Ausblick 2023: Wachstum lässt nach. Geldwertschwund geht weiter. Setzen Sie auf Gold und Silber.
20.01.2023 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Kapitel 5 Die Staatsschulden schwellen immer weiter an. Die Zentralbanken werden früher oder später wieder Staatsanleihen aufkaufen, um die Kapitalmarktzinsen niedrig zu halten. Das wird die Inflation befeuern.
Die Haushaltsdefizite der Staaten werden sehr wahrscheinlich in den kommenden Jahren sehr hoch bleiben (siehe Abb. 8). Die Regierungen versuchen, die Konjunkturen durch zusätzliche Ausgaben zu stützen, durch Konjunkturverlangsamung verursachte Steuerausfälle durch Kreditaufnahme zu kompensieren. Zudem werden Regierungen sicherlich die (nur allzu verlockenden) Möglichkeiten der Verschuldungsausweitung, die die Hochinflation eröffnet, für neue Ausgabenzwecke nutzen wollen.² Angesichts auch künftig sehr hoher Budgetdefizite stellt sich daher die Frage: Wie können da die Zinsen niedrig bleiben?
Antwort: Die Zentralbanken werden früher oder später wieder als Käufer von Staatsanleihen auftreten (müssen). Derzeit Schrumpfen die Zentralbanken ihre Bilanzen - allen voran die Fed und die EZB -, indem sie die ihnen zufließenden Zins- und Tilgungszahlungen nicht mehr (vollumfänglich) dazu verwenden, Anleihen im Kapitalmarkt zu kaufen.
Das führt dazu, dass die Zentralbankgeldmenge im Bankensektor schrumpft, und dass tendenziell auch die Zinsen ansteigen - vor allem dann, wenn die Staaten die Kreditmärkte weiterhin stark anzapfen. Ein (fortgesetzter) Zinsauftrieb ist aber politisch nicht gewollt, und auch der fortgesetzte Abzug von Zentralbankgeld aus dem Bankensektor wird früher oder später Liquiditätsengpässe hervorrufen.
Um eine Verknappung von Zentralbankgeld zu verhindern, gibt es nur eine Möglichkeit: Die Zentralbank muss aufhören, ihre Bilanz zu schrumpfen. Sprich: Sie muss die ihr zugehenden Zins- und Tilgungszahlungen weiter im Kapitalmarkt investieren, also Käufer von Staatsanleihen bleiben. Und will sie auch noch verhindern, dass die Kapitalmarktzinsen ansteigen, beziehungsweise will sie die Kapitalmarktzinsen absenken, muss sie zusätzliche Staats- und Hypothekenanleihen aufkaufen und mit neu geschaffenem Zentralbankgeld bezahlen. Das bedeutet, dass die Zentralbank letztlich auch die Geldmenge ausweitet, die sich in den Händen der Konsumenten und Firmen befindet.
Kauft die Zentralbank neue Staatsschulden, überweist sie dem Staat neu geschaffenes Geld auf sein Bankkonto. Und gibt der Staat das neue Geld aus - für Sozialtransfers, Subventionen, Kriegsgerät, Pensionen etc. -, kommt es auf den Konten der Marktakteure an, und steht ihnen für weitere Nachfragezwecke zur Verfügung.
Gerade wenn der Staat der Zentralbank vorgeben kann, welche Politik zu verfolgen ist (wenn also "Fiskalischen Dominanz" vorherrscht), dann ist mit einer besonders starken Ausweitung der Geldmenge zu rechnen. Die aktuell zu beobachtende Verlangsamung der Geldmengenwachstumsraten wird sich daher sehr wahrscheinlich als nur vorübergehend erweisen, der monetäre Inflationsdruck wird auch künftig sehr hoch bleiben.
Kapitel 6
Die fortschreitende Geldentwertung bleibt die ganz großer Herausforderung für Sparer und Investoren. Wir empfehlen, physische Gold- und Silberpositionen auf- und auszubauen. In Zeiten großer Unsicherheit macht zudem Diversifikation Sinn: Zusätzlich zu Gold und Silber sollten Anleger auch auf Aktien setzen.
Die Kaufkraftentwertung des Geldes ist und bleibt ein großes Übel für Sparer und Kapitalanleger. Die Kassenhaltung sollte man daher minimieren: Es sollte nur so viel Kasse gehalten werden, wie zur Bewältigung der Umsätze erforderlich ist, zuzüglich einer gewissen Vorsichtskasse. [Wenn also in Deutschland private Haushalte und Firmen kurzlaufende Bankguthaben in Höhe von derzeit etwa 4 Billionen Euro halten, dann muss das bedenklich stimmen. Denn die Kaufkraft dieser Guthaben wird stark abgewertet durch den negativen Kurzfristzins, für den die EZB seit vielen Jahren sorgt.]
Anlegern ist an dieser Stelle weiterhin nahezulegen, die Kosten für laufende Konten und Depots sowie für Transaktionskosten niedrig zu halten (ein Gespräch mit der Bank über bessere Konditionen kann sehr hilfreich sein).
Angesichts des fortschreitenden Kaufkraftverlustes des Geldes empfehlen wir, physisches Gold und auch physisches Silber als Teil der liquiden Mittel zu halten. Es empfiehlt sich beispielsweise Termin- und Spareinlagen oder Geldmarktfonds in physische Edelmetalle zu tauschen. Denn, wie voranstehend deutlich geworden sein sollte, Bankguthaben unterliegen einer negativen Realverzinsung, büßen im Zeitablauf ihre Kaufkraft ein. Für langfristig orientierte Anleger gibt es gute Gründe, auf physisches Gold und Silber zu setzen. Zum einen kann die Kaufkraft der Edelmetalle nicht durch die Geldpolitik herabgesetzt werden.
Zum anderen unterliegen Gold und Silber - anders als Bankguthaben und kurzlaufende Schuldpapiere (guter Schuldner) keinem Kredit- beziehungsweise Zahlungsausfallrisiko. Weiterhin genießt vor allem das Gold international uneingeschränkte Akzeptanz; man kann mit Fug und Recht sagen: Gold ist das Grundgeld der Menschheit. Und nicht zuletzt hängt die Wert- beziehungsweise Preisfindung von Gold nicht an den Öffnungszeiten der internationalen Börsen. Es ist zudem zu vermuten, dass sich für Edelmetalle wie Gold und Silber- sollte ein entsprechender Bedarf dafür entstehen - auch lokale und regionale Märkte eröffnen, dass Gold und Silber als Tausch-beziehungsweise Zahlungsmittel eingesetzt und akzeptiert werden.
Auf Edelmetalle setzen
Gold
Die Aussicht auf nicht mehr weiter steigende beziehungsweise wieder fallende Nominalzinsen bei anhaltend negativen Realzinsen sollten sich für den Goldpreis im laufenden Jahr als sehr positiv erweisen. (Denn: Fallende Zinsen senken die Opportunitätskosten der Goldhaltung, stützen die Goldnachfrage und den Goldpreis.) Ein solches Umfeld lässt eine Belebung der privaten Goldnachfrage zu Investment-Zwecken erwarten, vor allem auch durch Exchange Traded Funds (ETFs)/Exchange Traded Commodities (ETCs), über die insbesondere auch große institutionelle Investoren Positionen im Edelmetallmarkt eingehen.
Es ist weiterhin zu vermuten, dass (nicht-westliche) Zentralbanken bedeutende Goldnachfrager bleiben. (In den ersten drei Quartalen in 2022 haben die Zentralbanken insgesamt 673 Tonnen Gold erworben - die größte Menge seit den 1960er Jahren.) Eine Reihe von ihnen wird dabei versuchen, die eigenen Währungsreserven verstärkt zu diversifizieren, dabei insbesondere die Abhängigkeit vom US-Dollar abzusenken.
Die anhaltende Hochinflation in vielen Ländern lässt allerdings vermuten, dass die Goldnachfrage für Schmuckzwecke verhalten bleiben wird - denn wenn die verfügbaren Einkommen inflationsbedingt abnehmen, dann bleibt entsprechend weniger übrig für Spar- und Anlagezwecke. Wir schätzen, dass die weltweite Goldnachfrage bis Ende 2024 um durchschnittlich etwa 2 Prozent pro Jahr anwachsen wird, und dass in diesem Zuge die physische Goldnachfrage tendenziell zunehmen, die nach OTC-Lösungen tendenziell abnehmen wird (Abb. 9).