Goldman Sachs & Bridgewater: Auf anständig machen, kurz vor der Implosion
25.02.2022 | Matt Piepenburg
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Eine kurze Lektion in MittelwertrückkehrIch möchte Mr. Jensen von Bridgewater an eine kleine, simple Marktkraft erinnern, die er mit seinen Kollegen in Connecticut sicherlich schon mal am Wasserspender diskutiert haben dürfte: die Mittelwertrückkehr. Die Rückkehr zum Mittelwert ist in der Tat eines der beständigsten und natürlichsten Gesetze - selbst in unnatürlichen/ künstlichen Märkten wie den unseren. Das heißt: Überkaufte als auch überverkaufte Wertpapiere werden am Ende unausweichlich wieder zu ihren preislichen Mittelwerten ‘zurückkehren’.
Also sehr ähnlich einem Gummiband, das (nach oben oder unten) gedehnt wird und am Ende kräftig zurückschnippst. Falls jemand wissen möchte, wie stark und weit dieses Zurückschnippsen unter den heutigen Marktbedingungen potentiell ausfallen kann, der sollte sich das folgende Blasen-Diagramm mit Mittelwertrückkehrfolgenabschätzung anschauen...
Noch einmal: Eine "Rückkehr" - oder eben Verluste - von 20%, ausgehend von diesen Fed-induzierten, herzrasenden Marktkursen, ist, gelinde gesagt, einfach nur optimistisch.
Die dargestellten Widerstandslinien deuten an, dass die schmerzlichen Probleme (Mittelwertrückkehr), die auf die aufgeblähten Märkte zukommen, deutlich härter sein werden als bloß 20%, wie von Jensen vorgeschlagen. Stattdessen werden sie viel eher Verlusten von mindestens -53% bis -68% gefährlich nahekommen.
Bücherflüsterer?
Banken und Hedgefonds reden natürlich gerne in der Öffentlichkeit über die eigenen Bücher. Und man könnte sich fast die Frage stellen, ob Goldman und/ oder Bridgewater, die die Spielzüge der ethisch defizitären Ära eines Elon Musk nur allzu gut kennen, vielleicht die eigene Short-Positionierung durchblicken lassen (oder in Musks Fall, den berühmt berüchtigten 2018er "Finanzierung gesichert"-ShortSqueeze).
Schwer zu sagen.
Spaßig wird’s nicht
Eine Sache lässt sich aber locker sagen: Wenn den strengen Ansagen der Fed tatsächlich auch geldpolitische Straffungen folgen, dann wird das kein Spaß für Aktien und Anleihen, bei denen ein wirkungsvoller, zum Mittelwert zurückführender "Stich" längst überfällig ist. Wir alle erinnern uns aber auch noch an 2018, als die Fed versuchte, vor Weihnachten geldpolitisch zu straffen und die Zinssätze anzuheben. Zinssatzerhöhungen um 25 Basispunkte reichten und der Markt bekam sofort einen "Kotzanfall". Dann lenkte die Fed, Anfang 2019, auch sofort wieder ein. Kurz: Die Falken wurden richtig schnell zu Tauben.
Jensen zumindest meint, die Fed werde diesmal nicht zuerst "blinzeln", sondern diszipliniert und hart bleiben wegen der derzeitigen Inflationsgefahr - der große Unterschied zu 2018, so Jensen. Mit anderen Worten: Notfall-QE-Lockerungen (=laxe Fed-Politik) werden, anders als in den Vorjahren, nicht folgen.
Ich bin mir da nicht so sicher.
Schulden + Steigende Zinsen sind wichtig!
Anders als Jensen frage ich mich jedoch, wer denn nun die unbeliebten staatlichen Schuldverschreibungen der USA (alias US-Staatsanleihen) noch kaufen will, wenn die "tapernde" Fed nicht mehr als der „expansive“ Käufer der letzten Instanz auftritt?
Man erinnere sich: Anleiheerträge (und im weiteren Sinne auch die Zinssätze) bewegen sich gegenläufig zu den Anleihekursen. Wenn sich die Fed-Nachfrage nach Anleihen "ausdünnt", fallen die Anleihekurse und die Zinssätze (jene tödlichen "Haiflossen") steigen.
Die Ökonomen der Bank of America prognostizieren dahingehend sieben strenge Zinssatzerhöhungen für 2022 und eine Fed Funds Rate im Bereich von 2,75% - 3%. Das sind ganz schöne Ansagen. Was die Bank of America (als auch Waldron und Jensen) dabei nicht diskutieren: Derartige Zinssatzerhöhungen lassen auch die Kreditfinanzierungskosten der USA und ihres mit 30 Bill. $ übervollen Kneipendeckels auf 4% bis 5% ansteigen. Allein die Zinsleistungen für bestehende Schulden würden sich auf Grundlage dieser prognostizierten Zinssätze auf ca. 1,5 Bill. $ belaufen.
Denken Sie über diese Zahl nach, und lesen Sie den letzten Satz noch einmal.
Um die bestehenden Schulden zu finanzieren, müssten 40% der US-Steuereinnahmen allein für Zinszahlungen vorgemerkt werden. Und das ist ein historisches, grell blinkendes Signal dafür, dass eine Nation und ein Finanzsystem ganz knapp vor einer unverblümten, selbstverschuldeten Schuldenkrise steht.
Falken, Angsthasen und Elefanten
Kurz: Einige Wunderkinder unserer Banken und Hedge Fonds, die so stolz Klartext sprechen, übersehen anscheinend den Schuldenelefanten mitten im Zimmer, während eine zurzeit strenge US-Notenbank mit den rekordhohen und markttopreifen Märkten das Angsthasenspiel spielt.