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Kursbuch für Überschuldete Nationen: Lügen, Drucken, Inflationieren & Schuldige Suchen

17.06.2022  |  Matt Piepenburg
Im folgenden Artikel betrachten wir die klassischen (und ach so vorhersagbaren) Taktiken, auf die schuldenübersättigte Nationen zurückgreifen, wenn der Showdown ansteht bzw. die Zerreißprobe - zwischen fallenden Märkten und reißender Inflation. Letztendlich sehe ich ein stagflationäres Endgame kommen, das beides beinhaltet. Vorläufig sollte man sich aber auf stärkere Inflation gefasst machen. Denn sie ist die ewige Option, auf die schuldenübersättigte Nation unablässig zurückgeworfen sind.


Der grausamste Monat

T.S. Elliot hatte den Monat April einmal als den grausamsten aller Monate bezeichnet, doch die Ereignisse im Monat Mai schienen weitaus grausamer.

Wie wir schon ganz zu Anfang dieses ansonsten vermeidbaren Ukrainekriegs gewarnt hatten, waren die Bumerangeffekte der westlichen Sanktionen gegen Putin (Dedollarisierung, inflationäre Impulse, zunehmend diskreditiere Zentralbanken) nicht nur sehr vorhersehbar, sie brachten den Westen auch in eine fast komische (dennoch tragische) Konstellation, bei der zum Beispiel Nationen wie Deutschland plötzlich Waffen in die Ukraine schicken aber gleichzeitig Rubel an Putin überweisen.

Wie konnte diese Welt so scheinheilig, unredlich, festgefahren und albern werden?


Kalte ökonomische Wirklichkeit vs. (Leerer) Moralischer Dünkel

In einem Moment realpolitischer Offenherzigkeit bemerkte George Washington in den 1770ern: "Nationen haben keine dauerhaften Freunde und auch keine dauerhaften Feinde, nur dauerhafte Interessen." Heute, im Jahr 2022, sorgt die egoistische Realität westlicher Energieabhängigkeit von Russland inzwischen dafür, dass die moralisierenden Schlagzeilen des Westens etwas weniger Edelmut versprühen …

Der Druck der kalten Wirklichkeit erklärt wohl auch, warum Italiens Premierminister Draghi schon am 11. Mai realistischerweise bekannte, EU-Unternehmen könnten russisches Gas doch in Rubel abrechnen. Es erklärt auch, warum sich der deutsche Kanzel Olaf Scholz noch in derselben Woche realistischerweise gegen eine sofortige Aussetzung der Ölimporte aus Russland aussprach.

Am 12. Mai war den Schlagzeilen unterdessen schon zu entnehmen, dass die Einnahmen Russlands aus Ölverkäufen im Jahresvergleich um 50% gestiegen seien, dem "Boykott" des Westens zum Trotz. Das ebenso (wie Deutschland) realistische Japan beansprucht eine Übergangsperiode, um die Abhängigkeit von russischer Energie zu reduzieren, da es (wie auch Deutschland) erkennt, dass ein sofortiger G7-Boykott russischen Gases und Öls im Grunde ein energiepolitischer Selbstmordpakt wäre.


Nur noch schlechte Optionen für den Westen

Abhängig davon, ob die Lage in der Ukraine eskaliert oder deeskaliert wird, müssen sich die energiehungrigen Staaten des Westens auf veränderliche Szenarien und Lösungen einstellen, von denen keine richtig gut ist. In Deutschland sind sogar Verstaatlichungen von Energieunternehmen im Gespräch, welche dem EUR schaden und den USD beflügeln würden. Doch wie wir schon an anderer Stelle gewarnt hatten, fallen zusammenbrechende Wirtschaftssysteme zwangsläufig auf verstärkte zentralisierte Kontrollen/ Machtausübung zurück. Auch das ist kein Schocker.

Zu den öffentlich diskutierten Optionen gehört natürlich auch das "Tapering-Thema" mit seinen Zinserhöhungen, die eine Rezession hervorrufen, folglich die Nachfrage lähmen und auf diesem Weg die Inflation bekämpfen (welche von Zentralbanken aber selbst geschaffen wurde und jetzt COVID und Russland in die Schuhe geschoben wird; Stichwort "Schuldzuweisungen").

In schuldenübersättigten Ländern wie Japan und den USA hätte diese furchtbare QT-Option (quantitative Straffungen) allerdings fatale Folgen für die Schuldenstände. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden sich die Zentralbanken jedoch gezwungen sehen, wieder zu ihren ebenso furchtbaren (und inflationären) Geldschöpfungsprogrammen zurückzukehren (Stichwort "Kehrtwende").

Warum? Deswegen: Wenn die Kurse ungestützter Anleihen abstürzen, steigen deren Renditen (und somit die Zinssätze) und die Schuldenverbindlichkeiten von Uncle Sam und Wall Street werden unbezahlbar. Dann heißt es "Party over!" für die nach 2008 aufgeblasene "Everything Bubble". Punkt.

Ansonsten gäbe es noch die länderübergreifende Option einer kompletten Sperre russischer Energieimporte. Doch auch das würde direkt Rezessionen und Anleihekursstürze in Gang bringen und ganz einfach dazu führen, dass die Zentralbanken mehr ungedecktes Fiat-Geld produzieren müssten. Eine weitere Option wäre natürlich auch eine Friedenslösung in der Ukraine - auf die ich zurückkommen werde, wenn/ falls sie zustande kommt; die Möglichkeit bestünde zumindest.


Die einzig "realisierbare" Option? Mehr Falschgeld!

Auf Grundlage der aktuellen Bedingungen ist es realistischer, dass sich die westlichen Zentralbanken gegen Ende 2022 zur Umkehr gezwungen sehen und wieder verstärkt Geld schöpfen (und nicht weniger), um die Anleiherenditen (sowie Zinssätze) unter Kontrolle zu kriegen. Und das heißt ganz einfach: mehr und nicht weniger Inflation, auch bei den Ölpreisen, was ironischerweise günstig für Putin ist.

Sollte sich diese QE-Option bewahrheiten, dann wäre das günstig für Risikoanlagen als auch für Edelmetalle und womöglich selbst BTC.


Überbewertete Märkte auf der Suche nach Mittelwerten

Der ehemalige Hedgefondsmanager in mir kommt unterdessen nicht umhin, auch die einbrechenden Sharpe-Ratios und eingeschnitten Aktienunterstützungslinien wahrzunehmen. So geschah im Mai bspw. im S&P und bei BTC genau das, wovor wir gewarnt hatten - eine Rückkehr zu deren (miesesten) Mittelwerten und der Fall durch die 100-Wochen-Durchschnitte. Kurzum: Grusliges Zeugs.


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