Das war der Westen: Eine Schwankende Weltreservewährung
16.04.2022 | Matt Piepenburg
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Ohne steigende Erwerbsquoten bleiben Washington im Kampf gegen die Inflation nur folgende Optionen: 1) Zinserhöhungen, die eine mörderische Rezession (und Marktimplosion) hervorrufen oder aber 2) drastische Senkungen der Staatsdefizite um mindestens 10%.Doch leider würden Defizitsenkungen um 10% einen ebenso hohen BIP-Schwund auslösen, was wiederum die Steuereinnahmen schmälern würde, so dass es Uncle Sam fast unmöglich wäre, allein nur die Zinskosten für seinen nationalen Kneipendeckel aufzubringen, wie wir an anderer Stelle aufgezeigt hatten.
Süchtige sind berechenbare Wesen
Was also wird die bedrängte und schuldenvolltrunkene Federal Reserve tun?
Sie wird tun, was alle Süchtigen tun: Weitertrinken - sprich: immer wertlosere US-Dollar in immer größeren Mengen drucken. Auftrieb gibt das vor allem, Sie ahnen es, Gold. (Aber auch materiellen Rohstoffen im Allgemeinen, Industriewerten und landwirtschaftlichen Immobilien/ Grundbesitz.) US-Notenbank, US-Regierung und deren privatwirtschaftliche Propagandaeinheiten in den US-Medien werden unterdessen Putin die Schuld geben an all der Geldschöpfung und Defizitfinanzierung - nicht aber der jahrzehntelang in Washington betriebenen Misswirtschaft.
Auch das ist kein Schocker. Allerdings sieht Putin, selbst wenn man ihn hasst, Dinge, die die Schlagzeilen unerwähnt lassen.
Dedollarisierung und Grollen beim Petrodollar - Uh-Oh?
In der Welt des einst so mächtigen Petrodollars mehren sich die Hinweise auf einen "Uh-Oh-Moment". Von Schießwütig zum Schuss ins Knie
Wie ich in unseren jüngsten Berichten warnte, haben die westlichen Finanzsanktionen in Reaktion auf den Ukrainekrieg die Eigenheit, dass sie denen, die den Abzug drücken, genauso stark schaden werden wie dem anvisierten Ziel. Ganz einfach formuliert: Das Einfrieren von Devisenreserven und SWIFT-Transaktionen eines Landes hat die Eigenheit, dass nicht nur die eigentlichen Ziele abgeschreckt werden, sondern auch andere Gegenparteien.
Stellen Sie sich z.B. vor, ihre Bankkonten würden aus irgendeinem Grund eingefroren. Würden Sie - nach Klärung der ganzen Angelegenheit - jener Bank, die ihre Konten eingefroren hatte, wieder vertrauen können? Würden Sie diese Bank anderen empfehlen?
Nun hat die Welt mitverfolgt, wie Putins Vermögen von westlichen Mächten quasi eingefroren wurde. Ob man derartige Maßnahmen begrüßt oder nicht sei dahingestellt, doch andere Länder (von denen nicht alle "böse" Akteure sind) dürften inzwischen darüber nachdenken, die Banken zu wechseln - oder zumindest die Dollars… In diesem Fall hätten sich die USA, als sie auf Putin zielten, selbst ins Knie geschossen.
Die Sanktionen des Westens, so lautete unsere Warnung, werden Russland und China einfach nur näher zusammenrücken lassen - und weiter weg von US-Dollar und US-Staatsanleihen. Solche Verschiebungen erzeugen enorme Welleneffekte, die Bidens Finanzteam offenbar übersehen hat. Alle - von Jamie Dimon bis Barack Obama - hatten davor gewarnt, dass dies keine gute Sache sei und weltweit dafür sorgen werde, dass die US-Führerschaft im Finanzwesen aber auch die Hegemonie des US-Dollars als Weltreservewährung überdacht wird.
Überdenkt Saudi-Arabien den Petrodollar?
Nehmen wir als Beispiel Saudi-Arabien, den gar nicht so demokratischen "Alliierten" der USA. Biden hatte das Land 2020 als "Paria-Staat" bezeichnet. Nach Stand von Ende März waren den saudischen Nachrichten Hinweise darauf zu entnehmen, dass das Land auch über Ölverkäufe in CNY - anstatt USD - nachdenke. Das wäre ein Signal für das langsame Ende des Petrodollars und für verstärkten inflationären Druck bei den in der Heimat leidenden Amerikanern.
Die Tragweite einer schwächelnden Petrodollar-Welt ist nicht zu unterschätzen (sie kann auch nicht deutlich genug unterstrichen werden)! Eine solche Entwicklung hätte verheerende Folgen für den USD und das Inflationsgeschehen; und für Gold wäre sie ein absoluter Segen.
Xi schmiedet jetzt schon Pläne für Verhandlungen mit Saudi-Arabien, Chinas größtem Öllieferanten. Unterdessen bewegt sich auch Aramco auf China zu.
Was können die Saudis mit chinesischem Geld anfangen?
Einige meinen, mit CNY könnten die Saudis gar nicht so viel kaufen. Immerhin ist der USD doch viel attraktiver, oder nicht? Hmmm. Führt man sich wieder vor Augen, dass US-Staatsanleihen einen Null- bis Negativzins zu bieten haben, dann ist wohl das, "was aus Amerika kommt", auch nicht mehr das, was es früher einmal war….
Die Saudis durften gerade miterleben, wie die USA im Finanzkrieg sogar bereit sind, US-Staatsanleihen einzuziehen. In Saudi-Arabien (aber auch in vielen anderen Ländern wie Indien und China) stellt man sich mit Sicherheit gerade die Frage, ob man in Zukunft nicht selbst Ziel solcher Maßnahmen werden könnte.
Es ist also kaum Zufall, dass jetzt auch die Saudis eher im Osten nach zukünftigen Geschäften suchen. Und Russland könnte die neue chinesische Währung für den Kauf aller möglichen Dinge einsetzen - von Atomkraftwerken bis Shanghaier Goldbarren - ich sag’s ja nur…
Öl ist entscheidend
Unterdessen, und trotz aller medialen Versuche, Putin als Hitler 2.0 zu stilisieren, weiß der russische Führer etwas, das in den Schlagzeilen jedoch nicht auftaucht: Die Welt braucht nach wie vor sein Öl. Ohne russisches Öl implodiert das globale Energie- und Wirtschaftssystem. Denn dieses System ist zu verschuldet, um plötzlich ganz eigene Wege beschreiten und/ oder zurückschlagen zu können.
Sehen Sie, wie Staatsschulden die Handlungsoptionen lähmen und die Weltbühne verändern?
Russland, das nicht im selben Ausmaß wie die USA oder die EU von den eigenen Schuldenstandquoten gefesselt ist, kann sich jetzt hinstellen und fordern, dass Öllieferungen in RUB und nicht in USD beglichen werden.
Während ich diesen Artikel verfasse, diskutieren arabische Staaten auf privater Ebene mit China, Russland und Frankreich darüber, ob Ölverkäufe nicht mehr in USD abgerechnet werden. Derartige Entscheidungen würden die Nachfrage und Stärke des USD schwächen und mehr inflationären Brennstoffe ins Feuer der Inflation kippen - von Malibu bis Manhattan. Ich frage mich, ob Biden, Harris oder irgendjemand aus deren "Expertenzirkeln" diesen Teil durchdacht hat.
Da ihre Stärken in den Äußerlichkeiten liegen und ihre Schwächen in den Bereichen Mathe, Geographie und Geschichte, ist es wohl eindeutig, dass sie es nicht durchdacht haben und auch nicht konnten…