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US-Dollar, Euro, Renmimbi, Gold & Krypto: Die Suche nach dem Weltgeld

13.11.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
I.

Mit meinem Referat möchte ich unseren Blick über die aktuellen Ereignisse hinaus auf künftige Entwicklungsperspektiven unseres Geldes zu heben. Und ich hoffe, dass meine nachfolgenden Gedanken für Sie an- und hoffentlich auch etwas aufregend sein werden.

Erlauben Sie mir, mein Referat mit einer Frage zu beginnen: Was ist die optimale Anzahl der Währungen auf der Welt? Meine Antwort lautet: Die optimale Anzahl der Währungen ist eins.

Wenn alle Menschen mit demselben Geld ihre Geschäfte abwickeln, dann ist die produktive Wirkung des Geldes optimiert. Dann nämlich lässt sich die Wirtschaftsrechnung am effizientesten durchführen, lässt sich bestmöglich ermitteln, welche Produkte erzeugt werden sollen und welche nicht.

Wenn alle Menschen auf der Welt mit dem gleichen Geld rechnen und handeln, werden die verschiedenen Regionen der Welt in die engste Arbeitsteilung gebracht. Das würde nicht nur Wohlstandspotentiale für die große Zahl der Menschen heben, es wäre vor allem auch ein Friedensprogramm: Menschen, die miteinander in Arbeitsteilung stehen, sehen sich gegenseitig als nützlich in der Bewältigung der Lebensherausforderungen an; die Menschen werden friedlich(er), entwickeln ein Interesse, am Wohlergeben ihrer Miterdenbürger.

Doch die Welt ist weit entfernt davon, ein einheitliches Weltgeld zu haben. Derzeit gibt es etwa 180 offizielle Währungen, die in 195 Ländern verwendet werden. Das war nicht immer so. Denken wir zurück an das 19. Jahrhundert. In seinem letzten Viertel gab es so etwas wie ein einheitliches Weltgeld - und zwar das Gold.

Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten den US-Dollar im Münzgesetz von 1792 in Form von Feingold- und Feinsilbergehalt definiert, im Zuge der Reform des Münzgesetzes im Jahr 1873 nur noch in Feingoldgewicht. Großbritannien, die damalige wirtschaftliche und militärische Großmacht, etablierte nach dem Ende der napoleonischen Kriege ab 1821 offiziell einen Goldstandard. Die meisten Länder der Welt folgten diesen Beispielen, ersetzten Silber- durch Goldgeld. Die Ausnahme blieb China, das am Silbergeld festhielt, und zwar bis in die 1930er Jahre.

(Ich darf an dieser Stelle anfügen, dass es einen echten, einen reinen Goldstandard in der jüngeren Währungsgeschichte nicht gegeben hat. Es waren stets "Pseudo-Goldstandards". Zum Beispiel erlaubten die Staaten den Banken, mit einer Teilreserve zu operieren - also mehr Banknoten auszugeben, als sie Gold zu deren Deckung vorhielten. Daraus resultierten immer wieder schwere Krisen, Bankenpleiten, gesellschaftliche Umbrüche. Auch griffen die Zentralbanken in die Zinsmärkte ein und sorgten so für Verwerfungen.)

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 zerstörten viele Regierungen den Pseudo-Goldstandard, um ungehemmt Krieg führen zu können. Die Vereinigten Staaten von Amerika jedoch blieben ihrem Gold-Dollar treu. Nach 1918 fehlte in vielen Ländern der Wille, zum Goldgeld zurückzukehren. In Europa gab es eine Hilfslösung, den Gold-Devisen-Standard, ein jedoch fragwürdiges Pyramidenspiel, auf dem die Währungen aufbauten. Es kollabierte Anfang der 1930er Jahre.

In Europa folgten Jahre der monetären Zerrüttung, dann von 1939 bis 1945 ein verheerender Zweiter Weltkrieg. Im Jahr 1944 einigten sich die Vertreter von 44 Ländern auf das System von Bretton Woods. Der US-Dollar wurde zur Weltreservewährung erkoren, er ersetzte in dieser Funktion das Britische Pfund. Fortan galt: 35 US-Dollar entsprachen einer Feinunze Gold.

Die Wechselkurse der übrigen Währungen waren mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Zudem galt Währungskonvertibilität. Man konnte beispielsweise Britische Pfund oder Französische Franc in US-Dollar wechseln, und die US-Dollar konnte man dann bei der New-York-Zentralbank in physisches Gold eintauschen. Allerdings galt das nur für Zahlungen zwischen Zentralbanken, Privatpersonen wurde die Goldeinlösung verwehrt. Das System von Bretton Woods funktionierte zunächst.

Die Inflation blieb im Zaum, der internationale Handel belebte sich. Allerdings litt das System von Bretton Woods an Konstruktionsfehlern. (Beispielsweise war der US-Dollar anfänglich überbewertet gegenüber den anderen Währungen. Die USA wiesen einen Handelsbilanzüberschuss aus, es gab eine "Dollar-Knappheit".) Doch letztlich brachten die USA das System von Bretton Woods zu Fall. Sie verzettelten sich in kriegerischer Außenpolitik (Koreakrieg in den 1950er Jahren, Vietnamkrieg von 1955 bis 1975).

Finanziert wurde das vorzugsweise durch die Ausgabe von neuen US-Dollar, die nicht durch Gold gedeckt waren. Die Inflation stieg dadurch an, und das Vertrauen in den Greenback schwand. Immer mehr Nationen gingen dazu über, ihre US-Dollar in physisches Gold einzutauschen und es in Sicherheit zu bringen. Der fortgesetzte Goldabzug drohte, die USA zahlungsunfähig werden zu lassen. Am 15. August 1971 zog US-Präsident Richard Nixon die Notbremse und beendete die Goldeinlösbarkeit des US-Dollar. Damit verloren auch alle anderen Währungen ihre Goldverankerung. Es war der Startschuss für ein weltweites ungedecktes Geldsystem, ein Fiatgeldsystem.

Die Staaten beziehungsweise ihre Zentralbanken, die das Geldmonopol innehaben, können seither die Geldmenge quasi beliebig und jederzeit in jeder gewünschten Menge ausweiten. Die Geldschaffung erfolgt sprichwörtlich aus dem Nichts.

Ich will kurz auf die negativen Seiten des Fiatgeldes hinweisen.

(i) Fiat-Geld ist inflationär. Es verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf, weil seine Menge von den staatlichen Zentralbanken unablässig und nach politischen Erwägungen vermehrt wird. Inflationäres Geld ist schlechtes Geld, weil es die Wirtschaftsrechnung erschwert und viele Menschen um die Früchte ihrer Arbeit und Sparsamkeit bringt.

(ii) Fiat-Geld begünstigt einige auf Kosten vieler. Es sorgt für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, indem es die Erstempfänger des neuen Geldes begünstigt auf Kosten derjenigen, die die neue Geldmenge erst später erhalten oder gar nichts von ihr abbekommen (das ist der "Cantillon Effekt").

(iii) Fiat-Geld sorgt für Wirtschaftsstörungen, für Boomund-Bust. Die Vermehrung der Geldmenge durch Bankkreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich ab. Die Ersparnis sinkt, und Investitionen und Konsum nehmen zu. Die Volkswirtschaft beginnt über ihre Verhältnisse zu leben. Früher oder später zerplatzt jedoch der monetär angezettelte Scheinaufschwung, und aus dem Boom wird ein Bust.


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