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US-Dollar, Euro, Renmimbi, Gold & Krypto: Die Suche nach dem Weltgeld

13.11.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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In einem freien Markt für Geld sind es die Geldnachfrager, die entscheiden, was als Geld verwendet wird. Und sie werden sich für das Medium entscheiden, das die höchste Liquidität, die höchste Marktfähigkeit aufweist. (Ich kann nur vermuten, aber wenn man hier und heute einen freien Markt für Geld ermöglicht, so könnte ich mir vorstellen, dass sich die Menschen relativ rasch für Gold als Grundgeld entscheiden würden.)

Wenngleich es vielleicht erklärungsbedürftig klingt, so ist doch ein freier Markt für Geld etwas ganz Natürliches. Ökonom Carl Menger erklärte, dass das Geld spontan im freien Markt entstanden ist, dass es nicht vom Staat kommt (es ist vielmehr ein Mythos zu meinen, es sei der Staat, der das Geld hat entstehen lassen - ein Mythos von der Art, dass Prometheus den Menschen das Feuer gebracht habe).

Nicht nur die Währungsgeschichte stützt Mengers Theorie. Auch das Aufkommen der Kryptoeinheiten unterstreicht sie.

Der Bitcoin ist der bemerkenswerteste Kandidat, der sich um die Geldfunktion bewirbt. Konzeptionell verkörpert er den Gegenentwurf zum staatlich-zentralistischen Geldangebotsmonopol. Ob der Bitcoin aber tatsächlich die Anforderungen erfüllt, die an ein gutes und praktikables Geld in einer modernen Volkswirtschaft zu stellen sind, so dass die große Zahl der Menschen ihn als Geld auswählt, lässt sich letztlich nur in einem freien Markt für Geld herausfinden. Ein freier Markt für Geld wird bis dato jedoch von den Staaten de facto verhindert (vor allem durch steuerliche und regulatorische Maßnahmen), denn sie wollen keine Konkurrenz zu ihrem Fiatgeld.

Was ist mit Edelmetallen, allen voran Gold und Silber? Sie waren, so zeigt der Blick in die Währungsgeschichte, immer die bevorzugten Medien, die die Menschen, wenn es ihnen freistand, als Geld auswählten. Einige Ökonomen sehen in der Rückkehr zum Edelmetallgeld, in der Errichtung eines Goldstandards, eine Lösung des Geldproblems. Beispielsweise schlagen sie vor, dass die Zentralbanken ihre Währungen wieder mit dem Gold decken sollen, das noch in ihren Kellern lagert.

Auf diese Weise soll der chronischen Inflation der Garaus gemacht werden, denn die Gold- und damit Geldmenge kann dann nicht mehr willkürlich ausgeweitet werden. Zudem hilft die Golddeckung einen möglichen Totalverlust der ungedeckten Währungen abzuwenden. Allerdings ginge man damit quasi den Weg zurück zum Pseudo-Goldstandards - der aber nicht funktioniert hat, weil die Politik, die staatlichen Zentralbanken sich nicht an die vereinbarte Golddeckung hielten. Es ist daher durchaus berechtigt, die Frage zu stellen: Warum sollte man es überhaupt noch einmal mit einem staatlichen Goldstandard versuchen?

Erfreulicherweise lässt sich das Edelmetallgeld aber auch ganz ohne staatliche Zentralstelle nutzbar machen. Das will ich mit dem Verweis auf eine historische Episode - deren Erfahrung sich auch auf das digitale Zeitalter übertragen lässt - kurz darlegen: und zwar die Zeit der Mark Banco.

Zu Beginn des dreißigjährigen Krieges (ab 1618) wurden die damals gebräuchlichen Silbermünzen "gewippt" (falsch ausgewogen) und "gekippt" (mit minderwertigem Metall angereichert), es gab auch viele Fälschungen. Das machte den Umgang mit dem Münzgeld schwierig. Kaufleute der Hansestadt Hamburg gründeten 1619 die "Hamburger Bank". Hier zahlte man sein Silbergeld ein und bekam sein Guthaben in der Recheneinheit "Mark Banco" gutgeschrieben. Für einen vollwertigen Silber-Reichstaler erhielt man drei Mark Banco. Ab 1622 entsprach 1 Mark Banco einem Silbergewicht von 8,66 Gramm.

Im Jahr 1770 gab es eine Reform: Die Mark Banco wurde nicht mehr im nominalen Münzwert definiert, sondern in Gewicht ungemünzten Silbers. Denn zu dieser Zeit herrschte wieder einmal Münzverschlechterung (und man konnte sich auf nominale Werte nicht mehr verlassen). Die Mark Banco war eine sehr erfolgreiche Währung, die fast 260 Jahre ihren Dienst tat. 1875 schloss die Hamburger Bank und die Zeit der Mark Banco war vorbei - aber nur weil mit der deutschen Reichsgründung das Silber durch die Münzgesetze von 1871 und 1873 demonetisiert und ein Goldstandard eingeführt wurde. Es wäre ein leichtes, die Idee der Mark Banco wieder aufleben zu lassen.

Viele US-Bundesstaaten (darunter Texas, Arizona, Utah, Wyoming und viele andere) haben übrigens genau dafür bereits die Grundlage geschaffen: Sie haben in den letzten Jahren die Mehrwert- und Kapitalertragsteuer auf Edelmetalle abgeschafft, um Gold und Silber konkurrenzfähig gegenüber dem US-Dollar zu machen; und vor allem auch um den Bürgern Schutz vor einem inflationären Greenback zu bieten. Sollten sich die Amerikaner für Gold- und Silbergeld entscheiden, würden sich vermutlich rasch Edelmetalllagerhäuser auf dem Markt zeigen, die Lager-, Sicherheits- und Zahlungsdienste anbieten - so wie es die Hamburger Bank einst getan hat.

In diesem Falle würde das Geld frei im Markt gewählt, ein staatliches Dazutun wäre nicht erforderlich. Alles, was notwendig ist, ist eine funktionierende Rechtsordnung, die sicherstellt, dass die Verträge (für Verwahr- und Zahlungsgeschäfte) eingehalten werden - und dass regelwidriges Verhalten (Veruntreuung, Diebstahl) sanktioniert wird. In einem Goldgeldsystem ist die Inflation vergleichsweise gering, ebenso hören die problematischen, monetär getriebenen Boom-und-Bust-Zyklen auf. Die Kriegsfinanzierung wird sich sehr verteuern, und die Welt wird friedlicher.

Natürlich würden die Menschen nicht mit klimpernden Goldmünzen umherlaufen. Das Goldgeldsystem ließe sich digital darstellen, tokenisieren. Man könnte bequem Internet-Banking betreiben oder Zahlungen via Smartphone erledigen. Sie werden jetzt vermutlich sagen: Der Staat lässt das nicht zu, er wird sein Geldmonopol verteidigen mit allen Mitteln. Ja, da haben sie vermutlich Recht. Der Staat (wie wir ihn heute kennen) wird sein Geldmonopol nicht abgeben wollen, und Unterstützung erhält er sicherlich dabei von einflussreichen Sonderinteressengruppen, die den Staat für ihre Zwecke einzuspannen wünschen.

Ein freier Markt für Geld kann daher wohl nur gegen die Interessen des Staates (wie wir ihn heute kennen) durchgesetzt werden. Und das ist keinesfalls ausgeschlossen. Denn wenn sich erst einmal die Idee bei den Menschen durchsetzt, dass große Staaten für den Bürger und den Unternehmer viel schlechter sind als kleine Staaten, dann ändert sich das Bild. Kleine Staaten müssen freundlich und friedlich sein, damit Kapital und Talente im Inland bleiben und aus dem Ausland zuziehen. Und wird das erkannt, kommen in großen Staatsgebilden Absetzbewegungen in Gang -, weil Menschen nach Besserung ihrer Lebensbedingungen streben, weil sie ihr Selbstbestimmungsrecht einfordern.


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