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US-Dollar, Euro, Renmimbi, Gold & Krypto: Die Suche nach dem Weltgeld

13.11.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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(iv) Fiat-Geld treibt die Volkswirtschaften in die Überschuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen verleiten Private, Unternehmen und Staaten zum Leben auf Pump. Die Schuldenlasten wachsen dabei im Zeitablauf stärker an, als die Einkommen zunehmen.

(v) Fiat-Geld lässt den Staat auswuchern - zu Lasten der Freiheit der Bürger und Unternehmer. Das Fiat-Geld erlaubt es dem Staat, seine Finanzkraft gewaltig auszuweiten, und damit kann er sich im wahrsten Sinne des Wortes eine wachsende Gefolgschaft erkaufen.

(vi) Das Fiat-Geld deformiert die Moral- und Wertevorstellungen der Menschen. (Beispielsweise erhöht das Fiatgeld die Gegenwartsorientierung der Menschen zu Lasten ihrer Zukunftsorientierung: Die Menschen werden weniger sparsam und konsumfreudiger.)

Auch nach dem Ende des Systems von Bretton Woods Anfang der 1970er Jahre ist der US-Dollar de facto das Weltreservegeld geblieben. Er ist nach wie vor die bedeutendste Währung weltweit zur Abwicklung von Handelsund Finanztransaktionen. Das weltweite Fiatgeldsystem ist so gesehen ein US-Dollar-Fiatgeldsystem.

Für die USA hat das viele Vorteile. Als Reservewährungsland kann es über seine Verhältnisse leben, chronisch mehr importieren als exportieren, denn das resultierende Handelsdefizit wird vom Ausland mit seinen Ersparnissen bereitwillig finanziert. Mit dem US-Dollar haben die Amerikaner zudem eine außenpolitisch scharfe Waffe. Sie setzen sie im Zuge der "finanziellen Kriegsführung" ("Financial Warfare") ein. Unliebsamen Länder wird beispielsweise der Zugang zu den US-Dollar-Zahlungswegen oder Dollar-Kapitalmärkten entzogen.

Oder US-Dollar-Guthaben von Ausländern werden eingefroren - wie Russland jetzt erfahren musste: Die US-Administration versperrt den Russen den Zugang zu ihren Auslandsreserven, nicht nur in US-Dollar, auch in Euro und britischen Pfund. Mittlerweile formiert sich jedoch Widerstand gegen die "Dollar-Dominanz". Die sogenannten BRICS-Staaten (das sind Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika und im Hintergrund vermutlich einige weitere Länder) wollen sich nicht mehr unbedingt der weltpolitischen Vormachtstellung der USA beugen.

Diese Länder - deren Wirtschaftsleistung 2021 mit 23,5 Billionen US-Dollar sogar leicht über der US-Wirtschaftsleistung lag, und deren Bevölkerung mit 3,2 Milliarden etwa 41,5% der Weltbevölkerung ausmacht - sehen ihre Abhängigkeit vom US-Dollar-Regime zusehends problematisch. Es ist gut denkbar, dass bei anhaltenden, sich verschärfenden geopolitischen Rivalitäten Länder wie zum Beispiel China, Russland und Indien ihren Außenhandel nicht mehr in US-Dollar, sondern in ihren eigenen Währungen abrechnen. Ersparnisse und Währungsreserven werden nicht mehr in US-Dollar angelegt, sondern im eigenen Land.

Das wäre natürlich mit Effizienzeinbußen verbunden, die negativ sind für Wachstum und Beschäftigung. Denn die mit Geld ausgeführte Wirtschaftsrechnung funktioniert schlichtweg nicht so gut: beispielsweise steigen die Transaktionskosten, und Wechselkursschwankungen erschweren erhöhen die Investitionsrisiken. Und eine solche Desintegration des Welthandels und der Weltfinanzmarkttransaktionen würde das Weltgeldproblem auch nicht lösen.

Denkbar ist auch, dass die Anti-USA-Allianz versucht, eine eigene Währung zu schaffen. In jüngerer Vergangenheit wird immer mal wieder darüber spekuliert. So könnten die BRIC-Staaten einen Währungskorb aus ihren eigenen Währungen formen, der dann als Zahlungsmittel dient. Oder sie könnten eine Goldwährung auflegen. Alles möglich, aber, wie gesagt, bislang gibt es noch nichts Konkretes.

Längerfristig gesehen scheint mir eine andere Entwicklungslinie nicht ganz abwegig zu sein, nämlich dass die großen Staaten der Welt tatsächlich den Schulterschluss üben und eine Welt-Einheitswährung aus der Taufe heben. Ökonomen haben in den vergangenen Jahrzehnten eine ganze Reihe von Vorschlägen dazu gemacht. Beispielsweise schlug der kanadische Ökonom Robert Mundell (1932-2021) vor, einen "INTOR" ("INT" steht für international und "Or" französisch für Gold) zu schaffen.

Dazu sollten die Wechselkurse der großen Währungen USD, Euro, japanischer Yen, chinesischer Renminbi zueinander fixiert werden. Der so erhaltene Währungskorb wird INTOR genannt, gemanaged von einem Rat der teilnehmenden Zentralbanken. Andere Währungsräume könnten nach und nach dem INTOR beitreten. Eine solche politisierte Welteinheitsweltwährung - die sehr wahrscheinlich auf ein Fiatgeld hinauslaufen würde - wäre mit allen Defekten behaftet, die das Fiatgeld nun einmal aufweist. Zudem wäre auch die Gefahr von Fehlern und Missbrauch eines solchen Weltgeldmonopols sehr groß.

Doch würden die Nationen dabei überhaupt mitmachen? Auf den ersten Blick sieht es derzeit sicherlich nicht danach aus. Doch halt, ein erster Schritt in die Richtung der Währungsvereinheitlichung wurde bereits unternommen. Anfang 1999 tauschten 11 Länder ihre Währung in die Einheitswährung Euro. Damit gaben sie ihre Währungshoheit auf, übertrugen sie an eine supranationale Institution, die Europäische Zentralbank. Ein Einheitsgeld hat - wie bereits gesagt - viele ökonomische Vorteile.

Dass Staaten bereit sind, ihre Währung gegen eine supranationale Währung einzutauschen, hat jedoch noch einen anderen Grund: Staaten (wie wir sie heute kennen) haben einen Anreiz, ein Kartell zu bilden und den Währungswettbewerb zwischen ihnen zu beseitigen. Staaten wollen nämlich keinen Währungswettbewerb. Denn die Möglichkeit der Menschen, von einer zur anderen Währung wechseln zu können, begrenzt die Möglichkeit der Staaten, eine für ihre Zwecke inflationäre Politik betreiben zu können.

Im Euroraum ist es den Staaten gelungen, den Währungswettbewerb zu beenden. Ist das, was "im Kleinen" gelungen ist, auch im "Großen" möglich? Durchaus: Je stärker der politisch-ideologische Gleichklang zwischen Staaten ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Währungsvereinheitlichung kommt. Der heute in der westlichen Welt im Grunde überall vorzufindende demokratische Sozialismus ist das ideale Fundament, auf dem die Idee der Währungsvereinheitlichung in die Praxis umgesetzt werden kann. (Für eine genauere Erklärung verweise ich hier auf mein Buch "Mit Geld zur Weltherrschaft".)

Wie dem auch sei, eines ist sicher: Die Staaten werden das Weltgeldproblem sehr wahrscheinlich nicht zufriedenstellend lösen.

Die Alternative dazu ist, die Lösung des Weltgeldproblems an die freien Märkte zu delegieren, also einen freien Markt für Geld zu ermöglichen. Der freie Markt für Geld bedeutet, dass jeder (du und ich) die Freiheit haben, das Geld nachzufragen, das unseren Zwecken am besten dient; und dass jeder die Freiheit hat, seinen Mitmenschen ein Gut anzubieten, das sie als Geld zu verwenden wünschen.


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