Fatale Makro-Warnsignale: Wir werden ein größeres Boot brauchen
22.06.2022 | Matt Piepenburg
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Ich frage mich auch, ob jemand Yellen daran erinnern wird, dass sie während der ersten Hälfte ihrer Amtszeit als Fed-Chefin den Zins am Ertragsboden festgetackert hielt und anschließend weitere zwei Jahre brauchte, um auf 1,15% zu erhöhen. Denn das war zusätzlicher Niedrigzinstreibstoff für das heutige Inflationsfeuer, welches immer Folge billiger Schulden ist, die mit Mausklickgeld finanziert werden.Zudem frage ich mich, ob man Yellen daran erinnern wird, dass sie als Präsidentin der San Francisco Fed mit ihrer Niedrigzinspolitik direkt zur größten Immobilienblase (ich selbst war da) in der Geschichte des Bundesstaats (und unserer Nation) beitrug. Und das trotz ihrer ständigen Versprechen, das Risiko einer Immobilienblase oder anderer Schäden an der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung sei nicht gegeben.
Hat Janet denn das Jahr 2008 vergessen?
Harten Fakten vertrauen!
Doch wenn die Politik lieber vortäuscht und sich dann drückt, so dürfen wir zumindest schonungslos und direkt sein: In den letzten mehr als 200 Jahren kamen 98% aller Länder mit einer Schuldenstandsquote von >130 ihren Zahlungsverpflichtungen nicht korrekt nach - aufgrund von Inflation, Währungsentwertung, Schuldenrestrukturierung oder tatsächlichem Zahlungsausfall (Reinhart & Rogoff).
Da die globalen Systeme einseitig auf USD-Strukturen ausgerichtet sind, bedeutet das leider auch: Haben die USA Probleme, hat die ganze Welt Staatsschuldenprobleme. Ich hatte es häufig geschrieben und auch gesagt: Ich bin überzeugt, dass überschuldete Staaten Inflation öffentlich anprangern werden, aber insgeheim mehr davon anstreben - als Otto-Normal-Verbraucher-schädliche "Strategie", mit der sich aber die eigenen Staatsschuld weginflationieren lässt.
Big Brother schröpft Otto-Normal-Verbraucher? Nichts schockierend Neues…
Ein solcher "konstruktiver" Schuldenausfall - mittels ruinöser Inflation - ist eine Möglichkeit, Schulden nicht zu begleichen, ohne dabei öffentlich (politisch) die Zahlungsunfähigkeit eingestehen zu müssen; und Politiker wie Yellen et al. gestehen weiß Gott niemals irgendwelche Fehler ein.
Auf die Fed achten
Die angebots- und nachfragegesteuerte Preisfindung starb schon vor Jahren (zusammen mit elementaren Kapitalismusprinzipien) im Umfeld zentralbankengesteuerter Märkte. Somit bleibt uns nur noch ein Signal zur Bestimmung zukünftiger Marktentwicklungen (ökonomischer Rücken- oder Gegenwind) - die Politik von Zentralbanken im Allgemeinen und die Politik der Federal Reserve unter Powell im Besonderen.
Denn seien wir mal ehrlich: Wir haben es mit einem institutionell manipulierten Federal-Reserve-Markt zu tun, und nicht mit einem Aktien-Markt.
Also: Was wird Powell tun? Wird er 1.) QE ausdünnen am Markttop (und eine historische Marktimplosion mit globalem Meltdown hervorrufen) oder wird er 2.) Kehrtwende machen und wieder mehr Fiat-Geld schöpfen - schneller als ein geölter Blitz? Natürlich kann das niemand mit Sicherheit sagen.
Volatilität im Anmarsch
Die US-Notenbank steckt in einer solch wahnwitzigen Zwangslage, dass keine dieser Optionen eine gesunde Entscheidung wäre. Folglich kann man als Basisfall davon ausgehen, dass die Märkte volatiler reagieren, denn auch die Anleger stehen auf Messers Schneide - einerseits Markteinbrüche, andererseits eine sterbende (aufgeblähte, ab- und entwertende) Währung.
Unterdessen können sich Powell, Biden und Yellen treffen, um an einer "Strategie zu planen", was in etwa so ist, als würden Mickey Mouse, Tweedle-Dee und Tweedle-Dumb zusammenkommen, um eine Zeitbombe zu entschärfen.
Alle drei wissen, dass die Wirtschaftszahlen immer schlechter werden und nicht besser (was praktischerweise auf Putin und COVID geschoben wird und nicht auf krebsartige Schuldenstrukturen, die vor beiden Krisen existierten oder auf die unglaublich toxischen Reaktionen der Politik, die alle mittrugen).
Da in der Politik Wiederwahlen und Eigennutz schwerer wiegen als das Wohl der Allgemeinheit und persönliche Verantwortung, ist es schwer vorstellbar, dass irgendeine politische Partei im Vorfeld der US-Zwischenwahlen die Möglichkeit einer Rezession einräumen wird.
Schon jetzt telegraphiert die US-Regierung schwächer Wirtschaftsdaten für die kommende Monate und bereitet die Massen auf weitere Schwierigkeiten vor, während der staatliche Finger auf Putin oder den von der Fledermaus (oder aus Menschenhand?) stammenden Virus zeigt, ohne auch nur einen Iota persönliche Verantwortung zu tragen. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, dass die drei Deppen von oben es zulassen werden, dass die Märkte abstürzen, weil sie an Powells Straffungsplänen festhalten und auf diesem Weg eine geldangebotsgesteuerte Inflation mit einer kurssturzgetriebenen Deflation "bekämpfen".
Selbst wenn diese verzweifelte Option gewählt wird, so lautet meine Vermutung, und es ist nur eine Vermutung, die sich auf die Natur des Menschen (und der Politik) stützt und auf historische Muster aus Jahrhunderten, dass die Federal Reserve spätestens dann Kehrtwende macht und eilig Geld ausstößt, wenn die Märkte in die QT-Abwärtsspirale gezogen werden.
Kurzum: Ich sehen jede Menge inflationäre, deflationäre und schließlich wieder inflationäre Kräfte auf uns zukommen. Und all das schreit förmlich nach anstehender Volatilität.
In einem Satz: Umgeben von deutlichen Makro-Warnsignalen bin ich der Meinung, dass wir alle ein größeres Boot brauchen werden. Und meins wird ein goldenes Ruder haben.
© Matt Piepenburg
Kommerzdirektor bei MAM
Dieser Artikel wurde am 07. Juni 2022 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.