschichtliche Ereignis des menschlichen Handelns findet unter besonderen, meist einmaligen und nicht genau wiederholbaren Umständen statt. Daher lassen sich aus einer Erfahrung auch nicht notwendigerweise verlässliche Rückschlüsse für die Zukunft ableiten. Doch die Beobachtung, dass die Aktien in der Inflationsphase um die 1970er und 1980er Jahre offensichtlich kein (guter) Inflationsschutz gewesen waren, führt zur Frage: Warum war das so? Um diese Frage zu beantworten, lassen sich einige grundlegende Überlegungen anführen, wie die Inflation die Geschäftstätigkeit von Unternehmen beeinflusst.